Propaganda für den Kreml Bystron und die AfD sind Teil von Putins Kampf


Bystron bei einer Rede im Bundestag im vergangenen Oktober.
(Foto: picture alliance / dts-Agentur)
Der tschechische Geheimdienst deckt auf, dass Russland westliche Politiker bezahlt. Auch AfD-Mann Bystron soll Geld bekommen haben - was er bestreitet. So oder so ist die Russlandnähe der AfD auffällig. Fragen und Antworten.
Wer ist Bystron?
Petr Bystron sitzt seit 2017 für die AfD im Bundestag und ist besonders für Außenpolitik zuständig. Für seine Fraktion ist er Obmann im Auswärtigen Ausschuss und außenpolitischer Sprecher. Er vertritt den Wahlkreis München Nord. Bystron gilt als besonders russlandfreundlich, selbst für AfD-Verhältnisse. Der 51-Jährige wurde in Olmütz in der damaligen Tschechoslowakei geboren. Seine Eltern flohen vor dem Fall des Kommunismus aus dem Land und bekamen in Bayern Asyl. Bevor er zur AfD stieß, war er von 2005 bis 2013 Mitglied bei der FDP. Beruflich war der Diplom-Politologe vor seiner Zeit im Bundestag im Bereich Werbung und Marketing tätig. Bystron kandidiert mittlerweile auf Platz zwei der AfD-Liste für das Europaparlament.
Was wird Bystron vorgeworfen?
Bystron soll von Russland Geld angenommen haben. Die tschechische Regierung hat vor einer Woche mitgeteilt, dass sie gemeinsam mit Geheimdiensten von sechs weiteren Ländern ein großes prorussisches Netzwerk enttarnt hatte. Darüber sollen mehrere Hunderttausend Euro an westliche Politiker geflossen sein. Einer von ihnen sei Bystron gewesen, berichtete die tschechische Zeitung "Deník N".
Bystrons Name sei in einer Sitzung des tschechischen Kabinetts gefallen. Ein Regierungsmitglied sagte demnach unter Berufung auf den Inlandsgeheimdienst BIS mit Bezug auf Bystron: "Sie können die Übergabe von Geld als Audio belegen." An diesem Donnerstag sagte ein Geheimdienstsprecher in Prag, es würden keine Aufnahmen veröffentlicht. Deutsche Nachrichtendienste hätten aber "vergleichsweise umfangreiche Informationen" zu dem Fall erhalten.
Mittlerweile hat die Generalstaatsanwaltschaft München ein sogenanntes Vorermittlungsverfahren angelegt. Das bedeute aber nicht, dass es tatsächlich einen Anfangsverdacht gibt, teilte die Behörde mit. Die Vorermittlungen würden aufgrund der aktuellen Berichterstattung aufgenommen.
Welche Rolle spielt "Voice of Europe" dabei?
"Voice of Europe" war ein russisches Propagandaportal im Internet, das seinen Sitz in Prag hatte - kürzlich hat die dortige Regierung es dicht gemacht und die Hintermänner mit Sanktionen belegt. Denn es sendete nicht nur russlandfreundliche Berichte, sondern soll auch an Kandidaten für die Europawahl herangetreten sein und diese verdeckt finanziell unterstützt haben. Laut "Spiegel" wurde das Geld entweder persönlich in Prag oder per Kryptowährung übergeben.
"Voice of Europe" wurde dem Bericht zufolge von einem ehemaligen ukrainischen Oligarchen finanziert, der zugleich ein enger Vertrauter des russischen Präsidenten Wladimir Putin ist. Wiktor Medwedtschuk soll mit seinem Vertrauten Artem Martschwskyj die Geschäfte bei "Voice of Europe" geleitet haben. Von ihnen stammte demnach auch das Geld, das an europäische Politiker geflossen sein soll. Ziel sei gewesen, russische Propaganda zu fördern, berichtet das Magazin unter Berufung auf den tschechischen Geheimdienst.
Bystron ist persönlich mit Medwetschuk bekannt. Gemeinsam mit dem AfD-Spitzenkandidaten für die Europawahl, Maximilian Krah, besuchte er ihn im November 2021 in Kiew, wo der Oligarch damals unter Hausarrest stand. Ihm wurde Hochverrat vorgeworfen, weil er Militärgeheimnisse an Russland verraten haben soll. Nach dem russischen Überfall auf die Ukraine wurde er im Rahmen eines Gefangenenaustausches nach Russland abgeschoben. Über ein Foto, das er auf Facebook postete, schrieb Bystron seinerzeit, es habe sich um einen "Solidaritätsbesuch" gehandelt.
