Haftantrag gegen Netanjahu Recht gilt auch dann, wenn es einem nicht gefällt


Khans Ankündigung am Montag richtete sich zwar auch gegen die Hamas, war zugleich jedoch ein weiterer PR-Coup für die Terrorgruppe.
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Der Haftantrag gegen den israelischen Ministerpräsidenten Netanjahu ist eine Täter-Opfer-Umkehr, da hat CDU-Chef Merz völlig recht. Und doch ist es richtig, dass die Bundesregierung sich an die Regeln halten will.
Es gibt viele gute Gründe, das Vorgehen des Chefanklägers beim Internationalen Strafgerichtshof für falsch zu halten. Der britische Jurist Karim Khan hat einen Haftbefehl gegen den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu beantragt, außerdem gegen den israelischen Verteidigungsminister sowie gegen drei Hamas-Anführer, darunter Jihia al-Sinwar, Chef der Terrorgruppe im Gazastreifen. Khan suggeriert damit, die israelische Regierung stehe auf einer Stufe mit Terroristen. Das tut sie selbstverständlich nicht.
Khan will die israelischen Politiker unter anderem wegen des Aushungerns von Zivilisten als Methode der Kriegsführung angeklagt sehen. Doch sein Vorgehen ist zunächst mal ein weiterer Erfolg für die Hamas. Es gießt Öl ins Feuer verstrahlter Israel-Hasser - etwa jener, die aktuell Räume der Berliner Humboldt-Universität besetzt halten und einen "vollständigen akademischen und kulturellen Boykott Israels" fordern. Vermutlich kann sich keiner der Teilnehmer an diesem "Studierendenwiderstand" daran erinnern, was am 7. Oktober passiert ist. Oder was das erklärte Ziel der Hamas ist.
Zur Erinnerung: Die Hamas will Israel beseitigen. Am 7. Oktober hat sie das Land überfallen, 1200 Menschen auf bestialische Art und Weise ermordet, 252 als Geiseln verschleppt. So etwas ist gemeint, wenn irgendwo "From the river to the sea" skandiert wird. Es sei denn, die Skandierenden wissen nicht, was sie da nachfaseln.
CDU-Chef Friedrich Merz hat deshalb völlig recht: "Schon die Beantragung des Haftbefehls zugleich gegen Premier Netanjahu und Hamas-Führer Sinwar ist eine absurde Täter-Opfer-Umkehr", sagte Merz der "Bild"-Zeitung. Man kann das Vorgehen Israels gegen die Hamas überzogen, dumm und verwerflich finden. Aber es gibt einen fundamentalen Unterschied zwischen einer demokratisch gewählten Regierung und fanatischen Terroristen, deren Ziel es von Anfang an war, dass so viele palästinensische Zivilisten wie möglich sterben. Das zynische Kalkül dahinter lautet: Je mehr Palästinenser sterben, desto besser ist es für die Hamas.
Nur: Das Recht ist kein Kuchen, aus dem man sich die Rosinen herauspicken kann. Recht gilt auch dann, wenn es einem nicht gefällt - wenn es unangenehm wird oder man eine Entscheidung für falsch hält. Deutschland und Europa betonen bei internationalen Konflikten immer die Bedeutung der regelbasierten Ordnung. Die Bundesrepublik ist Mitglied des Internationalen Strafgerichtshofs. Will sie seine Autorität nicht untergraben, kann sie sich nicht aussuchen, welche seiner Beschlüsse sie anerkennt und welche nicht.
Die von Merz ebenfalls kritisierte Aussage des Regierungssprechers, man werde sich an Recht und Gesetz halten, ist deshalb nur schwer zu beanstanden. Und wenn doch, dann bitte nicht mit einer Debatte darüber, ob ein noch gar nicht ausgestellter Haftbefehl gegen Netanjahu umzusetzen sei. Sondern mit einer Debatte über den Internationalen Strafgerichtshof.
Quelle: ntv.de