Max Raabe lädt zur Zeitreise ein Lust auf die glamourösen Zwanziger?
26.11.2014, 21:41 Uhr
Entspanntes Radeln Unter den Linden, im Rücken das Brandenburger Tor, die Hände in den Hosentaschen: Max Raabe ganz lässig.
(Foto: © Marcus Höhn/Deutsche Grammophon)
Mit dem Konzertfilm "Eine Nacht in Berlin" im Gepäck präsentiert sich Max Raabe mal wieder als Zeitkapsel-Pilot im feinen Zwirn. Der Film feierte in Berlin Vorab-Premiere, inklusive der Anwesenheit der Hauptfigur und des Palast Orchesters. n-tv.de war mit dabei.
Max Raabe hat keine Antworten auf die großen Fragen des Lebens. Warum auch? Wäre das Leben nicht langweilig, wenn es da jemanden gäbe, der jede Frage auch gleich mit einem Ausrufezeichen beantworten könnte? Dem Wahl-Berliner mit dem wohl berühmtesten Bariton der Republik geht es in seinen Liedern in erster Linie darum, sein Publikum auf ironisch-humorvolle Art darauf hinzuweisen, dass das Leben aber ohne eben jene Fragen nur halb so lebenswert wäre. Davon ist mittlerweile nicht mehr nur Max Raabe überzeugt, sondern auch abertausende Fans des adretten Zeitreisenden auf der ganzen Welt.
Im Mai 2014 machte Max Raabe mitsamt Palast Orchester mal wieder Halt im Berliner Admiralspalast, um sein Programm der jüngeren Vergangenheit in Bild und Ton festzuhalten. Das Ergebnis nennt sich "Eine Nacht in Berlin", ein Konzertmitschnitt, der am 28. November als DVD und CD auf den Markt kommen wird. Gut drei Wochen vor dem Release lud die komplette musikalische und filmische Belegschaft zur feierlichen Vorab-Vorstellung des Films in die Berliner Astor Film Lounge.
Von wegen "nur gut, wenn keiner guckt"
Inmitten unzähliger schnieker Herren-Zweiteiler, galanter High Heels und klirrender Sekt-, Wasser- und O-Saft-Gläser herrschte ein spürbares Nostalgie-Verlangen, als sich kurz vor dem Vorhangfall die Redner im Kinosaal noch einmal kurz vor den anwesenden Max Raabe und Co verneigten. Dann war es endlich so weit: Das Licht ging aus, der Vorhang öffnete sich und auf der Leinwand präsentierte sich ein am Brandenburger Tor vorbeiradelnder Max Raabe auf dem Weg zur Bühne des Admiralspalastes. Zwei Minuten später haucht der adrette Sänger ein charmantes "Ich bin nur gut, wenn keiner guckt" ins antike Mikrofon.
Ha, Pustekuchen! Von wegen "nur gut, wenn keiner guckt": Mittlerweile kniet man sogar vor der Bühne der legendären Carnegie Hall im fernen New York nieder, wenn der schlaksige Barde der großen Liebe, der perfekten Nacht oder stechenden Kakteen zu Leibe rückt.
"Furchtbar neumodischer HD-Sound"
Der Blick zurück in die deutsche Vergangenheit ist nicht nur geprägt von Leid, Angst und Schmerz. Es gab auch viel Licht zu bestaunen, damals in den Zwanzigern und Dreißiger. Und keiner verkörpert das adrett-glamouröse Musik- und Lebens-Flair dieser Epoche so authentisch und überzeugend wie Max Raabe. Mit "Eine Nacht in Berlin" hält der Sänger nun eine weitere seiner unzähligen Live-Meisterleistungen für die Nachwelt fest, auch wenn ihm an der Produktion nicht alles gefällt: "Mit diesem furchtbaren neumodischen HD-Sound werde ich wohl nie so richtig warm werden", meckert der Verantwortliche im Anschluss der Verführung. Dabei lächelt er kurz und zwinkert mit den Augen, was die erstaunten Gemüter der beiden neben ihm sitzenden Anette Gerlach (Arte) und Daniel Lwowski (Regisseur) schnell wieder beruhigt.
Antikes Vinyl-Kratzen im Hintergrund hätte den Konzertfilm sicherlich noch ein bisschen authentischer gemacht, doch auch eingehüllt in ein High End-Soundgewand versprühen von sechs Kameras eingefangene Song-Darbietungen wie "Du passt auf mich auf", "Kleine Lügen" oder "Am Ende kommt immer der Schluss" noch genügend Timetravel-Vibes, um als Zuschauer für knapp 90 Minuten in Urgroßmutter-Erinnerungen schwelgen zu können.
Aufgepeppt mit kurzen Schwarz-Weiß-Zwischensequenzen und eingetaucht in entsättigte Farben, wird das visuelle Konzept des Films individuell in Szene gesetzt. Großes Kino, ganz ohne Feuerwerk und überproduzierten Schnickschnack. Da kann man auf dem Berliner Kudamm zwischen Karaoke-Bar und Sneakers-Shop auch schon mal einen roten Teppich ausrollen.
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Quelle: ntv.de