Warten auf reguläre Truppen? ISW: Wagner-Söldner pausieren wohl bei Bachmut
10.03.2023, 07:54 Uhr
Ein Standbild aus einem Video zeigt offenbar Wagner-Kämpfer auf dem Dach eines Gebäudes in Bachmut.
(Foto: via REUTERS)
Wie geht es weiter in Bachmut? Das Institut für Kriegsstudien geht davon aus, dass die Wagner-Söldner geschwächt sind und vermutlich auf Verstärkung durch die russische Armee warten. Selbst wenn sie mit vereinten Kräften Bachmut eroberten, könnte die Offensive dann allerdings zu einem Stillstand kommen.
Nach der angeblichen Eroberung des östlichen Teils der seit Monaten umkämpften Stadt Bachmut haben die Kämpfer der Söldnertruppe Wagner laut dem Institut für Kriegsstudien (ISW) möglicherweise eine "taktische Pause" eingelegt. Seitdem der Chef der Gruppe, Jewgeni Prigoschin, die Einnahme verkündete, habe es keine Berichte über offensive Operationen seiner Kämpfer aus dem Ostteil der Stadt in Richtung Zentrum gegeben. Das ISW geht deswegen davon aus, dass die geschwächten Söldner abwarten, bis genügend Verstärkung durch konventionelle russische Truppen eingetroffen ist. Es sei unklar, ob die Wagner-Kämpfer ihr operatives Übergewicht bei künftigen Offensiven in der Stadt dann noch beibehalten würden. Womöglich geben die regulären Streitkräfte in Zukunft mehr den Ton an.
Eine offizielle Bestätigung von ukrainischer Seite für einen Rückzug aus Ost-Bachmut gibt es bislang nicht. Die Söldnertruppe Wagner soll seit Beginn der Invasion Zehntausende Kämpfer verloren haben und stark geschwächt sein. Zeitweise durfte Prigoschin russische Häftlinge für seine Einheiten mobilisieren und soll diese bei Frontalangriffen auf die ukrainischen Verteidigungslinien bei Bachmut regelrecht verheizt haben. Nach einer Weile übernahm jedoch der russische Staat die Rekrutierung von Gefangenen. Unter anderem deswegen gibt es zwischen dem Wagner-Chef und den Militär-Eliten Spannungen. Prigoschin griff die russische Führung in den vergangenen Monaten mehrmals verbal in der Öffentlichkeit an, klagte über ausbleibende Munitionslieferungen und drohte mit dem Rückzug seiner Truppen. Dem Kreml soll das Machtstreben des Wagner-Chefs missfallen.
"Die Ankunft einer größeren Anzahl konventioneller russischer Truppen in dem Gebiet könnte darauf hindeuten, dass die russischen Streitkräfte beabsichtigen, den möglichen Höhepunkt von Wagners Offensivoperationen in Bachmut mit neuen konventionellen Truppen auszugleichen", schreibt das ISW. Die Söldner seien nach neun Monaten mit zermürbenden Frontalangriffen "wahrscheinlich nicht darauf vorbereitet, eine Überquerung des Flusses Bachmutka in das Stadtzentrum von Bachmut durchzuführen". Serhiy Cherevaty, der Sprecher der östlichen ukrainischen Truppen, sagte, dass eine zunehmende Anzahl nicht näher bezeichneter russischer Luftlande- und mechanisierter Verstärkungen kürzlich in Bachmut eingetroffen sei.
Eroberung von Bachmut könnte vorläufiger Höhepunkt sein
Möglich ist, dass die Söldner eine vorübergehende taktische Pause einlegen, um anschließend gemeinsam mit der russischen Armee das Zentrum von Bachmut zu attackieren. Doch selbst wenn das erfolgreich sein sollte, geht das ISW davon aus, dass die russischen Streitkräfte nicht in der Lage wären, die Einnahme zu nutzen, um danach weiter durchzubrechen. Es gebe keine Anzeichen dafür, dass Russland über die nötigen Kapazitäten dafür verfüge. Alle russischen Einheiten im Donbass seien bereits in Offensivoperationen verwickelt, einschließlich der Luftlandeeinheiten in Bachmut. Eine mögliche Eroberung der Stadt könnte somit den vorläufigen Höhepunkt der russischen Offensive darstellen.
Die ukrainische Seite hatte zuletzt angekündigt, Bachmut weiter zu verteidigen und ihre Stellungen zu verstärken. Als Begründung wurden unter anderem die hohen Verluste genannt, die man der russischen Seite dort zufüge. Präsident Selenskyj warnte zudem davor, dass die russischen Truppen nach einer Eroberung von Bachmut im Donbass weiter durchbrechen und "freie Bahn" bekommen könnten.
Quelle: ntv.de, rog