Unterhaltung

Hallo zurück, du Unsympath! Stefan Raabs Comeback - nix als Quatsch

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Ja, ungefähr so sah er bei seinem Auftritt in Köln auch aus: Stefan Raab (beim Bundesvision Song Contest 2014).

(Foto: imago/Hubert Jelinek)

Alle Augen auf Stefan Raab: Mit einer Live-Show in Köln kehrt er nach knapp drei Jahren ins Rampenlicht zurück. "Wenn ich langweile, können Sie gehen", sagt er da. Und zeitweilig ist man verleitet, das auch zu tun.

"Und tschüss, du Unsympath" - so titelten wir, als Stefan Raab seine Fernseh-Karriere an den Nagel hängte. Knapp drei Jahre ist das inzwischen her. Drei Jahre, in denen die einstige TV-Rampensau allen Unkenrufen zum Trotz die Füße ziemlich still hielt. Schlagzeilen machte Raab etwa, weil er bei einem Udo-Lindenberg-Konzert im Hintergrund trommelte, weil er sich als Privatmann mit einer Mieterin zoffte oder weil er mit "Das Ding des Jahres" ein neues TV-Format entwickelte - hinter den Kulissen. Ins große Scheinwerferlicht zog es ihn dagegen tatsächlich nicht.

Umso größer war der Bohei, als Ende 2017 die Bombe platzte: Raab kehrt zurück. Nicht ins Fernsehen, aber auf die Bühne. Mit einer vorerst lediglich an drei Abenden geplanten Live-Show in der Kölner Lanxess-Arena. Der Arena, in der er etwa auch schon gegen Regina Halmich boxte, die erste "Autoball-Europameisterschaft" veranstaltete oder zum "Bundesvision Song Contest" lud. Ein Heimspiel für den Mann, der im Oktober 1966 in der Domstadt das Licht der Welt erblickte.

"Fake News"

Die Spannung stieg erst recht, als sich nun der erste Auftritt des TV-Frührentners wirklich näherte. Wie wird Raab den Abend gestalten? Einige Medien wollten das bereits vorab erfahren haben und kassierten dafür einen harschen Rüffel von den Veranstaltern. Ja, sogar von "Fake News" war die Rede mit Blick auf die Spekulationen um mögliche Gäste, den Ablauf der Show und ihre angebliche Übertragung bei Raabs früherem Haus-und-Hof-Sender ProSieben.

Nein, Fernsehkameras gibt es - abgesehen von denen, die Nahaufnahmen auf die Videoleinwände in der Halle projizieren - bei Raabs Live-Debüt wirklich keine. Und wer am Donnerstagabend ProSieben einschaltete, sah dort den aufgezeichneten Casting-Auftakt der neuen Staffel von "The Voice of Germany" und keine Bilder aus der Lanxess-Arena. Als "Fake News" ließen sich jedoch auch die Meldungen bezeichnen, Raabs erster Auftritt sei komplett ausverkauft. Bis zuletzt gibt es noch einige wenige Restkarten. Vor der Halle scheinen manche Schwarzhändler Tickets geradezu im Dutzend anzubieten. Die bestuhlte Lanxess-Arena ist gut gefüllt, dennoch blitzen so manche freie Plätze auf. Angesichts der Preise auch kein Wunder, die von 49,90 bis 93,90 Euro reichen.

Umjubelt wie ein Popstar

Um 20.09 Uhr ist es dann schließlich so weit: Elton betritt die Bühne. Aber selbstredend nur, um seinen einstigen Entdecker, Mentor und Zuchtmeister anzukündigen - unter anderem als fünffachen Gewinner der Wok-WM, Silbermedailleninhaber im Turmspringen und begnadeten Songschreiber. Und so trällert Raab, als er zwei Minuten später den Gang zurück ins Rampenlicht antritt, auch gleich mal ein Liedchen: "Wadde hadde dudde da?" Dazu setzt es einen Kanonenschlag aus der Pyrotechnik-Schatulle und Jubelschreie des Publikums, als sei der 51-Jährige ein Popstar wie Justin Bieber.

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Flyer-Werbung für Raabs Live-Auftritte.

(Foto: n-tv.de)

Rein optisch sind Raab die vergangenen drei Jahre aber auch wirklich kaum anzumerken. Nun gut, die Haare sind ein wenig grauer und - wie er selbst im Laufe der Show bemerkt - auch lichter geworden. Der schlichte schwarze Anzug, den er trägt, versöhnt dafür mit manchen seiner modischen Verbrechen aus der Vergangenheit. Auch dicker hat man Raab schon gesehen. Eines aber ist selbstredend gleich geblieben: sein makelloses Lächeln aus dem Dentallabor.

"Dann geh doch zum Ohrenarzt!"

Drei Jahre war er weg, jetzt probiert sich Raab drei Stunden lang darin, den ganz großen Bogen zu spannen. Beinahe wie bei einer Revue changiert sein Programm zwischen Stand-up-Comedy, Anekdoten, Musik mit und ohne Gästen, Kunststückchen auf mehreren Instrumenten gleichzeitig und weniger "TV Total"-Reminiszenzen, als man es vielleicht hätte erwarten können. "Wir haben doch Zeit", merkt der Gastgeber mehrfach an. Nicht nur das ist anders als bei seinem früheren Fernseh-Stammformat.

