"Würde uns in Dilemma bringen" Pistorius warnt vor Haftbefehl gegen Netanjahu
21.05.2024, 23:22 Uhr Artikel anhören
Pistorius nimmt am Dienstag einen Eurofighter der Luftwaffe in Lettland in Augenschein.
(Foto: picture alliance/dpa)
Noch ist ungewiss, ob der Internationale Strafgerichtshof wirklich einen Haftbefehl gegen Israels Premier Netanjahu verhängt. Verteidigungsminister Pistorius zeigt wenig Verständnis für den Antrag des Chefanklägers. Das Vorgehen Den Haags stürze die Bundesregierung in ein Dilemma.
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat sich kritisch zum Antrag des Chefanklägers des Internationalen Strafgerichtshofs, Karim Khan, auf Haftbefehle gegen Israels Regierungsspitze geäußert. Khan hatte parallel dazu auch Haftbefehle gegen die Hamas-Führung beantragt. "Ich habe ehrlich gesagt nicht so richtig viel Verständnis dafür, dass hier zwei derartig ungleiche Sachverhalte miteinander gewissermaßen in eine Akte gepackt werden", sagte der SPD-Politiker bei einem Besuch in Litauen.
"Das ist eine Entscheidung, die müssen wir respektieren. Ich halte sie allerdings in der Wirkung nicht für angemessen", sagte Pistorius weiter. Khan hatte am Montag Haftbefehle wegen mutmaßlicher Verbrechen gegen die Menschlichkeit gegen Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu und Verteidigungsminister Joav Galant beantragt. Auch für den Anführer der islamistischen Terrororganisation Hamas im Gazastreifen, dessen Stellvertreter sowie den Auslandschef der Hamas wurden Haftbefehle beantragt.
Pistorius betonte zugleich: "Bisher reden wir über die Beantragung von Haftbefehlen und nicht über deren Erlass." Daher halte er sich zurück mit Spekulationen, wie die Bundesregierung darauf reagieren und damit umgehen würde. "Dass uns das in ein echtes Dilemma bringen würde, liegt, glaube ich, auf der Hand", sagte der Minister.
Mühsame Initiative für Patriots für die Ukraine
Zuvor besuchte Pistorius Lettland und rief andere Verbündete zur Lieferung von Flugabwehrsystemen an die von Russland angegriffene Ukraine auf. "Alle unsere Partner, die Patriot-Systeme oder ähnliche Systeme bereitstellen können, sollten dies so schnell wie möglich tun, da dies für die weitere Entwicklung des Krieges und insbesondere für die Moral, die Sicherheit und die Infrastruktur des Landes von entscheidender Bedeutung ist", sagte der SPD-Politiker.
Angesichts immer neuer russischer Angriffe auf die Großstadt Charkiw im Nordosten der Ukraine hatte Präsident Wolodymyr Selenskyj die Weltgemeinschaft zuletzt um zwei Patriot-Flugabwehrsysteme zum Schutz der dort lebenden Bevölkerung gebeten. Die Ukraine wehrt sich seit zwei Jahren gegen einen russischen Angriffskrieg und ist bei militärischer Ausrüstung weitgehend von westlicher Unterstützung abhängig.
Deutschland hatte zuvor bereits eine Initiative zur schnellen Lieferung von Luftverteidigungssystemen in die Ukraine gestartet. Die Versuche, Patriots bei Partnerländern in Europa oder in Übersee zu beschaffen, haben bislang aber nicht gefruchtet. "Deutschland hat der Ukraine 25 Prozent unserer Patriot-Kapazitäten zur Verfügung gestellt - mehr als jedes andere Land der Welt", sagte Pistorius. Auf die Frage, was er denke, warum die anderen Länder so zögerlich seien, sagte Pistorius: "Ich habe keine Ahnung."
Quelle: ntv.de, mau/dpa