Kein Schutz für säumige Zahler? NATO-Generalsekretär verärgert über Trump
11.02.2024, 16:00 Uhr Artikel anhören
Trump bei einem Wahlkampfauftritt in South Carolina.
(Foto: REUTERS)
Schon vor einer möglichen Wiederwahl ruft der ehemalige US-Präsident Trump Besorgnis hervor - diesmal mit seiner Androhung, säumigen NATO-Mitgliedern den Beistand zu verwehren. NATO-Generalsekretär Stoltenberg sieht ein erhöhtes Risiko für Soldaten, auch die EU ist empört.
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat die Äußerungen des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump, im Falle einer Wiederwahl säumige NATO-Bündnispartner nicht zu verteidigen, scharf kritisiert. "Jede Andeutung, dass Verbündete sich nicht verteidigen werden, untergräbt unsere gesamte Sicherheit, einschließlich die der Vereinigten Staaten, und setzt US-Soldaten und europäische Soldaten einem erhöhten Risiko aus", erklärte Stoltenberg in Brüssel.
Die EU und Polen kritisierten Trumps Aussage ebenfalls. Eine explizite Stellungnahme der Bundesregierung lag zunächst nicht vor. Das Auswärtige Amt schrieb auf Englisch auf der Plattform X, ohne auf Trump Bezug zu nehmen, das Credo der NATO "Einer für alle und alle für einen" schaffe Sicherheit für mehr als 950 Millionen Menschen.
Trump hatte am Samstag in South Carolina bei einem Wahlkampfauftritt nach eigener Darstellung aus einem Gespräch mit NATO-Verbündeten zitiert. Demnach hatte der Präsident "eines großen Landes", das er nicht namentlich nannte, ihn gefragt, ob die USA es noch vor einem russischen Angriff schützen würden, wenn sie nicht ausreichend den NATO-Verpflichtungen beim Haushalt nachkämen. "Ich sagte: 'Sie haben nicht gezahlt? Sie sind säumig?'", erklärte Trump. "Er sagte: 'Ja, nehmen wir an, das passiert.' Nein, ich würde Sie nicht beschützen." Unter Hinweis auf Russland sagte Trump weiter: "Ich würde sie sogar ermutigen, zu tun, was sie wollen. Sie müssen zahlen."
EU-Kommissar Thierry Breton sagte dem Sender LCI, Trumps Haltung sei nicht neu. "Vielleicht hat er Gedächtnisprobleme", kommentierte er die Aussagen des 77-jährigen Ex-Präsidenten. "Tatsächlich war es eine weibliche Präsidentin, nicht eines Landes, sondern der EU", sagte Breton und bezog sich dabei auf die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Breton hatte im Januar selbst von einem Treffen 2020 in Davos zwischen Trump und von der Leyen berichtet. Dabei zitierte er Trump unter anderem mit den Worten: "'Übrigens, die NATO ist tot, und wir werden sie verlassen, wir werden aus der NATO austreten.'"
Grüne: Trump als "Belastung" für das Bündnis
Die sicherheitspolitische Sprecherin der Grünen, Sara Nanni, sagte dem "Handelsblatt", Trump sei erratisch. "Das machte ihn schon während seiner Präsidentschaft für das Bündnis zur Belastung." Der FDP-Verteidigungsexperte Marcus Faber sagte der Zeitung, Trump werde zunehmend zu einem Risiko für die Sicherheit Deutschlands. "Wir müssen uns schon jetzt auf jeden Wahlausgang im November vorbereiten", erklärte er. "Das heißt konkret, unsere Unabhängigkeit in der Rüstungsindustrie zu vergrößern." Der polnische Verteidigungsminister Wladyslaw Kosiniak-Kamysz schrieb auf X, kein Wahlkampf könne als Entschuldigung herhalten, mit der Sicherheit des Bündnisses zu spielen.
Das US-Präsidialamt kritisiert Trumps Aussagen in South Carolina am Samstagabend ebenfalls. "Invasionen unserer engsten Verbündeten durch mörderische Regime zu ermutigen, ist entsetzlich und verstörend - und es gefährdet die nationale Sicherheit der USA, die globale Sicherheit und die Stabilität unserer heimischen Wirtschaft", sagte ein Sprecher von Präsident Joe Biden.
Trump ist der mit Abstand führende Bewerber für die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner. Er dürfte bei der Wahl Anfang November gegen den Demokraten Biden antreten. Umfragen zufolge liegen sie faktisch gleichauf. Das Alter der beiden Männer - Biden ist 81 Jahre alt - und ihre geistige Befähigung zum Amt spielen im Wahlkampf eine zunehmende Rolle.
Quelle: ntv.de, ghö/rts/AFP