"Will heute niemand mehr" EVP-Chef fordert Aus für türkischen EU-Beitritt
29.05.2023, 05:24 Uhr Artikel anhören
Freude bei Erdogans Anhängern in der Wahlnacht.
(Foto: picture alliance / AA)
Ein EU-Beitritt der Türkei ist mit dem Wahlsieg von Präsident Erdogan nicht näher gerückt. EVP-Chef Weber plädiert sogar dafür, die Verhandlungen ganz zu beenden. Statt einer Vollmitgliedschaft solle man sich auf gute Partnerschaft besinnen, meint der CSU-Politiker.
Nach dem Wahlsieg von Amtsinhaber Recep Tayyip Erdogan bei der türkischen Präsidentschaftswahl hat sich der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber, dafür ausgesprochen, den EU-Beitrittsprozess mit der Türkei zu beenden. "Die letzten Jahre haben gezeigt, dass eine enge Partnerschaft wichtig ist, eine Vollmitgliedschaft der Türkei in der EU allerdings niemand mehr will - weder die Türkei noch die EU", sagte der CSU-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
"Diesen Prozess müssen wir zu den Akten legen, weil er bessere Beziehungen mehr blockiert als unterstützt", sagte Weber. Vielmehr sei nun der "richtige Zeitpunkt gekommen für einen generellen Neustart zwischen der EU und der Türkei auf einer realistischen Grundlage". Die Beitrittsverhandlungen waren 2005 formal aufgenommen worden, liegen allerdings seit einigen Jahren auf Eis.
Die EU sei offen für eine "weiter partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen unmittelbaren Nachbarn, die viele gemeinsame Herausforderungen haben", sagte Weber. Die Erwartungshaltung sei aber klar: Erdogan müsse zusammenführen und das Land modernisieren, forderte Weber. Gerade beim Ziel eines Friedens zwischen der Ukraine und Russland, bei der Migrationspolitik oder bei der Zypern-Frage "brauchen wir die Zusammenarbeit", betonte der EVP-Vorsitzende. Konkret forderte Weber, Erdogan solle "nun umgehend der Mitgliedschaft Schwedens in der NATO zustimmen".
Gratulationen aus Brüssel und von Stoltenberg
Die NATO und die Europäische Union gratulierten Erdogan zu seinem Wahlsieg. "Glückwünsche zu Ihrer Wiederwahl, Präsident", erklärte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg auf Twitter. Er freue sich auf die Fortsetzung der Zusammenarbeit und die Vorbereitung des NATO-Gipfels im Juli in Vilnius, fügte Stoltenberg hinzu. Die Türkei blockiert mit Ungarn den Beitritt Schwedens zur NATO. Das Thema steht auf der Tagesordnung des Gipfels.
Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und EU-Ratspräsident Charles Michel gratulierten Erdogan zum Wahlsieg und erklärten, sie freuten sich darauf, den Aufbau der Beziehungen zwischen der EU und der Türkei weiter voranzutreiben. Es sei von "strategischer Bedeutung sowohl für die EU als auch für die Türkei, an einem Ausbau dieser Beziehung zu arbeiten, zum Wohle unserer Völker", ergänzte von der Leyen. Die Beziehungen zwischen Ankara und Brüssel sind schwierig, beim Thema Migration ist die Türkei jedoch ein unverzichtbarer Partner.
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell erklärte in einem Schreiben an Erdogan, die EU sei bereit, zusammen mit der Türkei auf eine konstruktive Beziehung hinzuarbeiten "für unseren gemeinsamen Wohlstand und unsere gemeinsame Stabilität, auf Grundlage von Verpflichtungen zugunsten von Menschenrechten, Rechtsstaatlichkeit, internationalem Recht und der regionalen Stabilität, im Interesse aller unser Bürger".
Quelle: ntv.de, mau/AFP