Ratgeber

Ausstieg auf Zeit Wann ein Sabbatical sinnvoll ist

Ist ein Sabbatjahr wirklich das Richtige, um dem Stress zu entkommen?

Ist ein Sabbatjahr wirklich das Richtige, um dem Stress zu entkommen?

(Foto: imago/Westend61)

Einfach Pause machen, für ein paar Monate oder ein ganzes Jahr. Neben dem Berufsleben eine Zeit lang anderen Wünschen nachjagen. Das alles verspricht ein Sabbatical. Doch längst nicht jeder profitiert von der Auszeit. Mancher sollte lieber die Finger davon lassen.

Um die Welt reisen, die Füße in den Sand stecken. Endlich viel Zeit für die Familie haben und ein Jahr lang ausschließlich den Kindern beim Aufwachsen zusehen. Prioritäten überdenken und seine berufliche Situation neu ausrichten. Die spannende Weiterbildung machen und dabei noch die Fremdsprachenkenntnisse aufpolieren. Die Gründe, eine Auszeit vom Beruf zu nehmen, sind vielfältig. Doch längst nicht für jeden Arbeitnehmer ist ein Ausstieg auf Zeit sinnvoll. Und wer sich am Ende dafür entscheidet: Wie dann den Vorgesetzten davon überzeugen?

Am besten geht man beim Entscheidungsprozess für oder gegen ein Sabbatical in zwei Schritten vor: "Als Erstes sollte im Privaten abgeklärt werden: Wird die Entscheidung vom engen Bezugskreis mitgetragen? Oder gibt es sogar die Möglichkeit, dass man eine gemeinsame Auszeit planen kann?", sagt Prof. Dirk Windemuth vom Institut für Arbeit und Gesundheit der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung. Dann sei es wichtig, zu reflektieren, welcher Wunsch wirklich hinter der Auszeit steckt. Ist es ausreichend, ein Jahr raus zu sein oder ist generell eine berufliche Entlastung notwendig? Erst wenn das geklärt ist, lohnt es sich, auf den Arbeitgeber zuzugehen.

In Deutschland gibt es keinen Rechtsanspruch auf ein Sabbatical - außer für eine kleine Zahl an Landesbeamten. Die Auszeit steht und fällt also mit der Zustimmung des Chefs. Sabbaticalcoach Frank Möller empfiehlt Arbeitnehmern, das Gespräch im Vorfeld vom Standpunkt des Chefs aus zu sehen. "Bevor ein Arbeitnehmer in das Gespräch geht, sollte er sich die Frage stellen: Welchen Nutzen, welchen Gewinn hat meine Firma, mich bei einem Sabbatical zu unterstützen?"

Lernen, sich besser vor Überlastung zu schützen

Berufstätige stellen am besten heraus, welche positiven Folgen das Sabbatical für die Zeit nach ihrer Rückkehr hat. Will ein Arbeitnehmer reisen und dabei eine neue Sprache erlernen oder eine Fortbildung machen, ist das ein langfristiger Kompetenzgewinn für das Unternehmen. Nach der Rückkehr bekommt die Firma einen erholten und deshalb leistungsstarken Mitarbeiter zurück. Wichtig ist auch, sich Gedanken darüber zu machen, wie die Aufgaben in der Abwesenheit aufgefangen werden können. Vielleicht kommt jemand aus der Elternzeit zurück, der einspringen kann, oder die Auszeit fällt in eine ohnehin auftragsschwache Zeit.

Aber ist ein Sabbatjahr wirklich das Richtige, um dem Stress zu entkommen? Prof. Martin Rothland lehrt an der Universität Siegen und hat in einer Studie die Auswirkungen des Sabbatjahres ausgewertet. Befragt wurden ausschließlich Lehrer. Die Ergebnisse zeigen: Eine Auszeit wirkt sich sehr positiv auf die Regeneration, die empfundene Beanspruchung und die Gesundheit aus. Ein halbes Jahr nach dem Sabbatjahr ist dieser Effekt allerdings schon wieder verpufft. Daher schlussfolgert er: "Die Vorstellung: Ich reise ganz viel um die Welt und alles gibt sich, ist eine Illusion." Wer von seiner beruflichen Situation sehr gestresst ist, sollte in der Auszeit deshalb systematisch die eigenen beruflichen Fähigkeiten stärken und lernen, sich besser vor Überlastung zu schützen.

Jahr ohne klare Struktur kann auch schaden

Das Sabbatjahr bietet die Möglichkeit, sich auf das Wichtige im Leben zu besinnen und neue Ideen zu entwickeln. Es dient der Erholung, der Ressourcenstärkung und dem Erkennen der eigenen Interessen und Stärken, erklärt Prof. Windemuth. In einigen Fällen sei jedoch klar davon abzuraten: "Es ist wichtig, dass der Wunsch nach einer Auszeit keine Flucht ist: Bin ich emotional immer distanzierter und fühle mich jeden Tag erschöpfter?" Wenn sich nichts an der Arbeitssituation ändert, kommt der Arbeitnehmer nach einem Jahr in die gleiche Situation zurück und hat wieder die gleichen Probleme. Ist jemand an einer Depression erkrankt, könne ein Jahr ohne klare Struktur sogar schaden.

Laut Prof. Windemuth gibt es weitere Gründe dafür, auf das Sabbatical zu verzichten: "Wenn man durch die Auszeit private Probleme bekommt, weil die Familie nicht damit einverstanden ist, sollte man zunächst nach Kompromissen suchen. Die Auszeit muss wohlwollend vom Chef und den Kollegen aufgenommen werden und organisatorisch überhaupt durchführbar sein." In sehr spezialisierten Berufen kann es sehr schwierig sein, die Stelle für ein Jahr mit einer anderen Person zu besetzen.

Wichtig ist natürlich auch, dass Berufstätige ein Sabbatical finanzieren können. Wenn das alles aber stimmt, ist Windemuth überzeugt: "Das Sabbatjahr ist eine wunderbare Chance. Auf jeden Fall ergreifen."

Quelle: ntv.de, Daniela Schumacher, dpa

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