Musik

Kraftwerk, ganz vortrefflich Die Roboter erobern Karlsruhe

Fahrn fahrn fahrn auf der Autobahn ....

Fahrn fahrn fahrn auf der Autobahn ....

Das Zentrum für Kunst & Medientechnologie in Karlsruhe (ZKM) feiert 25-jähriges Jubiläum und hat zur Feier des Tages keine Geringeren als Kraftwerk eingeladen. Die Mensch-Maschinen haben so manchen Song für die Ewigkeit komponiert.

Mach die Musik mal lauter!

Mach die Musik mal lauter!

Manch einem mag aus seiner juvenilen Pionierzeit in Sachen Pop & Co. das x-mal gehörte "Mach die Musik leiser!" nachhängen. Ich bin bis heute glücklich darüber, mich da nicht einreihen zu müssen, im Gegenteil. Musik in all seinen Ausgestaltungen gehörte früh so selbstverständlich (und durchaus laut) dazu wie Klackerkugeln, Dolomiti-Eis und Bonanza-Rad. Neben den üblichen Verdächtigen der Ära von Glam und Gloria - Sweet, Slade, T-Rex - war es meinem alten Herrn und seinem freigeistigen Kumpanen Hannes zu verdanken, dass früh auch die etwas abseitigen Ströme zu mir durchdrangen und ich bestens versorgt wurde.

So bohrten sich die ersten Alben von Roxy Music ebenso tief in meine Gehörgänge wie die Hypno-Sounds von Can, der ProgRock von Aphrodite's Child oder eben die Platten von Kraftwerk. Besonders die Düsseldorfer hatten es mir angetan. Im Kunstunterricht malte ich das Autobahn-Cover nach und abends hörte ich im Dunkeln das "Radioaktivität"-Album zum Einschlafen. Was wäre das Leben gewesen ohne meinen "Wifona Hitmaster"-Plattenspieler? Deckelboxen, 2 x mal 5 Watt, orange - ein Stereo-Träumchen.

Die Band um das letzte Gründungsmitglied Ralf Hütter habe ich zuletzt 2010 im Wolfsburger Kraftwerk gesehen, die 3D-Shows in Karlsruhe verpasse ich leider. Ich lege zum Trost meine persönlichen Lieblingssongs auf.

1. "Radioaktivität" (1975)

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass ich mein erstes Album-Exemplar eines Tages auf der Fensterbank liegen ließ und es schließlich, von Sonnenstrahlen erhitzt und verbogen, nicht mehr anzuhören war. Dem Titelsong selbst hatte ich zuvor schon allein durchs tausendfache Hören fast den Garaus gemacht. Immer und immer wieder, vorzugsweise im Dunkeln zum Einschlafen. Mystisch!

2. "Ruck Zuck" (1970)

Kennzeichen D, hallo?

Kennzeichen D, hallo?

Denk ich an die Stakkato-Flöten, habe ich sofort "Kennzeichen D" vor Augen. Die Macher des ZDF-Politikmagazins, von 1971 bis 2001 auf Sendung, bewiesen Geschmack und pickten das Frühwerk der Düsseldorfer als Titelmusik. Wie Ian Anderson auf Speed, hat Kraftwerk hier noch einen fast bodenständigen Touch, den später das Maschinelle ersetzte.

3. "Computerliebe" (1981)

Im vorderen Teil visionär, textlich beinahe am Außenrand der aufkeimenden Neuen Deutschen Welle, ist besonders die zweite Hälfte des Stücks, mit der sogartigen Wiederholung des  Grundthemas (Hallo, Chris Martin!), absolut unwiderstehlich und nötigt geradezu zum erneuten Aufsetzen der Nadel an den Anfang des Songs.

4. "Autobahn" (1974)

Im Kunstunterricht bei Frau Göttsche-Deuble waren einmal Plattencover das Thema. Ich versuchte mich an einer Collage des Autobahn-Motivs. 30 Jahre danach treffe ich Ralf Hütter zum Interview und blättere mit ihm im Booklet zu eben jener Platte, darin das Artwork des Künstlers Emil Schult, der Anfang der 70er als Gitarrist auch zur Liveband gehörte. Ein surrealer, absolut unvergesslicher Moment.

5. "Die Roboter" (1978)

Glam ging, Punkrock kam und stieß bei mir auf offene Ohren. Kraftwerk aber waren gekommen, um zu bleiben. Hatte ich bis zum Album "Mensch-Maschine" noch irgendwie das Gefühl, die Band würde mir allein gehören, enterten sie plötzlich mit "Das Model" die gemeinen Popcharts und TV-Shows. Meiner Liebe tat das keinen Abbruch, ich zog dem Model mit dem korrekten Sekt jedoch den hüftsteifen Groove der Roboter vor, ebenso wie das über den Wolken schwebende, hochmelodische "Spacelab".

6. "Tour de France" (2003)

Beim Roskilde Festival 1998 spielten Kraftwerk im grünen Zelt vor ca. 10.000 Zuschauern.

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Die distinguierten Herren dort oben hinter ihren Laptops, wir, bierselig und ungeduscht, im Staub. Das waren die Kräfteverhältnisse und es war gut so. Auf den Screens links und rechts von der Bühne zeigte die Band historische Bilder von der Tour, der Song rotierte unwiderstehlich davon, kurzatmig, hypnotisch, unaufhaltsam.

7. "Trans-Europa Express" (1977)

Bei seiner Veröffentlichung war mir das Album irgendwie durchgerutscht, dafür gehört es heuer zum Soundtrack meines Lebens. Und wo hört man diesen Song am besten? Im Zug natürlich. Ob auf der Fahrt zur Bandprobe, in meine alte Heimat oder sinnigerweise, auf dem Weg einst zum Interview mit Hütter in Köln (O-Ton: "Oh, Sie sind mit dem Zug angereist. Vortrefflich!") - es gibt kaum einen besseren Track für den Blick aus dem Abteilfenster eines ratternden Zuges.

Kraftwerk 3-D live

12.09. Karlsruhe – ZKM Beginn: 21 Uhr
13.09. Karlsruhe – ZKM Beginn: 19 Uhr
13.09. Karlsruhe – ZKM Beginn: 23 Uhr

Alle Konzerte sind bereits ausverkauft.

Quelle: ntv.de

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