Panorama

Nach Sperrung des Luftraums Zug von Russland in die EU ist ausgebucht

Täglich kommen viele Menschen aus St. Petersburg mit dem Allegro-Zug am Hauptbahnhof in Helsinki an.

Täglich kommen viele Menschen aus St. Petersburg mit dem Allegro-Zug am Hauptbahnhof in Helsinki an.

(Foto: picture alliance/dpa/Lehtikuva)

Die nahezu letzte Möglichkeit aus Russland in die EU zu kommen, ist die Zugverbindung zwischen St. Petersburg und Helsinki. Wegen der Corona-Pandemie waren die Züge in den letzten Monaten ziemlich leer. Doch das hat sich geändert. Vor allem Finnen und im Ausland Studierende greifen darauf zurück.

Helsinki ist das Ziel: Die Zugverbindung von St. Petersburg in die finnische Hauptstadt ist für Russen eine der letzten Möglichkeiten, in die EU zu gelangen, nachdem wegen der Ukraine-Invasion der europäische Luftraum für russische Flugzeuge gesperrt wurde. Russen, die in der EU arbeiten oder studieren, ergreifen diese Chance - und die Züge sind für die nächsten Tage ausgebucht.

"Wir haben beschlossen, so schnell wie möglich zurückzukehren, denn man weiß nicht, wie die Lage nächste Woche ist", sagt Polina Poliakowa, die in Paris studiert. Die Moskauerin ist mit dem Express-Zug Allegro um 6.40 Uhr in Helsinki angekommen. Ihre Freundin Beata Juchtanowa, die ebenfalls in Paris studiert, hat sie begleitet. Reisen sei für Russen "jetzt schwierig, weil alles annulliert wurde", sagt sie.

Die Allegro-Hochgeschwindigkeitszüge haben erst Mitte Dezember 2021 den täglichen Personenverkehr zwischen St. Petersburg und Helsinki wieder aufgenommen.

Die Allegro-Hochgeschwindigkeitszüge haben erst Mitte Dezember 2021 den täglichen Personenverkehr zwischen St. Petersburg und Helsinki wieder aufgenommen.

(Foto: picture alliance/dpa/TASS)

Fuhren die Allegro-Züge in jüngster Zeit wegen der Corona-Pandemie oft weitgehend leer von St. Petersburg nach Helsinki, sind sie jetzt "für die nächsten Tage ausgebucht", wie Topi Simola vom finnischen Bahnunternehmen VR sagt. "Wir können am Gepäck erkennen, das sie dabei haben, dass die Leute regelrecht umziehen", sagt der VR-Manager.

Die Passagierzahl auf der Strecke von Ost nach West begann am Samstag in die Höhe zu klettern, zwei Tage nach Russlands Einmarsch in der Ukraine. Bei den Zügen zurück nach St. Petersburg liegt die Auslastung hingegen nur bei 30 Prozent.

Nicht alle dürfen mit Allegro reisen

Im Allegro können allerdings nur wenige Russen einen Platz ergattern, die meisten Fahrgäste sind Finnen. Denn russische Fahrgäste brauchen nicht nur ein gültiges Schengen-Visum, sondern auch eine Corona-Impfung mit einem in der EU zugelassenen Vakzin. Mit russischen Impfstoffen wie Sputnik V immunisierte Russen dürfen also nicht mit dem Allegro fahren.

Die meisten russischen Fahrgäste haben ihren Wohnsitz bereits in der EU, etwa die 14-jährige Maria und ihre Mutter Swetlana, die zurück nach Österreich wollen. Nachdem ihr Flug am Sonntag gestrichen worden war, waren die beiden erst einmal ratlos, wie sie zurück nach Hause kommen. "Wir haben erst gedacht, wir müssten über die Türkei fahren, aber das ist viel teurer als Finnland", sagte Maria.

Das Bahnunternehmen VR, das die Strecke zusammen mit der russischen Bahn betreibt, würde die Verbindung gerne für andere EU-Bürger als Finnen öffnen und die Kapazitäten ausbauen. "Wir wissen, dass es in Russland noch Zehntausende EU-Bürger gibt und wir nehmen an, dass viele von ihnen gerne heimkehren würden", sagt Simola.

Große Verunsicherung und Panik

Nach Finnland heimgekehrte Russen beschreiben, dass in Russland derzeit große Verunsicherung herrscht wegen des Kriegs gegen die Ukraine und der scharfen Reaktionen des Westens in Form einer Vielzahl von Sanktionen. "Viele Menschen sind in Panik", sagt Daria, die früher als ursprünglich geplant an ihren Studienort Helsinki zurückgekehrt ist.

"Ich kenne Leute, die zurzeit verzweifelt versuchen, ins Ausland zu gehen", sagt auch Elena, die in Finnland arbeitet. Sie hatte noch am Donnerstag vor einer Woche, als die Ukraine-Invasion der russischen Armee begann, ihren Heimflug von Moskau nach Finnland umgebucht und kehrte am selben Tag in das skandinavische Land zurück.

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Viele ihrer Landsleute fühlten sich in Russland "nicht in Sicherheit", sagt Elena, die ihren Nachnamen lieber nicht nennt. "Sie wissen, dass die wirtschaftliche Situation ab jetzt sehr schwierig wird, und viele Leute können es aus moralischen Gründen nicht ertragen zu bleiben."

Elena hat vorerst alle Brücken zu Russland hinter sich abgebrochen. "Ich habe so bald nicht vor, nach Russland zurückzukehren, das ist sicher", sagt die 37-Jährige. Doch auch wenn die Lage in ihrem Heimatland ausgesprochen schwierig sei, sei es "unmöglich, sie mit den derzeitigen Schrecken in der Ukraine zu vergleichen".

Quelle: ntv.de, Sam Kingsley, AFP

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