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Nach dem Höcke-Prozess Die Entzauberung kann gelingen

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Demo vor dem Gerichtsgebäude in Halle.

Demo vor dem Gerichtsgebäude in Halle.

(Foto: IMAGO/dts Nachrichtenagentur)

Harte Höcke-Fans wird das Urteil von Halle nicht überzeugen, dass der AfD-Politiker eine Gefahr für die Freiheit ist - nicht nur in Thüringen, auch darüber hinaus. Aber es gibt ja noch die anderen.

Für überzeugte Anhänger des Thüringer AfD-Chefs Björn Höcke wird die Sache klar sein: ein politischer Prozess, ein politisches Urteil, die Meinungsfreiheit wird unterdrückt, Deutschland ist kein Rechtsstaat und keine Demokratie mehr. Aber bei allen anderen kann das Urteil einen Denkprozess auslösen.

Im Prozess in Halle, in dem am Dienstag das Urteil gesprochen wurde, schlugen auch Höckes Anwälte in die Kerbe der harten Höcke-Fans. Sie stellten das Verfahren als gegen die Meinungsfreiheit gerichtet dar und leugneten das Offensichtliche: Ein Politiker mit einer langen Geschichte der Nähe zu Neonazis, dem sogar der AfD-Bundesvorstand 2017 eine "Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus" bescheinigte, soll eine SA-Parole verwendet haben, ohne dies zu wissen? Das ist einfach nicht wahrscheinlich.

Es ging in diesem Prozess auch um Politik, aber "politisch" war er nicht. Es wurde schlicht Recht gesprochen. Das Strafgesetzbuch verbietet das Verbreiten und Verwenden von Propagandamitteln und Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen, und genau das hat Höcke getan. Geradezu zwanghaft hat er noch jüngst am 1. Mai, zwischen dem zweiten und dem dritten Prozesstag des aktuellen Verfahrens, sein Publikum animiert, den Slogan zu verwenden, der ihn vor Gericht gebracht hat. Es war bereits das zweite Mal.

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Politische Folgen könnte der Prozess allerdings haben, und das ist eine gute Nachricht. Das Verfahren hat deutlich gemacht, dass Höcke sich, auch wenn er dies abstreitet, immer und immer wieder positiv auf den Nationalsozialismus bezieht. Höcke stellt sich, wie alle Populisten, als wahrer Demokrat dar. Aber Höcke hat die Grenze zwischen Populismus und Rechtsextremismus längst überschritten. Er steht so weit rechtsaußen, dass er eine Gefahr für die Freiheit ist, die er zu verteidigen vorgibt. Das gilt nicht nur für Thüringen, wo er Ministerpräsident werden will, sondern bundesweit, denn Höcke ist nach wie vor der zentrale Strippenzieher in der AfD.

Die gute Nachricht ist: Die Entzauberung kann gelingen, das hat der Prozess, so mühsam und kleinteilig dort argumentiert wurde, deutlich gemacht. Und die AfD insgesamt? Sie weiß es längst, aber gestern wurde es erneut klar: Mit Leuten wie Höcke an den Schalthebeln der innerparteilichen Macht wird sie auf absehbare Zeit mehr mit dem Verfassungsschutz und Gerichten zu tun haben als mit Regierungsbeteiligungen.

Quelle: ntv.de

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