Politik

Der Kriegstag im Überblick Ukraine sieht Front-Patt - Türkei: russisch-ukrainische Einigung in Sicht

Um das unweit der belarussischen Grenze liegende Tschernihiw wird bereits seit Tagen gekämpft, hier eine Luftaufnahme vom Freitag.

Um das unweit der belarussischen Grenze liegende Tschernihiw wird bereits seit Tagen gekämpft, hier eine Luftaufnahme vom Freitag.

(Foto: AP)

Während um Mariupol und auch um die nordukrainische Stadt Tschernihiw schwer gekämpft wird, sieht die Ukraine die Frontlinien zwischen ihren und russischen Streitkräften vielerorts "praktisch eingefroren". Die diplomatisch involvierte Türkei meldet Hoffnungsvolles. Der 25. Kriegstag im Überblick.

Schlachten um Mariupol und Tschernihiw

Die Ukraine hat Russland erneut den massiven Beschuss von Zivilisten vorgeworfen, vor allem in der strategisch wichtigen Hafenstadt Mariupol. Die Angreifer hätten dort ein Schulgebäude beschossen, in dem mehrere hundert Menschen Zuflucht gefunden hatten, erklärte die Stadtverwaltung. Behördenvertreter in Mariupol berichteten zudem vom zwangsweisen Abtransport von Einwohnern nach Russland. Mariupol wird seit Wochen von Russland belagert.

Auch um die nordukrainische Stadt Tschernihiw gibt es nach Militärangaben aus Kiew weiter schwere Gefechte. "Tschernihiw wird verteidigt", teilte die ukrainische Armee mit. Die Stadt nahe der Grenze zu Belarus werde beschossen. Es gebe keinen Strom und keine Heizung mehr. Viele Einwohner seien ohne Gas. Dagegen sei die Nacht rund um die Hauptstadt Kiew vergleichsweise ruhig verlaufen. Der "Feind" errichte Befestigungsanlagen.

Front "eingefroren"?

Einer der ukrainischen Präsidentenberater, Oleksij Arestowytsch, sieht unterdessen zwischen den eigenen und den russischen Streitkräften vielerorts eine Art Pattsituation. Die Frontlinien seien "praktisch eingefroren". Russland verfüge nicht über genügend Kampfkraft, um weiter vorzurücken, sagte der für Wolodymyr Selenskyjs Büro arbeitende Berater in einer Videoansprache.

Die russische Armee vermeldete hingegen Anderes, nämlich einen Erfolg beim Vorrücken - und das an einer vermutlich wichtigen Stelle. Putins Armee kam demnach im Osten der Ukraine zwölf Kilometer voran. Die Grenze der Siedlung Nikolske nordwestlich der Stadt Mariupol sei erreicht worden, erklärte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, der Agentur Interfax zufolge. Von ukrainischer Seite gab es dazu keine Angaben.

"Im Moment ist ein Stellungskrieg erkennbar", analysierte der Politikwissenschaftler Markus Kaim im Interview mit ntv noch am Morgen die Gesamtlage. Es sei kein richtiger Vormarsch russischer Truppen erkennbar. Der ehemalige Leiter des britischen Militärnachrichtendienstes sieht es ähnlich. Luftmarschall Philip Osborn sieht die russischen Streitkräfte "ziemlich demoralisiert, ziemlich festgefahren und ziemlich blockiert." Er sagte dem Sender Sky News, dass die russischen Truppen nun feststecken, weil sie "an Schwung verloren haben".

Türkei macht Hoffnung auf Einigung zwischen der Ukraine und Russland

Schwung könnte es aber an anderer Stelle gegeben haben, zumindest wenn man auf ein Statement des türkischen Außenministers Mevlüt Cavusoglu hört: nämlich am Verhandlungstisch. "Natürlich ist es nicht einfach, während der Krieg tobt, aber wir glauben, dass es vorangeht", sagte der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu. "Wir sehen, dass die Parteien kurz vor einer Einigung stehen." Das NATO-Mitglied Türkei steht demnach in Kontakt mit den Verhandlungsteams der beiden Länder. Cavusoglu lehnte es jedoch ab, Einzelheiten über die Gespräche preiszugeben, da die Türkei "eine ehrliche Vermittlerrolle" spiele. Ankara unterhält gute Beziehungen zu beiden Seiten und gilt als tief involvierter Vermittler.

Der ukrainische Präsident Selenskyj bekräftigte in einem vom US-Nachrichtensender CNN ausgestrahlten Interview, dass er "zu Verhandlungen" mit dem russischen Staatschef Wladimir Putin bereit sei.

Russland führt zweiten Dolch-Schlag aus

Ungeachtet dessen haben die russischen Streitkräfte ihre neuartige Hyperschall-Rakete mittlerweile ein zweites Mal in der Ukraine eingesetzt. Mit Raketen des Typs "Kinschal" (Dolch) sei ein Lager für Treib- und Schmierstoffe der ukrainischen Streitkräfte in der Region Mykolajiw angegriffen worden, so das russische Verteidigungsministerium. Das neuartige Waffensystem war am Freitag erstmals zum Einsatz gekommen. Während es um die hyperschnellen und gleichzeitig bis zu einem gewissen Grad manövrierbaren Raketen in den vergangenen Jahren quasi ein Wettrüsten gab, sieht der US-Verteidigungsminister Lloyd Austin sie nach dem erstmaligen Einsatz durch die Russen in einem wirklichen Kriegsgeschehen jedoch "nicht als Game-Changer", wie aus seinem Interview mit dem TV-Sender CBS hervorgeht.

Einen Verlust mussten die russischen Streitkräfte erneut in ihren obersten Rängen hinnehmen. Der stellvertretende Befehlshaber der russischen Schwarzmeerflotte, Andrej Palij, ist tot. Entsprechende Berichte von ukrainischer Seite bestätigen inzwischen russische Medien unter Berufung auf offizielle Quellen aus der Stadt Sewastopol. Den Angaben zufolge wurde Palij 51 Jahre alt. Er ist der erste hohe Marineoffizier, der im Krieg ums Leben gekommen sein soll. Er wurde demnach in der Nähe von Mariupol erschossen. Genauere Details zu seinem Tod sind bislang nicht bekannt.

Weitere Artikel zum Ukraine-Krieg

Alle weiteren Entwicklungen des Tages können Sie in unserem Liveticker zum Ukraine-Krieg nachlesen.

Quelle: ntv.de, mpe/AFP/dpa/rts

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen