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Treffen ergebnislos abgebrochen Länder beißen beim Bund in Flüchtlingsfrage auf Granit

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Die Länder wollen mehr Geld für die Unterbringung der Geflüchteten - der Bund mauert derzeit.

Die Länder wollen mehr Geld für die Unterbringung der Geflüchteten - der Bund mauert derzeit.

(Foto: picture alliance / Winfried Rothermel)

Länder und Kommunen ächzen unter den aus ihrer Sicht zu hohen Flüchtlingszahlen und damit verbundenen Kosten. Vom Bund fordern sie mehr Geld für Unterbringung und Integration. Doch das Finanzministerium hält sich zurück. Offenbar ist für 2024 sogar eine Kürzung der Zuwendungen geplant.

Das Ringen um einen parteiübergreifenden Deutschland-Pakt zum Thema Migration wird durch einen erbitterten Bund-Länder-Streit über Finanzen belastet: Die Arbeit der Bund-Länder-Arbeitsgruppe über die Finanzierung der Kosten für die Aufnahme und Versorgung von Geflüchteten wurde ohne Ergebnis abgebrochen. Der Grund: Die Länder empörten sich, dass ihnen der Bund zu wenig Geld anbot. Das Finanzministerium bestätigte, dass das Treffen auf Fachebene ergebnislos endete. Damit droht, dass es vor den geplanten Beratungen zwischen den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten und dem Bundeskanzler am 6. November keine Verständigung mehr gibt. "Der Bund ist weiter gesprächsbereit", sagte ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums.

Am Wochenende hatte es in der Migrationspolitik eine Annäherung der Positionen zwischen der Ampel-Regierung und der oppositionellen Union gegeben. Bundesinnenministerin Nancy Faeser hatte sich grundsätzlich bereiterklärt, punktuell stationäre Grenzkontrollen auch an der Grenze zu Polen und Tschechien einzurichten. Kanzler Olaf Scholz wiederum hatte für einen entschlosseneren Kurs bei Abschiebungen geworben.

CSU-Chef Markus Söder warf der Bundesregierung vor, dass ein Engagement Deutschlands, "was Rückführungen betrifft, überhaupt nicht erkennbar" sei. Man müsste mit Ländern im Maghreb oder mit der Türkei Verträge abschließen. Der Bund wiederum macht den für Abschiebungen Ländern Vorhaltungen, das Thema nicht entschlossen genug anzugehen.

Länder wollen Kopfpauschalen

Dieser Kurs ist aber in der Ampel-Regierung aus SPD, Grünen und FDP umstritten. "Diese Grenzkontrollen an den Grenzposten machen keinen Sinn, weil die irreguläre Migration ja nicht darüber kommt in erster Linie", sagte Grünen-Co-Parteichef Omid Nouripour in Berlin. "Sie kommt ja zwischen den Grenzposten." Mobile Kontrollteams wären deshalb wichtiger. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte in Berlin, stationäre Grenzkontrollen müssten immer zeitlich befristet werden. Faeser habe bereits mit ihrem tschechischen Amtskollegen gesprochen. Mit Polen werde dieses noch folgen.

Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte, die Regierung unterstütze die Kommunen. Weitere Maßnahmen dazu würden bei einem Bund-Länder-Treffen im November besprochen. Genau dieses könnte nun durch den Finanzierungsstreit überschattet werden. Denn wegen der stark steigenden Zahlen an ankommenden Migranten und Geflüchteten pochen die 16 Bundesländer seit dem Frühjahr auf mehr Geld vom Bund. Am liebsten hätten sie die Rückkehr zu einem System von Kopfpauschalen, bei dem die Zahlungen des Bundes sich an der Zahl der Abkommenden orientieren würde. Bundeskanzler Scholz hatte den Regierungschefs der Länder im Mai eine Überarbeitung der Finanzierung in Aussicht gestellt.

Bund will Zuwendungen kürzen

Nun aber habe die Bundesregierung den Ländern allerdings eine deutliche Reduzierung der Bundeshilfen für die Kosten im Jahr 2024 angekündigt, hieß es in Teilnehmerkreisen. In einer Videoschalte sei den Ländern gesagt worden, dass der Bund ihnen und den Kommunen statt mit 3,75 Milliarden Euro wie 2023 im kommenden Jahr nur noch mit maximal 1,7 Milliarden Euro helfen wolle. Dies sei angesichts der steigenden Zahl von Geflüchteten und der Belastungen in den Kommunen bei den Ländern auf großes Unverständnis gestoßen und als inakzeptabel bewertet worden.

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Auch an den Kosten für diejenigen Flüchtlinge, die sich bereits seit längerem in Deutschland befinden, wolle sich der Bund künftig erheblich weniger beteiligen, hieß es. So soll die Beteiligung des Bundes an den Kosten von Ländern, Städten und Gemeinden für die Integration, Beschulung und Betreuung von Geflüchteten aus der Ukraine entfallen. Der Sprecher des Finanzministeriums betonte, dass "im Kern die Länder für die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen zuständig sind". Der Bund sei sich aber der gesamtstaatlichen Dimension bewusst.

In Länderkreisen wurde gewarnt, dass der vom Kanzler angebotene parteiübergreifende Deutschland-Pakt, der auch das Thema Migration umfasst, ohne eine tragfähige Lösung bei den Finanzierungsfragen nicht denkbar sei.

Quelle: ntv.de, jwu/rts

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