Politik

Im Bundesrat droht Blockade Bundestag beschließt Bürgergeld, Heil hofft auf Union

189d0a2679393b243bbfe0a598613c6d.jpg

Es war ein Wahlkampfversprechen der SPD, Hartz IV durch ein Bürgergeld zu ersetzen. Das Gesetzesvorhaben passiert nun den Bundestag. Doch im Bundesrat dürfte es durchfallen, weil dort die Union die Mehrheit hat. Deren Vertreter üben nun wieder scharfe Kritik.

Der Bundestag hat das von der Ampelkoalition geplante Bürgergeld beschlossen. Allerdings kann der Hartz-IV-Nachfolger nur mit Zustimmung des Bundesrats in Kraft treten - dort müssten die von CDU und CSU regierten Länder zustimmen. Die kündigten aber an, das Projekt bei der Abstimmung am Montag stoppen zu wollen.

Die Koalition signalisierte Verhandlungsbereitschaft. "Unsere Hand bleibt ausgestreckt", sagte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) am Vormittag in der abschließenden Debatte des Bundestags über das Reformvorhaben. Sollte das Projekt im Bundesrat scheitern, werde die Regierung den Vermittlungsausschuss anrufen, um dort eine Einigung zu erreichen. Heil rief die Unions-Ministerpräsidenten in der Debatte auf, im Bundesrat nicht der ablehnenden Haltung der Bundes-CDU zu folgen: Er hoffe auf "Vernunft statt auf Parteitaktik".

Beim Bürgergeld gehe es darum, "dass Menschen, die in existenzielle Not geraten sind, so verlässlich und unbürokratisch wie möglich abgesichert sind", sagte Heil. Er wies den Vorwurf der Union zurück, das geplante Hartz-IV-Nachfolgesystem enthalte zu wenige Anreize für Menschen, eine Arbeit aufzunehmen. Die geplante Neuregelung schaffe im Gegenteil "die Chancen, dass Menschen einen Berufsabschluss nachholen können, um dauerhaft in Arbeit zu sein".

Die Union bekräftigte in der Debatte ihre Ablehnung. Der Gesetzentwurf enthalte "grundsätzliche Webfehler", sagte CDU-Sozialexperte Hermann Gröhe. Er warb für den Vorschlag seiner Fraktion, zunächst nur die Regelsätze für die Bezieherinnen und Bezieher von Grundsicherung zum Jahreswechsel zu erhöhen - die komplette Reform des Sicherungssystems, die die Koalition mit dem Bürgergeld bezweckt, aber zu einem späteren Zeitpunkt und in veränderter Form umzusetzen.

Gröhe warf den Koalitionsfraktionen vor, aus "ideologischer Verbohrtheit" die Kritikpunkte seiner Fraktion zu ignorieren. Die Vorlage könne deshalb im Bundesrat nicht mit Unterstützung der Unionsländer rechnen. Gröhe bekräftigte die Kritik seiner Fraktion insbesondere an der geplanten Regelung zum Schonvermögen. Es sei nicht erklärbar, dass bei einer Bedarfsgemeinschaft mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern bis zu 150.000 Euro Vermögen geschützt seien. "Die Mehrheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kann von einem solchen Vermögen nur träumen", sagte der Christdemokrat. Die "Ampel" gefährde damit "die Fairness in diesem Land".

Bartsch: Bürgergeld ist in der Substanz Hartz V

Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch sagte anerkennend, dass die Koalitionsvorlage "Fortschritte" im Vergleich zur aktuellen Situation enthalte - etwa die erhöhten Zuverdienstgrenzen. Scharf kritisierte er allerdings, dass auch das Bürgergeld die Bezieherinnen und Bezieher in Armut halte. "Das Bürgergeld ist nicht im Ansatz armutsfest", sagte er. "Es ist keine Abkehr von Hartz IV. Das System bleibt erhalten. In der Substanz ist es Hartz V."

Der AfD-Abgeordnete Norbert Kleinwächter monierte, dass das geplante Bürgergeld keine ausreichenden Anreize setze, eine Arbeit aufzunehmen. "Das Bürgergeld hilft nicht denen, die arbeiten wollen", sagte Kleinwächter. "Es unterstützt diejenigen, die nicht arbeiten wollen - auf Kosten und zulasten derer, die jeden Morgen zur Arbeit gehen."

Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann wies in der Debatte hingegen darauf hin, dass mit dem Bürgergeld ein Systemwechsel eingeleitet werde. "Das Bürgergeld ist mehr als nur eine Regelsatzerhöhung, das Bürgergeld ist eine Reform des Arbeitsmarkts."

Der FDP-Sozialpolitiker Johannes Vogel hob insbesondere die von seiner Fraktion vorangetriebene Erhöhung der Zuverdienstgrenzen hervor. Unverständnis äußerte er für den Vorschlag der Union, nur die Regelsätze zu erhöhen, ohne das System als Ganzes zu reformieren. Es sei "absurd, einfach nur die Regelsätze zu erhöhen, ohne für mehr Leistungsprinzip zu sorgen".

(Dieser Artikel wurde am Donnerstag, 10. November 2022 erstmals veröffentlicht.)

Quelle: ntv.de, vpe/AFP

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen