Demi Moore in "Landman - Staffel 2""Erst kommt der Profit, dann der Mensch"

In der Paramount+-Serie "Landman" bestimmt das texanische Ölgeschäft das Leben ganz unterschiedlicher Menschen. Zum Start der zweiten Staffel hat ntv.de deren Stars Billy Bob Thornton, Demi Moore und Ali Larter zum Interview getroffen.
2024 startete bei Paramount+ die Serie "Landman" von Taylor Sheridon, der unter anderem auch für "Tulsa King", "1923" und "Yellowstone" verantwortlich zeichnet. Billy Bob Thornton spielt den Landman Tommy Norris, der im hart umkämpften Ölgeschäft in den Boomtowns von West Texas für Ordnung und reibungslose Abläufe zu sorgen versucht. In der nun erscheinenden zweiten Staffel übernimmt er sogar die Führung des Unternehmens M-Tex Oil. Dafür geht er eine enge Partnerschaft mit Cami Miller (Demi Moore) ein, der Witwe seines bisherigen Vorgesetzten. Aber auch seine Ehe mit Angela (Ali Larter) sowie die gemeinsamen Kinder verlangen ihm einiges ab. Als Tommys Mutter verstirbt und er sich auch noch mit seinem Vater (Sam Elliot) auseinandersetzen muss, stellt das die ganze Familie auf die Probe.
ntv.de hat Billy Bob Thornton, Demi Moore und Ali Larter anlässlich der Premiere von "Landman - Season 2" in Berlin zum Interview getroffen und mit ihnen unter anderem über wichtige Veränderungen in Hollywood und dem eigenen Umgang mit dem Älterwerden gesprochen.
In "Landman" geht es um die Ölindustrie. Hollywoods Filmbusiness gilt als ähnlich gnadenlos. Sehen Sie da Parallelen?
Billy Bob Thornton: In Hollywood ist es immer ein Kampf: Kunst gegen Kommerz. Kreative wollen Ideen erzählen, die andere Seite denkt an Budgets und Profite. In "Landman" ist es ähnlich: Der Landman versucht, seine Leute zu schützen, dafür zu sorgen, dass sie gut bezahlt und anständig behandelt werden. Das schmälert natürlich den Profit - genau wie in unserer Branche, wenn man Menschen über Zahlen stellt.
Demi Moore: Das gilt im Grunde für jede Industrie, in der viel Geld im Spiel ist - nicht nur für Öl und Hollywood. Erst kommt der Profit, dann der Mensch, das ist leider ein Dauerthema. Das war auch ein Grund für unsere jüngsten Streiks in den USA. Beim Schauspielerstreik ging es genau darum: Menschen und ihre Rechte zu schützen, statt alles nur der Gewinnmaximierung unterzuordnen.
Cami und Angela sind sehr starke Frauenfiguren in einer von Männern dominierten Welt. Wie wichtig war diese Art der Figurenzeichnung für Ihre Entscheidung, bei "Landman" mitzuwirken?
Moore: Für mich war die Entscheidung ziemlich leicht. Taylor Sheridan hat eine beeindruckende Bilanz, wenn es darum geht, komplexe, vielschichtige Frauen zu schreiben - und Frauen in einem Alter zu feiern, das Hollywood sonst gern ausblendet. Viele seiner weiblichen Figuren sind kompromisslos und furchtlos. Ich bin ohne Drehbücher in dieses Projekt gegangen, habe mich einfach mit ihm getroffen. Er sagte: "Das ist die Geschichte. Bist du dabei?" Ich habe sofort zugesagt, ohne zu wissen, wohin die Reise führt. Spannend ist auch die Vielfalt der Frauen in der Serie - ihre unterschiedlichen Hintergründe und Lebenswege. Die Stärke dieser Figuren spiegelt die echten Frauen in Westtexas wider, auf denen meine Rolle basiert. Einige von ihnen durfte ich treffen.
Ali Larter: Es beginnt immer auf dem Papier. Man möchte eine Figur authentisch erforschen können - ihre Facetten, ihre Widersprüche. Das hat man nicht in jedem Projekt. In "Landman" habe ich mit Angela die Chance, in ganz viele Richtungen zu gehen und viele Teile von mir in sie hineinzulegen. Sie ist ein Feuerwerkskörper, gleichzeitig roh, verletzlich und liebt sehr intensiv. Es ist wunderbar, all diese Seiten einer Frau zeigen zu können - passend zu ihrem "Los im Leben". Angela kommt aus Westtexas, ihre Route war ihr ein Stück weit vorgezeichnet. Ich suche immer nach Möglichkeiten, so viele Farben wie möglich zu zeigen.
Angelas hormonbedingte Gefühlsausbrüche - so etwas sieht man selten in Serien. Kam das von Ihnen oder stand das von Anfang an im Drehbuch?
