Politik

"Unausweichlich" Huber erwartet Seehofers Rücktritt

Geht er, geht er nicht? Noch ist die politische Zukunft Seehofers offen.

Geht er, geht er nicht? Noch ist die politische Zukunft Seehofers offen.

(Foto: dpa)

Gibt es noch einen Ausweg aus der tiefen Krise der Union? CDU und CSU schließen Kompromisse im Asylstreit zumindest nicht aus. Doch für den früheren CSU-Chef Huber ist klar: Seine Partei braucht eine neue Spitze.

Für CSU-Chef und Bundesinnenminister Horst Seehofer gibt es im Asylstreit mit der CDU nach Ansicht des früheren Parteichefs Erwin Huber keine Alternative zu einem Rücktritt. Dies sei "unausweichlich", sagte Huber dem Bayerischer Rundfunk. "Das heißt die CSU muss sich jetzt auf eine neue Konstellation und Spitze einstellen."

Wie auch Ministerpräsident Markus Söder betonte Huber, dass die CSU trotz aller Diskussionen in der Sache weder das Ende der Fraktionsgemeinschaft mit der CDU noch das der Regierungskoalition anstreben solle. "Wenn es durch die Entscheidung von Horst Seehofer, die ich für unausweichlich halte nach der Vorgeschichte, zu Veränderungen kommt, gefährdet das nicht die Koalition", sagte Huber. Für das geplante Spitzengespräch am Nachmittag in Berlin mit der CDU sieht Huber jedoch wenig Verhandlungsspielraum, da die CSU-Landesgruppe im Bundestag und der CSU-Vorstand Seehofers Masterplan beschlossen haben.

Söder gab sich indes kompromissbereit und betonte die Bereitschaft der CSU dazu. "Wir sind zu Kompromissen bereit, dass muss man ja auch sein in der Politik", sagte Söder in Passau. "Es gibt jetzt bei uns keinen Weg aus der Regierung hinaus oder eine Aufkündigung der Fraktionsgemeinschaft." Denn ein solcher Schritt würde dem Anliegen der CSU nicht "zur Stärke verhelfen, sondern eher schwächen", fügte Söder hinzu.

Auch der frühere CSU-Innenminister Hans-Peter Friedrich kann sich "selbstverständlich einen Kompromiss vorstellen". Im Deutschlandfunk verwies er auf einen Vorschlag Seehofers an Merkel, wonach Asylbewerber aus den Ländern nicht abgewiesen werden könnten, mit denen bilaterale Verhandlungen geführt werden. Bisher gebe es dies aber nur mit Griechenland.

CDU schließt die Reihen

Die CDU schloss indes die Reihen hinter Bundeskanzlerin Angela Merkel, deutete gleichzeitig aber Kompromissbereitschaft an. "Wir wünschen uns eine Einigung auf ein gemeinsames Vorgehen", heißt es in einer von der CDU nach einer etwa eineinhalbstündigen Vorstandssitzung in Berlin verbreiteten Erklärung. CDU-Parteivize Armin Laschet sagte vor der Sitzung, es wäre falsch, "den europäischen Partnern zu signalisieren, wir machen jetzt nationale Alleingänge". Die Position der CDU sei dabei unabhängig von Personen: "unabhängig von Horst Seehofer oder Angela Merkel, weil wir die europäische Lösung wollen", sagte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident weiter.

Unionsfraktionsvize Carsten Linnemann appellierte an Seehofer und Merkel, ihren Streit beizulegen. "Die Abgeordneten erwarten von Merkel und Seehofer, dass sie aufeinander zugehen", sagt er bei n-tv. Sie müssten jetzt zu einem Kompromiss kommen. "Es steht viel auf dem Spiel". In der CDU/CSU-Fraktion eine alle die Sorge vor einem Bruch der Fraktion.

News Spezial

Zum Streit zwischen CDU und CSU gibt es auch bei ein n-tv ein News Spezial "Machtkampf in der Union" um 13.30, 14.30, 16.30 und 17.30 Uhr.

Auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer zeigte sich äußerst besorgt über den Unionsstreit. Die Zuspitzung des Konflikts sei "unverantwortlich", sagt der CDU-Politiker bei n-tv. "Es droht jetzt alles den Bach runterzugehen wegen dieses Streits." Ihm gehe es wie vielen in Deutschland, dass er sich gar nicht mehr so sicher sei, wo eigentlich der Konflikt liege. Schließlich gehe es um ein Detail. "Da wird man doch eine Lösung finden", so Kretschmer. "Den Streit eskalieren zu lassen, ist keine große Kunst." Die Menschen in Deutschland erwarteten, dass sich die Parteien nun wieder aufeinander zubewegten.

Spitzengespräch und Fraktionssitzung

Merkel hat nach eigenen Angaben Zusagen von 14 EU-Ländern, Verwaltungsabkommen über die Rücknahme bei ihnen registrierter Flüchtlinge abzuschließen. Zu diesen Ländern gehören aber nicht Italien und Österreich, die an einer der wichtigsten Flüchtlingsrouten nach Deutschland liegen.

Um 17 Uhr soll es im Berliner Konrad-Adenauer-Haus erneut ein Spitzengespräch von CDU und CSU geben, das auch über das politische Schicksal von Innenminister Seehofer entscheiden soll. Dieser hatte am Sonntag überraschend seinen Rücktritt von beiden Ämtern angekündigt, nach Beratungen der engsten Parteiführung aber später erklärt, seine Entscheidung von einem Einlenken der CDU abhängig zu machen.

Zuvor findet um 14 Uhr eine Sitzung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion statt. Kurzfristig hatte es geheißen, die gemeinsame Sitzung sei abgesagt und es werde wie vor kurzem erneut getrennte Treffen der CDU- sowie der CSU-Abgeordneten geben. Merkel dürfte die Abgeordneten über den letzten Stand im Streit mit Seehofer informieren. Beide Seiten haben wiederholt betont, dass sie an der seit fast 70 Jahren bestehenden Fraktionsgemeinschaft trotz der Auseinandersetzungen festhalten wollen.

Mit Spannung wird erwartet, ob auch Seehofer zu der Sitzung der Bundestagsabgeordneten kommt - und ob eine Abstimmung über den Migrationskurs Merkels beantragt wird. Dies wäre möglich, wenn etwa die CSU-Seite und Merkel-Kritiker in der CDU erwarten würden, dass sie eine Mehrheit gegen die Kanzlerin organisieren könnten.

Lindner wirft CSU Unprofessionalität vor

Derweil machte FDP-Chef Christian Lindner deutlich, dass seine Partei nicht in eine mögliche Koalition eintreten wolle. Er attackierte bei n-tv die CSU scharf. "Über Jahre hat die CSU das alles mitgetragen, was Frau Merkel entschieden hat. Der bayerische Löwe hat gebrüllt, aber nichts hat sich verändert." Die CSU habe die Koalition und sich selbst in eine Sackgasse gebracht. "Ich habe keine Idee, wie man das auflösen kann."

Das Vorgehen der Christsozialen in der Asylfrage hält Lindner für verantwortungslos. "Wir wollen ein europäisches Asylsystem, die Kontrolle der Außengrenzen. Wir möchten auf keinen Fall wieder Schlagbäume und Grenzkontrollen im inneren Europa. (…) Wir wissen, dass möglicherweise (…) das alte Recht inklusive Zurückweisungen erst wieder in Kraft gesetzt werden muss. (…)", so der FDP-Vorsitzende. Er warf der CSU Unprofessionalität vor, die ihr jetzt auf die Füße falle.

Quelle: ntv.de, wne/dpa/AFP

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