Das Problem ist: Ein herausragender Komiker war Raab noch nie. Und so mäandert der erste Teil der Show, in der er das Publikum vor allem mit dumpfen Kalauern und bräsiger Stimmungsmache bei Laune zu halten versucht, quälend vor sich hin. "Wo sind die Hände?", ruft er den Zuschauern zu und animiert sie zum Antworten im Chor: "An den Armen!" Raab beklagt sich: "Ich kann euch nicht hören!" Und kriegt dafür das geforderte "Dann geh doch zum Ohrenarzt!" vom Publikum zurückgeschleudert.

Ein Running Gag, der sich durch die gesamte Show ziehen wird - sofern man von einem "Gag" sprechen will. Da ist er, Raab, der Kölner Lokalmatador, doch irgendwie fühlt sich das allenfalls wie ein - gnädig gesprochen - zweitklassiges Karnevalsprogramm an. Das Publikum besteht zudem nicht ausschließlich aus rheinischen Frohnaturen, sondern ist nahezu aus der gesamten Republik angereist, um den Ex-Moderator zu sehen. Und nur wenige Zuschauer dürften bereits eine Palette Kölsch intus haben. Aber nur dann hätte man an Animationsversuchen dieser Art womöglich wirklich Spaß.

Von Sido bis Carolin Kebekus

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Modisch war Raab nicht immer so ganz auf der Höhe.

(Foto: imago stock&people)

"Was machen wir denn jetzt?" Auch diesen Satz bekommt man mehr als nur einmal in den drei Stunden zu hören. Die Verwirrung über den Ablauf mag nur gespielt und Teil des humoristischen Programms sein. Doch bisweilen wirkt es so, als wisse Raab tatsächlich nicht so richtig, was er mit all der vielen Zeit anfangen soll. "Wenn ich langweile, können Sie gehen", entfährt es ihm, während er gerade über Holzblasinstrumente philosophiert. Und zeitweilig ist man nicht abgeneigt, der Empfehlung Folge zu leisten. Aber nur zeitweilig. An anderer Stelle macht Raab seine Defizite schließlich wett.

Das ist nicht zuletzt den zahlreichen Gästen zu verdanken, die gemeinsam mit ihm das Programm rocken. Und hier lagen die der "Fake News" bezichtigten Medien gar nicht so falsch. Raabs frühere Schützlinge Max Mutzke und Stefanie Heinzmann etwa machen ebenso ihre Aufwartung wie Rapper Sido, die Toten Hosen oder aber die Comedians Carolin Kebekus und Luke Mockridge. Einzig Lena Meyer-Landrut lässt sich nicht blicken. Aber vielleicht spart sich die Eurovision-Song-Contest-Gewinnerin von Raabs Gnaden ihr Erscheinen ja für eine der beiden noch ausstehenden Shows in der Lanxess-Arena auf.

Raab mag kein Komiker sein, aber nach wie vor ein begnadeter Entertainer. Richtig gut wird es daher erst, wenn er diese Stärke ausspielt. Wenn er etwa in seinem schwarzen Anzug am Klavier sitzt und doch tatsächlich zu Udo Jürgens' "Aber bitte mit Sahne" in die Tasten haut, mutet er beinahe an wie ein Peter Frankenfeld, Hans-Joachim Kulenkampff oder Peter Alexander seiner Generation. Und das ganz ohne Showtreppe. Und das, obwohl er den Jürgens-Hit natürlich nicht ohne Verballhornung zu Ende spielen kann. Er hat halt, wie er selbst - fast klagend - mehrfach feststellt, "immer nur Quatsch gemacht".

Über der Gürtellinie

Vielleicht lag es ja daran, dass er der TV-Unterhaltung nach über 20 Jahren irgendwann überdrüssig wurde. Beim Live-Auftritt in Köln schimmert auf jeden Fall ein ums andere Mal ein gereifter Stefan Raab durch, auch wenn er vom Image des ewigen Clowns einfach nicht loszukommen scheint. Ein Paradoxon: Für eine ganze Generation war er stets das Großmaul der Nation, doch seine Show in der Lanxess-Arena mutet streckenweise schon fast wie aus der Zeit gefallen an.

Dazu passt, dass Raab die drei Stunden tatsächlich ohne auch nur eine Zote über die Bühne bringt. Kein einziger Witz über Sex, Genitalien, Feuchtgebiete oder unter der Gürtellinie. Ein bisschen Powackeln beim gemeinsamen Tanz mit Carolin Kebekus ist das höchste der Gefühle. Respekt! Darüber wundern, dass ProSieben die Show nicht übertragen hat, muss man sich zugleich nicht. Quotenbringer sehen anders aus.

Was bleibt, sind zum einen Raab-Ohrwürmer der Marke "Hier kommt die Maus", "Wir kiffen" (mit aktualisiertem Text) und natürlich "Maschendrahtzaun", die einem noch in den Ohren klingen, als in der Lanxess-Arena der Kehraus beginnt. Zum anderen ein neuer Instagram-Account namens "The real Stefan Raab", den der Entertainer prompt während der Show eingerichtet hat. Und schließlich die Erkenntnis, dass man seinen Verlust als großen Ideengeber und Unterhaltungsikone für das Fernsehen immer noch bedauern mag. Aber vielleicht war es doch genau die richtige Zeit für ihn zu gehen. Im Fernsehen hätte er ja doch nur immer weiter Quatsch machen können.

Stefan Raab tritt am 17.11. und am 8.12. erneut in Köln auf.

Quelle: ntv.de

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