Politik

ISW sieht beängstigende Rhetorik Greift Russland wieder unter dem Nazi-Vorwand an?

00:00
Diese Audioversion wurde künstlich generiert. Mehr Infos
Russische Soldaten kurz nach dem Beginn der groß angelegten Invasion in der Ukraine Anfang 2022.

Russische Soldaten kurz nach dem Beginn der groß angelegten Invasion in der Ukraine Anfang 2022.

(Foto: imago images/ITAR-TASS)

Das Gedenken an die Folgen der Verbrechen Nazi-Deutschlands durch die Leningrad-Blockade bekommt angesichts der Äußerungen von Politikern in Russland einen faden Beigeschmack. Laut ISW schafft Präsident Putin mit seiner "Nazi"-Rhetorik weiter Vorwände, um auf Konfrontation mit dem Westen zu gehen.

Die haltlosen Vorwürfe Russlands gegenüber der Ukraine, dass dort ein "Nazi-Regime" am Werke sei, das beseitigt werden müsse, sind nicht neu. Die Kreml-Führung spult dieses Narrativ Woche für Woche ab, um den Krieg gegen das Land zu rechtfertigen. Mittlerweile jedoch beschränken sich ähnliche Aussagen immer öfter nicht mehr auf die Ukraine, sondern beziehen sich auch auf andere Staaten. Beim Gedenken an die Blockade Leningrads durch die deutsche Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg wurde das besonders deutlich.

Der russische Präsident Putin nahm zum Beispiel an der Eröffnung eines Denkmals teil - und erneuerte dort laut dem Institut für Kriegsstudien (ISW) nicht nur altbekannte "Nazi"-Vorwürfe gegen die Ukraine, sondern behauptete auch, dass Länder die "Nazi-Ideologie und -Methoden" übernommen hätten. Er verknüpfte diese Behauptung dabei mit einer Reihe von europäischen Staaten, die "Russophobie als staatliche Politik fördern". Putin erklärte, Russland werde "alles tun, um den Nazismus zu unterdrücken und endgültig auszurotten".

Der Direktor des Auslandsgeheimdienstes, Sergej Naryschkin, erklärte laut ISW zudem, dass Russland seinen Kampf gegen aktuelle "Nazi-Anhänger" nicht halbherzig führen werde. Und der Vorsitzende der russischen Staatsduma, Wjatscheslaw Wolodin, behauptete kürzlich in einem Telegram-Beitrag: "Für die Führung der NATO-Länder ist die faschistische Ideologie zur Norm geworden." Gleichzeitig warf er westlichen Staaten vor, einen angeblichen "Völkermord" an Russen in der Ukraine zu unterstützen und warnte vor einem Dritten Weltkrieg.

In einer aktuellen Analyse der US-amerikanischen Kriegsforscher heißt es, Putin habe lange versucht, eine Ideologie für Russland zu konstruieren, "die er nutzen kann, um eine geopolitische Konfrontation mit dem Westen zu unterstützen, die an den Kalten Krieg erinnert". Der russische Präsident könnte demnach die Rhetorik vom Kampf gegen den Nazismus nutzen, um diese Bemühungen zu unterstützen. Das Leningrad-Gedenken war dabei für den Kreml möglicherweise eine willkommene Gelegenheit, um bestimmte Narrative weiter unters Volk zu bringen.

Anschuldigungen gegen Baltische Staaten

Das ISW schreibt: "Der Kreml könnte beschlossen haben, dass die einfache Behauptung, Russland und andere Staaten kämpften gegen eine geopolitische Nazi-Macht, eine wirksamere unmittelbare Erzählung ist als Putins Versuch, russische Bürger und russischsprachige Menschen auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion und des Russischen Reiches mit der Ideologie der 'Russischen Welt' (Russkiy Mir) anzusprechen."

Die Befürchtung, die hinter all dem steht, dürfte klar sein: Die Ukraine könnte nicht das letzte Land gewesen sein, das von Russland unter dem Vorwurf eines angeblichen "Nazi"-Regimes, das die russische Bevölkerung schlecht behandelt, militärisch attackiert wird.

"Putin beschuldigte speziell die baltischen Staaten, den 'Nazismus' übernommen zu haben, wahrscheinlich als Teil der fortgesetzten Bemühungen des Kremls, Informationsbedingungen für zukünftige russische Aggressionen gegen NATO-Mitglieder zu schaffen", analysiert das ISW. Obwohl der russische Präsident nicht ausdrücklich behauptet habe, dass die baltischen Staaten Russen oder russischsprachige Menschen verfolgen, hätten Kremlbeamte den baltischen Regierungen eine "neonazistische" Politik und die Unterdrückung von Russen und russischsprachigen Menschen vorgeworfen.

Quelle: ntv.de, rog

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen