Operation nötig Wolfgang Joop rutscht im Bad aus
06.11.2019, 15:15 Uhr
Joops Liebe zu Potsdam ist unsterblich.
(Foto: imago images/imagebroker)
Es ist alles nochmal gut gegangen, aber einen Schrecken hat es ihm und seinen Fans und Freunden ganz sicher eingejagt: Nachdem der Designer im Bad ausgerutscht war, musste er operiert werden.
Diesen Tag hatte sich Designer Wolfgang Joop sicher ganz anders vorgestellt. Nachdem er im Badezimmer ausgerutscht war, musste der 74-Jährige am Dienstag in ein Krankenhaus gebracht werden. Wie die "Schweizer Illustrierte" unter Berufung auf seinen Ehemann Edwin Lemberg weiter meldet, handelte es sich bei der Verletzung "um einen sogenannten Verrenkungsbruch am Bein, welcher operativ behandelt werden musste". Die "Entwarnung" folgte schließlich gegen 18:30 Uhr: "Wolfgang hat die Operation bestens überstanden. Er ist zwar noch etwas geschwächt aber telefoniert und arbeitet bereits fleißig weiter", wird Lemberg zitiert.
Geplant war für den Tag eigentlich eine Lesung des Designers aus seiner neuen Biografie "Die einzig mögliche Zeit" in Zürich. Der Modeschöpfer erzählt darin, wie er bereits früh den Weg zu seinem kreativem Stil gefunden hat. Er erzählt aber auch über Privates: Zum Beispiel, dass er in der Kleidung von seinem Opa Paul unterwegs war. In dessen viel zu weiter schwarzer Cordhose habe sein Hintern zwar wie ein "Tütenarsch" gewirkt, doch das sei ihm egal gewesen, sagte Joop.
Bei der Präsentation seiner Autbiografie "Die einzig mögliche Zeit", das am 17. September erschienen ist, erzählte der in Potsdam geborene Designer in Berlin bereits von seinen Berufsanfängen. Erste Geschäfte habe er schon im Internat gemacht, wo er Opas Kleidungsstücke an Mitschüler verliehen habe - gegen Geld. "Hose, Dietrich, 1 Woche, 5 Mark - so stand es dann in meinem Schulheft", erzählte Joop. Die Stücke besitze er teils noch heute.
Der Umgang mit dem Erbe
Maler, bildender Künstler, Autor und natürlich Modeschöpfer - seine zahlreichen Talente haben Wolfgang Joop um die Welt geführt. Doch die Sehnsucht blieb. Die Sehnsucht nach dem Ort seiner Kindheit - Gut Bornstedt in Potsdam. auch davon erzählt er offen wie noch nie in seiner Biographie. "Meine Mutter Charlotte und ich, die uns in Braunschweig nicht einleben wollten, hatten nur ein Ziel: zurück nach Bornstedt, zu den Menschen und der wundervollen Umgebung, die sich nicht zu verändern schien." Inzwischen ist das Ziel erreicht: Gemeinsam mit seinem Partner Edwin und seiner Ex-Frau Karin, mit der Joop die zwei erwachsenen Töchter Jette und Florentine hat, lebt der Modeschöpfer auf dem Gut am Park von Sanssouci in Potsdam.
Von der Heimkehr zum Familienstammsitz erzählt der 74-Jährige - und gewährt auf knapp 500 Seiten tiefe Einblicke in sein Leben, berichtet von Unsicherheit, Einsamkeit und Niederlagen. Joop plaudert munter auch Intimes über die Familie - Angst vor Konflikten hat ihn noch nie zurückgehalten. Der Rückkehr nach Bornstedt ist eine öffentliche familiäre Auseinandersetzung vorausgegangen, getragen vor allem von einem angespannten Verhältnis zu Tochter Jette. "Hat man das Glück, viele Kinder zu haben, hat man auch viele unterschiedliche Meinungen, wie mit dem Familienerbe umgegangen werden soll", beschreibt es Joop heute. Er habe den "unumstößlichen Wunsch" gehabt, den ehemaligen Sehnsuchtsort zu restaurieren. "Das Privileg, an diesem Ort zu sein, die für mich fühlbare spirituelle Unterstützung meiner Vorfahren, gibt mir Kraft und Inspiration."
"Ein Lebensweg, der mich weit weg und wieder nach Hause führte"
Seine Schilderungen - selbst aus der frühen Kindheit - sind minuziös. Sein Gram darüber, dass er 1954 den Familienstammsitz verlassen musste, weil seine Eltern nach Braunschweig übersiedelten, ist spürbar. Hinzu kommt das konfliktreiche Zusammenleben der Eltern, bedingt durch eine Trennung in Kriegs- und Nachkriegszeiten. Von seinem Vater fühlt sich Joop entfremdet und leidet unter dessen autoritären Erziehungsversuchen.
Das Gedächtnis des Autors ist erstaunlich. Facettenreich berichtet er von seinen ersten Fashion-Momenten und der ersten Begegnungen mit seiner großen Liebe Karin, an deren Seite er sich ins kreative Schaffen stürzt und internationalen Ruhm erlangt, bis er zusammen mit Karl Lagerfeld und Jil Sander zu den erfolgreichsten Deutschen in dieser Branche zählt.
In so einer Welt ist wenig Zeit fürs Elternsein. "Kopflos wie Karin und ich unsere Tage und Nächte verbrachten, kam uns der Gedanke an ein Kind gar nicht", so der Designer zur frühen Schwangerschaft von Karin. Nach Jettes Geburt 1968 sei ihre Mutter überfordert gewesen, so Joop. Das Paar überlässt die Erstgeborene einige Zeit der Obhut der Großeltern, um sich beruflich zu etablieren.
Offen schreibt Joop auch über Sex, aber ein Outing bleibt aus. Es habe bei ihm nicht ein "schmerzhaftes Erwachen" gegeben, so der Designer im "Zeit"-Interview. Er sei ambivalent gewesen. In seiner Autobiografie schreibt er jedoch nach seiner Trennung von Ehefrau Karin: "Und noch wollte ich auch nicht glauben, was andere schon erkannt hatten: Dass Edwin und ich in Liebe verbunden waren. Wir wussten es nicht, weil wir wohl noch nicht die vielen verschiedenen Gesichter der Liebe kannten."
Verfasst hat der Designer sein Buch handschriftlich. Es sei ein schwerer Weg gewesen. "Aber mein Wunsch, das oft Unglaubliche mit einem Leser zu teilen, ließ mich durchhalten", so Joop. "Der Lohn für all die Arbeit, die ein Jahr genau Vorrang hatte, ist das Gefühl, die Erinnerungen nicht mehr allein tragen zu müssen - ja - einiges vergessen zu dürfen."
PS: Die Lesung in Zürich wird wohl Anfang des Jahresnachgeholt.
Quelle: ntv.de