"Übernehme die Verantwortung" Gil Ofarim bittet um eine zweite Chance
12.11.2024, 13:49 Uhr Artikel anhören
Wird er als Musiker wieder Gehör finden? Gil Ofarim.
(Foto: Instagram / gilofarim)
Ein Jahr ist vergangen, seit Gil Ofarim seine Antisemitismus-Lüge vor Gericht eingestanden hat. Danach zog er sich weitgehend aus der Öffentlichkeit zurück. Nun meldet er sich wieder zu Wort - mit dem Versuch, "euch und mein Leben wieder zurückzugewinnen".
Drei Jahre ist es mittlerweile her, seit Gil Ofarim seine Geschichte, er sei in einem Leipziger Hotel antisemitisch beleidigt worden, erfunden hat. Der Wirbel, den die Lüge auslöste, sucht noch bis heute seinesgleichen. Anfangs, als den Schilderungen des Sängers von vielen noch geglaubt wurde, war die Empörung ebenso groß wie später, als das Lügengebäude in sich zusammenbrach.
Im vergangenen Jahr dann musste sich Ofarim in Leipzig vor Gericht verantworten. Am sechsten Verhandlungstag räumte er schließlich ein: "Die Vorwürfe treffen zu" - und gab damit zu, die Unwahrheit gesagt zu haben. Gegenüber dem Hotelmanager, den er fälschlicherweise beschuldigt hatte, ihn antisemitisch beleidigt zu haben, erklärte er: "Ich möchte mich bei Ihnen entschuldigen. Es tut mir leid."
Danach wurde es weitgehend still um den Musiker. Im April sorgte noch einmal für Schlagzeilen, dass Ofarim - möglicherweise aus der finanziellen Not heraus - ein paar seiner Gitarren öffentlich zum Kauf anbot. Mehrfach wurde außerdem darüber berichtet, dass er sich mit dem Bezahlen einer vom Gericht verhängten Geldauflage in Höhe von 10.000 Euro an die Israelitische Religionsgemeinde zu Leipzig und an den Trägerverein des Hauses der Wannseekonferenz reichlich Zeit ließ. Im August jedoch wurde bestätigt, dass Ofarim seine Schuld beglichen hat.
Jedenfalls seine finanzielle. Ob und wie er die moralische Schuld, die er auf sich geladen hat, begleichen kann, bleibt dagegen weiter offen. Nun ist Ofarim selbst in die Offensive gegangen und hat nach langer Funkstille einen rund drei Minuten langen Schwarz-Weiß-Clip auf seiner reaktivierten Instagram-Seite hochgeladen.
"Nicht so leicht"
"Guten Tag zusammen und Shalom. Ich habe mehrfach versucht, dieses Video jetzt aufzunehmen", erklärt Ofarim zu Beginn mit bedächtigem Tonfall. Dies sei jedoch "nicht so leicht". Deswegen habe er seine Gedanken aufgeschrieben und lese diese nun vom Blatt ab. "Ich hoffe, ihr verzeiht mir."
Bei den folgenden Ausführungen macht Ofarim einen nachdenklichen und bewegten Eindruck. An einigen Stellen hält er für einen kurzen Moment inne.
Es habe eine "medial sehr weit ausufernde Debatte" gegeben, "die ich durch mein Verhalten verursacht habe", konstatiert Ofarim. "Dadurch habe ich viele Menschen enttäuscht und verletzt. Ich denke, alle wissen, wovon ich spreche", ergänzt er und fährt fort: "Ich habe zunächst eine gewisse Zeit für mich gebraucht, aber so was ist nicht mit einer Entschuldigung oder mit Schweigen erledigt. Das weiß ich jetzt."
25 Kilo leichter, kein Alkohol
Er habe sich lange und intensiv mit den Vorwürfen gegen ihn auseinandergesetzt, versichert der 42-Jährige. Zweifel und Kritik an seiner Person nehme er sehr ernst. "Ich übernehme die Verantwortung für was ich tat, also über das Juristische hinaus und in jeder Hinsicht. Dinge, die ich bereue und für die ich mich schäme und für die ich auch büße", so Ofarim.
Er habe sich in den vergangenen Monaten professionelle Hilfe gesucht und angefangen, an sich zu arbeiten. "25 Kilo leichter und ohne einen Tropfen Alkohol sieht man die Dinge viel klarer und schaut sich selber genauer an, auch wenn einem nicht immer gefällt, was man sieht", sagt Ofarim. "Es ist ein langer Weg, Vertrauen und Respekt wieder aufzubauen. Ob mir das gelingt, weiß ich nicht. Aber ich möchte den Versuch unternehmen, euch und mein Leben wieder zurückzugewinnen", fährt er fort.
"Jeder Mensch hat eine zweite Chance verdient", sagt der Sänger. "Das will ich versuchen." Nach dem Dank an Fans, Familie und Freunde für ihren Rückhalt erklärt Ofarim, dass er sich fortan wieder auf die Musik fokussieren wolle. "Die beste Form, etwas auszudrücken, aufzuarbeiten und zu heilen, ist für mich, das zu tun, was ich liebe, womit ich die Menschen berühre und was ich auch am besten kann", schlussfolgert er. "Vielleicht auf hoffentlich bald", bringt er die vage Hoffnung zum Ausdruck, als Sänger erneut Fuß zu fassen. Die Unsicherheit, ob die Öffentlichkeit dazu bereit ist, ihm wieder Gehör zu schenken, schwingt dabei deutlich mit.
Quelle: ntv.de, vpr