Politik

"Feminismus ist kein Zauberstab" Baerbock und Schulze wollen Frauen fördern

Zwei Ressorts der Ampelregierung nehmen die Rechte von Frauen auf die Agenda: Außenministerin Baerbock und Entwicklungsministerin Schulze stellen dafür neue feministische Leitlinien vor. Die Union vermisst reale Schritte, etwa gegen Unterdrückung im Iran und Vergewaltigung in der Ukraine.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat ihre Vorstellungen für eine feministische Ausrichtung der Außenpolitik vorgestellt. "Wir rufen heute nicht eine Revolution aus, sondern wir tun eine Selbstverständlichkeit - dafür sorgen, dass wir mit unserer Politik alle Menschen erreichen", sagte die Grünen-Politikerin nach einer Sitzung des Bundeskabinetts in Berlin. Die feministische Ausrichtung werde sich "durch alle Bereiche der Außenpolitik ziehen", sagte Baerbock und nannte als Beispiele Friedensmissionen, Krisendiplomatie, humanitäre Hilfe und auswärtige Kulturpolitik.

Dabei gehe es im Kern um die drei "R", sagte Baerbock - um die Rechte von Frauen, um Ressourcen für Frauen und Frauenförderung sowie um die Repräsentanz von Frauen. Baerbocks Ministerium führte das Konzept auf 88 Seiten aus. Es formuliert zehn Leitlinien, die sowohl das Wirken des Ministeriums nach außen als auch die innere Struktur betreffen. Die Leitlinien gelten für die Arbeit des Auswärtigen Amts, nicht jedoch für die der gesamten Bundesregierung. Baerbock dämpfte die Erwartungen an die Wirksamkeit der neuen Leitlinien. "Feminismus ist kein Zauberstab, wir sind nicht naiv", sagte sie. "Wir werden nicht alle Probleme lösen können, aber wir werden genauer hinschauen." Ihr gehe es dabei um einen "Realfeminismus".

Gemeinsam mit Baerbock stellte auch Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze Leitlinien für eine feministische Entwicklungspolitik vor. Wenn Frauen selber entscheiden könnten, wann sie mit wem Kinder bekommen, bedeute dies, dass junge Mädchen die Schule abschließen könnten, sagte die SPD-Politikerin. Sie erhielten die Chance auf einen Arbeitsplatz, um für sich selbst zu sorgen. "Rechte bedeutet aber auch, Recht auf Land zu haben. Also die meisten, die Felder bewirtschaften, sind Frauen. Wenn ihnen das Land nicht gehört, bekommen sie keine Kredite", sagte Schulze.

Außenministerium wird gendersensibel und gendertransformativ

Konkrete Auswirkungen dürften die Leitlinien auf die Verwendung der finanziellen Mittel des Außenministeriums haben. Bis 2025 sollten 85 Prozent der Projektmittel "gendersensibel" ausgegeben werden - das bedeutet, vor Verwendung der Mittel muss ausdrücklich ein Augenmerk darauf gelegt werden, wie Frauen davon profitieren. Weitere acht Prozent sollten "gendertransformativ" ausgegeben werden. Das heißt, die Mittel sollen aktiv zu Gleichstellung beitragen. Weitere Leitlinien des Konzepts betreffen etwa die Integration der Perspektiven von Frauen und marginalisierten Gruppen in der weltweiten Arbeit des Amts für Frieden und Sicherheit, das Engagement für eine größere Teilhabe von Frauen und marginalisierten Gruppen in Friedensprozessen und der Kampf gegen sexualisierte und geschlechtsspezifische Gewalt in bewaffneten Konflikten.

Im Auswärtigen Amt sollen mehr Frauen in Führungspositionen kommen. Derzeit sind laut Baerbock nur 26 Prozent der Botschafterposten mit Frauen besetzt. "Da ist noch Luft nach oben", sagte Baerbock. Besonders gefördert werden sollen im Auswärtigen Amt Chancengleichheit, ein diskriminierungsfreies Arbeitsumfeld, flexibles Arbeiten und die Förderung von Vielfalt. In dem Konzept aus Baerbocks Ministerium wird feministische Außenpolitik wie folgt definiert: "Feministische Außenpolitik heißt, dass wir besondere Verletzlichkeiten nicht nur sehen, sondern sie gezielt angehen, auch in unserer Projektförderung oder der humanitären Hilfe."

Union vermisst Mut gegenüber Iran und russischen Kriegsverbrechen

CDU-Vize Silvia Breher begrüßte eine Stärkung der weiblichen Perspektive in der Außenpolitik grundsätzlich, kritisierte aber Baerbocks Leitlinien. Am Ende handele es sich vor allem um "ein Etikett, das massiv in Struktur und Arbeitsweise des Auswärtigen Amtes als Behörde eingreift, aber in der realen außenpolitischen Welt weitestgehend verpufft", erklärte die frauenpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

Breher warf Baerbock außerdem Zögerlichkeit mit Blick auf den Iran, aber auch die Ukraine vor. Der "Kompass" der Ministerin scheine "noch nicht ganz ausgerichtet zu sein", sagte die stellvertretende CDU-Vorsitzende. "Denn sonst könnte sie nicht dem Leiden der Frauen im Iran weiterhin so tatenlos zusehen." Baerbock sei "bis zum heutigen Tag nicht in der Lage, sich für die Listung der iranischen Revolutionsgarde auf der Terrorliste der EU ernsthaft einzusetzen und diese durchzusetzen", so der Vorwurf Brehers. Auch in der Ukraine, wo es zur Kriegsstrategie gehöre, Frauen systematisch zu vergewaltigen, habe die Bundesregierung "viel zu lange gezögert", bemängelte die CDU-Politikerin.

Quelle: ntv.de, mau/AFP/dpa

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