Larter: Das stand tatsächlich in Taylors Handschrift. Er schreibt viel aus seinem eigenen Leben, auch aus der Beziehung zu seiner Frau. Viele Dinge, die ihn zum Lachen bringen, landen bei Tommy und Angela. Er schreibt, wir schmücken das aus und lehnen uns hinein. Gerade in den Dinner-Szenen gibt es immer wieder Momente, in denen Tommy Angela provoziert - und sie explodiert. Das ist einfach das Ergebnis, wenn er die richtigen Knöpfe drückt.
Viele große Filmstars drehen inzwischen Serien für Streamingdienste. Ist das Kino in den letzten Jahren weniger attraktiv geworden?
Thornton: Das Geschäft hat sich massiv verändert. Früher sind Filmschauspieler nicht ins Fernsehen gegangen - vor allem wegen der Zensur. Man konnte nicht wirklich authentisch sein: nicht fluchen, nicht rauchen, keine Sexszenen, all das. Streaming dagegen sind im Grunde nur lange Filme. Ich habe noch nie einen Regisseur sagen hören: "Ich wünschte, mein Film wäre kürzer." Als Schauspieler hat man in einer Serie die Zeit, eine Figur über Jahre zu entwickeln. Der einzige Unterschied zwischen "Landman" und einem Kinofilm ist: Die Leute schauen es zu Hause. Aber die meisten haben heute ohnehin riesige Fernseher.
Moore: Gleichzeitig hat sich die Art verändert, wie Menschen Inhalte konsumieren. Unser Wunsch, Filme zu machen, ist nicht verschwunden - es hat sich einfach weiterentwickelt. Früher waren Kino und TV streng getrennt, heute sind die Grenzen verschwommen. Das schafft mehr Möglichkeiten. Klar, die Filmindustrie hat gelitten. Ich hoffe trotzdem, dass wir das gemeinsame Kinoerlebnis nicht verlieren - diese kollektive Erfahrung ist das Beste am Film.
Thornton: Was wir wirklich verloren haben, ist genau dieses Gemeinschaftsgefühl im Kinosaal - das ist wie ein Konzert. Streaming hängt von Abonnenten ab, nicht von der Kinokasse. Das hat einen Vorteil: Im Streaming bist du beim Casting nicht so extrem vom Box Office abhängig. Du kannst Menschen besetzen, die perfekt für eine Rolle sind, auch wenn sie keine riesigen Filmstars sind. Im Kino will man Tickets verkaufen, also landen oft "der eine Typ" und "das eine Mädchen" in den Hauptrollen, egal ob sie glaubwürdig sind. Und mal ehrlich: FBI und CIA bestehen nicht nur aus 25-jährigen Models. (lacht)
In der ersten Folge der zweiten Staffel von "Landman" fallen die Worte "It's a young woman's game" (Deutsch: "Es ist ein Spiel für junge Frauen"). Wie sehr sind Sie als Frauen in Ihrer Karriere mit Alters- und Genderbias konfrontiert worden?
Larter: Immer wieder. Ich fühle mich heute als Frau, die sehr entspannt mit dem Älterwerden umgeht, und habe das große Glück, weiterhin komplexe, spannende Rollen zu finden. Das ist etwas, das wir an Taylors Serien lieben: Er schreibt für Frauen in ihrer Prime - bis hin zu jemandem wie Helen Mirren, die nicht nur unglaublich attraktiv ist, sondern gerade einige der besten Arbeiten ihres Lebens macht. Wenn man zulässt, dass einen dieser Bias runterzieht, bleibt man dort stecken. Wenn man seinen Selbstwert außerhalb dieser Branche definiert, liegt darin die eigentliche Stärke.
Moore: Schon allein, dass dieser Satz in der Serie vorkommt, ist Teil eines größeren Wandels. Ohne großes Erklären schafft er Bewusstsein für eine Diskrepanz, die Frauen seit langem begleitet - nicht nur in unserer, sondern in vielen Branchen.
Hatten Sie als junge Schauspielerin je Angst vor dieser Form der Alters- oder Geschlechtsdiskriminierung?
Moore: Wenn man jung ist, denkt man nicht so weit voraus. Es ist, als würde jemand sagen: "Du wirst mal schlaffe Haut haben." Man glaubt: "Ich doch nicht." Und dann passiert es. (lacht) Früher war das Bewusstsein stärker, dass Frauen irgendwann "herauswachsen" - weg von Hauptrollen hin zur reinen Charakterdarstellerin. Streaming hat da viel verändert: Es schafft Raum für Geschichten von Frauen in ganz unterschiedlichen Lebensphasen und mit sehr verschiedenen Biografien.
Larter: Ein anderes Problem, das ich erlebt habe: Ich wurde als junge Frau in dieser Branche oft in unangenehme Situationen gebracht, in Räume, in denen man sich unwohl fühlt. Um darin zu überleben, musste ich eine gewisse Härte entwickeln, bis ich meinen Weg gefunden hatte. Das hat sich verbessert, aber so sollte es nie sein. Punkt.
Mr. Thornton, Sie haben offen über Ihre Angststörungen gesprochen - und darüber, dass Ihnen das beim Lernen langer Monologe hilft. Wie genau?
