Politik

Haftbefehl gegen Netanjahu Merz skandalisiert Andeutung des Kanzler-Sprechers

00:00
Diese Audioversion wurde künstlich generiert. Mehr Infos
Merz will von Scholz ein Bekenntnis, dass ein Haftbefehl gegen Netanjahu in Deutschland auf keinen Fall vollstreckt würde.

Merz will von Scholz ein Bekenntnis, dass ein Haftbefehl gegen Netanjahu in Deutschland auf keinen Fall vollstreckt würde.

(Foto: picture alliance / BeckerBredel)

Die Frage der Umsetzung eines möglichen Haftbefehls des Internationalen Strafgerichtshof gegen Israels Premier Netanjahu löst eine scharfe Debatte aus. CDU-Chef Merz übt harsche Kritik an der Haltung der Bundesregierung. Vor allem Regierungssprecher Hebestreit nimmt er aufs Korn.

CDU-Chef Friedrich Merz hat das Vorgehen des Chefanklägers am Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) gegen Israel sowie die Reaktion der Bundesregierung darauf scharf kritisiert. Die gleichzeitige Beantragung von Haftbefehlen gegen Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu und die Führung der radikalislamischen Hamas sei "eine absurde Täter-Opfer-Umkehr", sagte Merz der "Bild"-Zeitung. "Aber das Schweigen der Bundesregierung bis hin zur Andeutung des Regierungssprechers, dass Netanjahu auf deutschem Boden verhaftet werden könnte, wird nun wirklich zum Skandal."

Regierungssprecher Steffen Hebestreit hatte zuvor auf die Frage, ob sich Deutschland an Entscheidungen des Strafgerichtshofs halten werde, geantwortet: "Ja, wir halten uns an Recht und Gesetz." Deutschland sei "grundsätzlich" ein Unterstützter des IStGH und dabei bleibe es. Es gehe aber um eine hypothetische Frage, zumal der Strafgerichtshof nicht einmal entschieden habe, ob er dem Antrag des Chefanklägers Karim Khan überhaupt folgt.

Auf die Frage nach der Forderung der israelischen Regierung, dass Regierungen der "zivilisierten Welt" jetzt erklären sollten, einen möglichen Haftbefehl auf keinen Fall zu vollstrecken, wich der Regierungssprecher aus. Außenministerin Annalena Baerbock hatte der "Bild" ebenfalls in allgemeiner Form gesagt: "Wir schätzen die Unabhängigkeit von Gerichten. Wir können uns doch nicht aussuchen: Heute gefällt uns ein Gericht und morgen nicht."

"Natürlich kann man und muss man jetzt auch die israelische Regierung kritisieren", sagte Merz. "Aber der Internationale Strafgerichtshof ist eingerichtet worden, um Despoten und autoritäre Staatsführer zur Rechenschaft zu ziehen, nicht um demokratisch gewählte Regierungsmitglieder festzunehmen." Der CDU-Chef forderte eine Stellungnahme von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD): "Was ist eigentlich die vielbeschworene Solidarität zu Israel noch wert, wenn sich der deutsche Regierungssprecher zu solchen Aussagen hinreißen lässt? Und ist das auch die Meinung des Bundeskanzlers?".

Bundesregierung droht politisches Dilemma

IStGH-Ankläger Karim Khan hatte am Montag wegen mutmaßlicher Verbrechen gegen die Menschlichkeit und mutmaßlicher Kriegsverbrechen Haftbefehle gegen Netanjahu und seinen Verteidigungsminister Yoav Gallant sowie gegen die Anführer der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas beantragt.

Mehr zum Thema

Israel reagierte empört darauf. Auch die USA kritisierten das Vorgehen des IStGH-Chefanklägers gegen Netanjahu und Gallant. Das Auswärtige Amt erklärte, die gleichzeitige Beantragung von Haftbefehlen gegen Anführer der Hamas und Regierungsvertreter Israels erwecke den "unzutreffenden Eindruck einer Gleichsetzung".

Deutschland ist anders als die USA, Russland oder Israel Unterzeichnerstaat des IStGH und hat internationale Organisationen und Gerichte immer gefördert. Deshalb gilt es in Regierungskreisen als sehr schwierig, einen bestehenden Haftbefehl nicht zu vollstrecken, sollte Netanjahu nach Deutschland reisen. Andererseits gilt die Verhaftung eines israelischen Regierungschefs wegen der deutschen Verantwortung für den Holocaust als extrem heikel.

Quelle: ntv.de, gut/AFP/rts

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen