Neun Jahre Haft gefordert Bundesanwaltschaft wirft Hanna S. "Gewaltterrorismus" vor
08.09.2025, 15:25 Uhr Artikel anhören
Die Angeklagte Hanna S. steht beim Prozessauftakt im Gerichtssaal neben ihrem Anwalt.
(Foto: picture alliance/dpa)
In Budapest kommt es im Februar vor zwei Jahren zu brutalen Angriffen auf Rechtsextremisten. Daran soll eine Gruppe von Linksextremisten beteiligt sein, zu denen auch Hanna S. gehören soll. In München muss sich die mutmaßliche Linksextremistin nun verantworten. Ihr droht eine hohe Strafe.
Im Prozess gegen die mutmaßliche Linksextremistin Hanna S. hat die Bundesanwaltschaft eine Freiheitsstrafe von neun Jahren gefordert. Die Angeklagte solle wegen versuchten Mordes, gefährlicher Körperverletzung und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung verurteilt werden, hieß es im Plädoyer, wie ein Gerichtssprecher in München mitteilte.
Die Bundesanwaltschaft wirft Hanna S. vor, an Angriffen auf mutmaßliche Rechtsextremisten im Februar 2023 in der ungarischen Hauptstadt Budapest beteiligt gewesen zu sein. Laut Anklage soll sie sich vor dem Angriff einer Gruppe angeschlossen haben, deren Angehörige eine "militante linksextremistische Ideologie" teilten sowie den Rechtsstaat und das staatliche Gewaltmonopol ablehnten.
Ihre Mitglieder sollen im Februar 2023 anlässlich des sogenannten Tags der Ehre in Budapest mindestens fünf Angriffe verübt haben. An diesem Tag kommen laut Bundesanwaltschaft jedes Jahr Rechtsextremisten aus ganz Europa nach Budapest, um des Ausbruchsversuchs der deutschen Wehrmacht, der Waffen-SS und ihrer ungarischen Kollaborateure aus der von der Roten Armee belagerten Stadt zu gedenken. Ein "Neonazi-Schaulaufen", hatte Verteidiger Yunus Ziyal das Event zum Beginn des Prozesses genannt. "Es handelt sich um das derzeit größte Massenevent der extremen Rechten."
Zusammen mit anderen Gruppenmitgliedern soll sich S. an zwei Überfällen auf insgesamt drei Menschen im öffentlichen Raum beteiligt haben. Die Opfer hätten Kopfverletzungen davongetragen - in einem Fall so schwere, dass sie zum Tod hätten führen können, wie es von der Bundesanwaltschaft heißt. In einem Fall soll Hanna S. auf dem Arm eines Mannes gekniet haben, um ihn daran zu hindern, sich gegen Schläge und Tritte zu verteidigen. Der Mann sei angegriffen worden, "weil er ein politisch Andersdenkender war".
Angriffe auf Neonazis
S. wurde im Mai in Nürnberg festgenommen und sitzt seitdem in Untersuchungshaft. Im Juli erhob die Bundesanwaltschaft Anklage gegen sechs weitere mutmaßliche Beteiligte an der Attacke. Sie stellten sich im Januar beziehungsweise März der Polizei und wurden festgenommen. Sie verbanden dies mit dem Wunsch, in Deutschland ein Verfahren zu bekommen und der Auslieferung nach Ungarn zu entgehen. Dort würden ihnen nach Einschätzung ihrer Verteidiger überlange Haftstrafen in Verfahren drohen, die rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht genügten.
Im Juni wurde ein mutmaßlich linksextremer nichtbinärer Mensch nach Ungarn ausgeliefert. Maja T. sitzt dort seitdem in Untersuchungshaft. Das Bundesverfassungsgericht untersagte damals zwar eine Überstellung per Eilentscheidung. Der Beschluss kam aber erst bei den Behörden an, als T. schon auf dem Weg nach Ungarn war. Das Bundesverfassungsgericht rügte die Auslieferung.
Die Gruppe um Hanna S. steht nach der Anklage der Bundesanwaltschaft in der "Kontinuität" einer Gruppe von Linksextremisten um Lina E., die in Deutschland Angriffe auf Neonazis verübte. E. wurde im Mai 2023 wegen Mitgliedschaft und Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung sowie gefährlicher Körperverletzung vom Oberlandesgericht Dresden zu fünf Jahren und drei Monaten Haft verurteilt.
Vorwurf des "Gewaltterrorismus"
"Es gibt in einem Rechtsstaat unter keinen Umständen gute politische Gewalt", sagte die Bundesanwältin in ihrem Plädoyer vor dem Oberlandesgericht München und sprach von "Gewaltterrorismus". Die Angeklagte vertrete einen "militanten Antifaschismus" und lehne den demokratischen Rechtsstaat ab.
Im Prozess gegen Hanna S. vor dem Oberlandesgericht München werden für Montag kommender Woche die Plädoyers der Verteidigung erwartet. Das Urteil soll am 26. September verkündet werden.
Quelle: ntv.de, gut/AFP/dpa