Thornton: Das hängt eher mit meiner Zwangsstörung zusammen. Angst ist Teil von OCD, und ich bin außerdem dyslexisch. Früher dachte ich, ich müsste mich dafür schämen, "am Rand des Spektrums" zu sein. Heute nicht mehr. Ich glaube sogar, dass ich ohne diese Dinge meinen Beruf vielleicht gar nicht so ausüben könnte. Viele Künstler haben ähnliche Themen - schauen Sie zurück bis zu Van Gogh. Ich lerne Texte auf eine Weise, die schwer zu erklären ist. In der Schule war ich schlecht, Mathe und Naturwissenschaften lagen mir gar nicht. Aber ich sehe Text in Blöcken. Ich kann einen Absatz anschauen und Ihnen sagen, was darin steht. Das kommt daher, dass meine OCD sehr ausgeprägt ist und ich mir mein Leben lang solche Muster merke. Bestimmte Buchstaben oder Wörter dürfen für mich nicht am Ende stehen - daran orientiere ich mich. Es ist, als würde man in einem Sci-Fi-Film einen Roboter sehen, der den ganzen Raum in Sekundenschnelle scannt. Monologe sind mir tatsächlich leichter als Szenen mit vielen kurzen Einsätzen. Wenn ich zum Beispiel fünf Sätze in einer Szene mit zwölf Leuten habe, fange ich an, den anderen zuzuhören - und vergesse, dass ich als Nächster dran bin. Inzwischen umarme ich all das, was vermeintlich "nicht stimmt" an mir.
Larter: Und ich sehe das täglich, weil wir fast jeden Tag zusammen arbeiten. Es ist wirklich außergewöhnlich: Da steht eine riesige Szene an, die er noch nicht angeschaut hat. Er nimmt sich kurz Zeit, liest - und dann sitzt der Text. Er hat eine Art fotografisches Gedächtnis und füllt diese Worte mit so viel Menschlichkeit, Emotion und Nuancen. Das ist sein Geschenk. All diese Besonderheiten machen ihn zu genau dem Künstler, der er ist.
Moore: Unsere Herausforderungen sind oft nur andere Wege zu Fähigkeiten, die am Ende für uns funktionieren.
Ist es für Sie dann leichter, eine Figur über mehrere Staffeln zu spielen, weil Sie sie so besser kennen?
Thornton: Ich denke schon. Nach einer Staffel ist man geerdet, man weiß ziemlich genau, wer diese Figur ist. In "Landman" hatte Taylor das Glück - und wir auch -, alle Darsteller sehr gezielt auszuwählen. Schwierig wird es nur, wenn später etwas im Drehbuch auftaucht, das sich für die Figur nicht natürlich anfühlt, nachdem man sie so verinnerlicht hat. Im Grunde ist es simpel: Setzt man die richtigen Menschen an die richtigen Stellen, funktioniert es. Und das Überraschendste bei diesem Ensemble ist: Wir können mit zwölf oder vierzehn Schauspielern in einem Raum sein - und wir lieben uns trotzdem. (lacht)
Über die Autorin
Wenn Ihre jeweiligen Figuren einen Tag lang aus Texas heraus nach Berlin beamen könnten - was würde sie dort wohl am meisten überraschen?
Thornton: Texas ist sehr locker, casual. Ich bin dort aufgewachsen, und Pomp spielt keine große Rolle. Ich erinnere mich an einen Besuch in Frankreich: Ich wollte in ein Restaurant, trug keinen Anzug und man sagte mir, ich müsse Jackett und Krawatte anziehen. Ich hatte keine Ahnung, wovon sie reden. Ich dachte nur: "Ich kann doch auch in diesen Klamotten ganz normal essen." Diese Art Formalität war mir fremd. Wir kommen eben aus einer Ecke der USA, in der alles etwas entspannter ist.
Larter: Mit Texas geht eine gewisse Kühnheit einher. In Städten wie Berlin oder Wien gibt es ein anderes Maß an Raffinesse. Angela ist viel gereist, sie würde das genießen. Ich glaube, sie würde Tommy und die Kinder schnappen, in ein großartiges Restaurant gehen, Kaviar essen - und dann zurück nach Texas fliegen.
Mrs. Moore, Sie haben kürzlich bei einer Benefizgala für Bruce Willis moderiert. Wie wichtig war dieser Abend für Sie?
Moore: Es war ein wunderschöner Abend, der sehr viel von dem widerspiegelt, was Bruce liebt - und die Menschen, die ihn lieben. Keith Richards ist aufgetreten, Mavis Staples ebenso. Es wäre genau die Art Nacht gewesen, die Bruce gefallen hätte. Und es war eine großartige Gelegenheit, Aufmerksamkeit für frontotemporale Demenz zu schaffen.
Mit Demi Moore, Ali Larter und Billy Bob Thornton sprach Nicole Ankelmann
Die zweite Staffel von "Landman" ist ab sofort auf Paramount+ abrufbar.