Was sagt Bystron zu den Vorwürfen?
Unbestritten ist, dass Bystron "Voice of Europe" mehrere Interviews gegeben hat. Er selbst leugnet aber, dafür Geld bekommen zu haben. In einer Stellungnahme an die Parteispitze schrieb er, "zu keinem Zeitpunkt" von einem "Mitarbeiter von VoE (oder irgendeinem Russen)" Geldzahlungen oder Kryptowährungen bekommen zu haben. Das wäre allerdings dann nicht gelogen, wenn das Geld von dem ukrainischen Hintermann Medwedtschuk gekommen wäre, der bis Anfang 2023 ukrainischer Staatsbürger war. In einer ersten Stellungnahme am 29. März bezeichnete Bystron die Schließung von "Voice of Europe" als Angriff auf die Pressefreiheit und sich als Opfer von Diffamierung. Die "Vorwürfe der Vorteilsnahme" nannte er "verleumderisch" und wies sie "mit Nachdruck" zurück.
Was ist mit Krah?
Krah weist ebenfalls zurück, Geld genommen zu haben. So konkret wie bei Bystron sind die Vorwürfe aber nicht. Krah riet seinem Parteifreund via "Welt", keine öffentlichen Termine mehr wahrzunehmen. Aus seiner Nähe zum Putin-Regime macht aber Krah auch keinen Hehl. Das zeigte sich wieder und wieder. Über besagtes Foto schrieb er beispielsweise, das ukrainische "Regime" sei "das größte Hindernis für eine Normalisierung der Beziehungen zu Russland".
Wie reagiert die Partei?
Laut "Süddeutscher Zeitung" ist die Parteiführung nicht erfreut, mit Vorwürfen dieser Art in den Schlagzeilen zu stehen. Demnach forderte es die Stellungnahme ein, die Bystron nun abgeliefert hat. Am Montag soll es ein Gespräch geben.
Was bedeutet das für die Europawahl am 9. Juni?
Zunächst einmal ist es eine gute Nachricht, dass diese Einflussnahme aufgedeckt wurde. Zugleich ist es besorgniserregend, dass Russland derart massiv versucht, Einfluss auf westliche Politiker zu nehmen. Eine Überraschung ist aber auch das nicht. Schon seit Jahren warnen Experten vor russischer Propaganda, Cyberangriffen und weiteren Versuchen, das Vertrauen in die demokratischen Regierungen zu erschüttern.
Russland geht dabei absolut skrupellos vor - Dissidenten werden selbst in Berlin ermordet, es gab eine Cyberattacke auf den Bundestag und mit dem "Fall Lisa" wurden Russlanddeutsche wegen eines angeblich verschwundenen Mädchens auf der Basis falscher Informationen aufgehetzt. Außenministerin Annalena Baerbock sagte am Rande des NATO-Treffens in Brüssel, dabei werde auf Spaltung von Gesellschaften, Desinformation und Fake News gesetzt.
Sollten AfD-Politiker direkt von Russland bezahlt worden sein, würde sie der Skandal direkt betreffen. Das kann ihnen vor der Europawahl nur schaden und dürfte auch ihre Gegner noch stärker mobilisieren. Allerdings brauchen AfD-Politiker keine Bezahlung, um prorussisch zu argumentieren. Das tut die Partei im Bundestag und darüber hinaus seit Jahren. Die Fraktionsspitzen Alice Weidel und Tino Chrupalla reisten Ende 2020 nach Moskau, um mit Außenminister Sergej Lawrow über die deutsch-russischen Beziehungen zu sprechen. Weidel reiste ein paar Monate später nach Moskau, "um den Gesprächsfaden nicht abreißen zu lassen" - mit dabei war auch Bystron.
Auch nach dem Beginn der russischen Invasion vor zwei Jahren in der Ukraine entschuldigten sie das Verhalten des Kreml-Chefs. "Lüge gehört zur Politik", sagte Chrupalla etwa im Februar dieses Jahres dem SWR über Putins Vorgehen. Mit solchen Zitaten erweisen sich die AfD und andere rechtsextreme und rechtsradikale Parteien, die russische Propaganda nachbeten, als nützlich für die Versuche des Kreml, westliche Demokratien zu destabilisieren.
Quelle: ntv.de