Kino

Star Wars? Avatar? Flash Gordon? Conan? "John Carter" macht sie alle

Auch King Kong lässt grüßen: John Carter alias Taylor Kitsch in der Arena.

Auch King Kong lässt grüßen: John Carter alias Taylor Kitsch in der Arena.

(Foto: Disney Pictures)

250 Millionen Dollar Budget. Nicht nur deshalb ist "John Carter - Zwischen zwei Welten" ein wahres Wagnis. Der auf einer 100 Jahre alten Geschichte basierende Film ist ein wilder Mix aus Fantasy und Science Fiction - und hat ebenso das Potenzial zum Kassenschlager wie zum Megaflop.

Ich Tarzan. Du Jane. Und wahrscheinlich sind wir zwei Hübschen so ziemlich die einzigen beiden, von denen in "John Carter - Zwischen zwei Welten" jede Spur fehlt. Dafür schimmert so gut wie jeder andere Leinwand-Mythos, der je in einem Fantasy- oder Science-Fiction-Spektakel geboren wurde, in dem Disney-Streifen mit Rückenwind aus der Pixar-Schmiede durch: Hier blitzen Erinnerungen an "Star Wars" auf, dort an "Avatar". Titelheld John Carter (Taylor Kitsch) schwankt irgendwo zwischen den Wesenszügen des Draufgängers Han Solo und des Schönlings Flash Gordon, wenn sich nicht gerade mal eben Conan oder ein Cowboy im Stile Clint Eastwoods in seinen Charakter schleicht. Sein weiblicher Counterpart in Form der Amazone Dejah Torris (Lynn Collins) ginge locker als Princess of Persia durch. Und spätestens wenn Carter in der Arena auf zwei weiße Riesenaffen trifft, könnte man auch glatt meinen, man hätte sich auf den Planeten der Affen verirrt. Oder zum ergrauten King Kong. Und seinem Bruder.

Zwischen Conan und Flash Gordon - Kitsch in luftiger Lederkluft.

Zwischen Conan und Flash Gordon - Kitsch in luftiger Lederkluft.

(Foto: Disney Pictures)

Aber nein, wir sind auf Barsoom, unter schnöden Erdenbürgern auch als ein Himmelskörper namens Mars bekannt. Die ersten Erlebnisse unseres menschlichen Artgenossen John Carter hier wurden bereits vor sage und schreibe 100 Jahren zu Papier gebracht - von einem gewissen Edgar Rice Burroughs, der jedoch vor allem als Schöpfer einer anderen Figur Literaturgeschichte geschrieben hat: "Tarzan". Oder dachten Sie etwa, wir hätten den Einstieg in diese Filmkritik an der Liane herbeigezogen?

So gesehen, wirft die erste Kinoverfilmung eines Abenteuers aus den "Barsoom-Chroniken" des US-Amerikaners Burroughs die Frage nach der Henne und dem Ei auf. "Star Wars"-Vater George Lucas  bezeichnete die Geschichten aus der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts ebenso als wichtige Inspirationsquelle wie "Avatar"-Erfinder James Cameron. "John Carter"-Regisseur Andrew Stanton wiederum räumt ein: "Ich kann nicht leugnen, dass ich ein 'Star Wars'-Kind bin - und ein erwachsenes Kind von 'Avatar'. Ich habe aber nie versucht, andere Filme zu kopieren. Wenn es Ähnlichkeiten gibt, dann liegt das daran, dass die Filme die gleichen Wurzeln haben."

Kein Film, ein Lifestyle

Stanton würde sogar so weit gehen, dass das gesamte Science-Fiction-Genre wesentliche Einflüsse aus den eher unbekannten Werken des "Tarzan"-Autors gesogen hat. Nur an die filmische Umsetzung des Originals für das Kino hatte sich bislang wohl niemand getraut (bislang existierte lediglich ein 2009 nur auf DVD erschienener B-Movie namens "Princess of Mars"). Gerüchte um einen Leinwand-Einsatz von "John Carter" gab es in der Vergangenheit schon mehrfach, zum Beispiel in den 80er-Jahren. Damals als Hauptdarsteller im Gespräch: Tom Cruise. Doch erst mit den inzwischen vorhandenen technischen Möglichkeiten wagte sich jetzt ein Filmstudio tatsächlich an die Umsetzung. Cruise war gestern. Stattdessen wurde die Rolle mit Hollywoods neuem Shooting Star Taylor Kitsch besetzt, der mit "Battleship" und "Savages" in diesem Jahr gleich noch in zwei weiteren potenziellen Blockbustern zu sehen sein wird.

Einmal Prinzessin spielen - der Traum eines jeden Mädchens: Lynn Collins als Dejah Torris.

Einmal Prinzessin spielen - der Traum eines jeden Mädchens: Lynn Collins als Dejah Torris.

(Foto: Disney Pictures)

Für den 1965 geborenen Stanton, der als Elfjähriger zufällig über die Burroughs-Romane stolperte, ist ein Kindheitstraum in Erfüllung gegangen. "Ich war 36 Jahre lang ein Fan dieser Bücher", erklärt er. "Ich wollte einfach nur, dass jemand sie verfilmt, ich mir eine Kinokarte kaufen und sie ansehen kann." Dass es nun er selbst sein würde, der "John Carter" erstmals ins Bewegtbild setzt, hätte er sich indes wohl auch in seinen kühnsten Träumen nicht vorstellen können.

Zumal Stanton auf den ersten Blick nicht unbedingt prädestiniert für die Arbeit an einem Streifen mit Darstellern aus Fleisch und Blut erscheint. Tatsächlich ist "John Carter - Zwischen zwei Welten" sein erster so genannter Realfilm, in dem zwar viel, aber eben nicht alles animiert ist. Bis dato kannte er sich "nur" mit vollends aus der Trickkiste stammenden Leinwand-Abenteuern aus - Stanton ist kein Geringerer als der Regisseur der modernen Animationsklassiker "Findet Nemo" und "Wall-E". Doch nicht nur deshalb vertraute man ihm bei seinem Realfilm-Debüt gleich ein Riesen-Budget von 250 Millionen Dollar an. "Es geht vor allem darum, dass Andrew ein fantastischer Geschichtenerzähler ist", sagt Produzent Jim Morris. Die Grenzen bei der Regie-Arbeit an Real- und Animationsfilmen seien dabei längst fließend. Das hätten ja beispielsweise auch schon Steven Spielberg mit "Tim und Struppi" und Brad Bird, der nach Streifen wie "Die Unglaublichen" oder "Ratatouille" zuletzt den vierten Teil von "Mission: Impossible" inszenierte, bewiesen.

Kitsch machte nahezu alle Stunts selbst.

Kitsch machte nahezu alle Stunts selbst.

(Foto: Disney Pictures)

"Das ist kein Film, das ist ein Lifestyle", sagt Stanton scherzhaft über den zurückliegenden Arbeitsprozess. Vom Schreiben des Drehbuchs bis zum Abschluss der Postproduktion investierte er schlappe fünf Jahre in das Projekt. Fünf Jahre hätte auch er für den Film geopfert, erklärt unterdessen Taylor Kitsch ebenfalls augenzwinkernd. "Die Dreharbeiten haben mich fünf Jahre meines Lebens gekostet!" Nach eigenem Bekunden ging der Schauspieler mehr als nur einmal an die Grenze seiner physischen Belastbarkeit, wenn er etwa in der sengend heißen Wüste von Utah, die für viele Mars-Szenen als Kulisse diente, an Seilen hängend meterweit durch die Luft geschleudert wurde. Wozu das? Na, weil Erdenmensch "John Carter" dank der anderen Schwerkraftgesetze auf dem Mars eine ganz besondere Fähigkeit herausbildet: Springen.

Von den Tharks bis Zodanga

Und das ist bei Weitem noch das Einfachste an der komplexen Story. "Ich habe keinen Schimmer, was da abgeht", schildert Kitsch seine Reaktion, als er zum ersten Mal das Drehbuch in den Händen hielt. "Was ist ein Thark, Therns, Matai Shang, Woola, Helium, Zodanga, Dejah Thoris?" Darum erklären wir ihm und allen anderen das Ganze doch noch einmal, so gut es geht: Anders, als wir Menschen vielleicht denken mögen, gibt es auf dem Mars durchaus Leben. Und nicht nur das: Zwischen den Bewohnern, die den Planeten Barsoom nennen, fliegen sogar richtig die Fetzen.

Gestatten, Woola.

Gestatten, Woola.

(Foto: Disney Pictures)

Die Zodangans unter der Führung des skrupellosen Sab Than (Dominic West) versuchen das Volk von Helium zu unterjochen. Dabei werden sie von den wie dunkle Gottheiten auftretenden Therns und ihrem Boten Matai Shang (Mark Strong) unterstützt, die ihnen eine besonders vernichtende Kraft verleihen. Sab Than bietet Helium Frieden an - vorausgesetzt, er bekommt die hübsche Prinzessin Dejah Thoris zur Frau. Die hat darauf allerdings alles andere als Lust und arbeitet stattdessen daran, die geheimnisvolle Waffe, die die Therns den Zodangans überlassen haben, zu reproduzieren.

Da kommt John Carter gerade recht. Auf der Erde ein zum Outlaw geratener Ex-Offizier des Amerikanischen Bürgerkriegs, wird er auf mysteriöse Weise auf den Mars teleportiert. Dort gerät er erst einmal in die Fänge der Tharks - eine seltsame Rasse von großen, grünhäutigen und grimmigen Kriegern. Nicht zuletzt auf Grund seiner außergewöhnlichen Fähigkeiten in der fremden Welt gelingt es Carter schließlich, den Respekt von Tharks-König Tars Tarkas (Willem Dafoe) zu gewinnen und sich aus der Sklaverei zu befreien.

Als er auf Dejah Thoris trifft, ist das nicht nur Liebe auf den ersten Blick - Carter weiß auch, wem seine Unterstützung in dem grausamen Krieg auf dem Planeten zu gelten hat. Kann Helium gerettet werden? Und wird unser Held jemals wieder zur Erde zurückkehren? Das verraten wir natürlich nicht, aber noch, wer Woola ist - ein, sagen wir mal, überdimensional-außerirdischer Hund, der an Carter einen Narren gefressen hat und ihn alsbald nahezu überallhin begleiten wird.

Top oder Flop?

Ginge es nur nach den Beteiligten, wäre klar: Dieser Streifen ist erst der Anfang. "Der Film ist wie eine Art Pilot zu einer TV-Serie", sagt etwa Darstellerin Lynn Collins. Und Andrew Stanton erklärt: "Ich habe die ersten drei Bücher geplant - als Trilogie. Einfach, weil ich als Fan die Serie weitergehen sehen will" - unabhängig davon, ob er bei den möglichen Nachfolgestreifen abermals im Regiestuhl Platz nehmen wird oder nicht. Dennoch: erste Drehbuch-Ideen für die Teile 2 und 3 liegen bereits in der Schublade. Insgesamt gibt es von Edgar Rice Burroughs elf Werke über die Geschehnisse auf "Barsoom".

Erkannt? Willem Dafoe als Tars Tarkas.

Erkannt? Willem Dafoe als Tars Tarkas.

(Foto: Disney Pictures)

Somit könnte  "John Carter - Zwischen zwei Welten" also den Grundstein für eine neue Leinwand-Saga im fernen Weltall bilden. Eigentlich ist alles dafür angerichtet: Taylor Kitsch spielt gut, Lynn Collins ist sexy und Willem Dafoe nicht wiederzuerkennen. Ehe er und seine Tharks-Kumpanen am Computer zu hünenhaften Außerirdischen mutierten, stolzierten sie auf Stelzen über das Set. Die Animationskünstler haben ganze Arbeit geleistet. Noch dazu wurde der Streifen zeitgemäß in 3D konvertiert. Ja, sogar eine eigene Tharks-Sprache wurde mit Hilfe von Wissenschaftlern kreiert, um der illustren Mars-Gesellschaft einen möglichst authentischen Anstrich zu verpassen. "Ich spreche Tharks nicht fließend, aber ich komme damit klar", witzelt Dafoe über das Kauderwelsch.

Aber: Wer, anders als Stanton, nicht schon seit Kindesbeinen im Universum des "John Carter" zu Hause ist, wird manche Mühe haben, das wirre Beziehungsgeflecht da auf dem Mars auseinander zu klabüstern. Hinzu kommt der - vermutlich doch dem Alter der Vorlage geschuldete - latent trashige Charme des Streifens. Daran, wie viele sich darauf tatsächlich einlassen, wird sich letztlich weisen, wie "John Carter - Zwischen zwei Welten" an den Kinokassen abschneiden wird. Und das wiederum entscheidet schließlich darüber, ob der Film eine Fortsetzung erfahren oder, um es in Tharks-Sprache zu sagen, von den Kinogängern zum Flop gestempelt wird: Tet pa Jeddak kwa pej, John Carter - Du wirst heute nicht König werden, John Carter.

"John Carter - Zwischen zwei Welten" läuft ab sofort in den deutschen Kinos.

Quelle: ntv.de

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