Schwimm-Gold trotz Dopingskandal Gegner empören sich, Sieger Sun weint
22.07.2019, 13:56 Uhr
Gegen Sun Yang wird wegen Dopings ermittelt. Gold gewinnt er trotzdem.
(Foto: imago images / Insidefoto)
Der Chinese Sun Yang gewinnt bei der Schwimm-WM Gold über 400 Meter Freistil. Doch außer ihm freut sich darüber offenbar niemand, denn Sun ist verstrickt in einen Dopingskandal. Nach dem Streik des Zweitplatzierten bei der Siegerehrung ziehen andere nach - allen voran Deutsche.
Nach dem Protest bei der Siegerehrung schlägt der Fall Sun Yang bei der Schwimm-WM weiter Wellen. Jetzt solidarisierte sich der deutsche Athletensprecher Jacob Heidtmann mit dem zweitplatzierten Australier Mack Horton und kritisierte den Start des dopingbelasteten Chinesen. "Dass der hier schwimmt, ist eine Frechheit für alle sauberen Athleten, für jeden, der für den sauberen Sport einsteht. Das ist ein Schlag ins Gesicht", sagte der 24-Jährige: "Ich bin froh, dass endlich mal jemand ein Zeichen gesetzt hat." Dass der unter Druck geratene Schwimm-Weltverband Fina die Aktion ähnlich bewertet, darf bezweifelt werden. Hinter den Kulissen wurde viel mehr über eine mögliche Sanktion gegen Horton beraten.
Der Olympiasieger hatte nach seinem zweiten Platz hinter Sun über 400 Meter Freistil "aus Frust" den Gang aufs Podest, den Handschlag und das Foto aller Medaillengewinner verweigert. "Bei der Siegerehrung sollte man mein Land respektieren", kritisierte Sun. Doch laut Heidtmann, der als 18. im 200-Meter-Vorlauf am Montag 1,16 Sekunden langsamer war als der dreimalige Olympiasieger, sprach Horton mit dem Protest vielen Schwimmern aus der Seele. "Das frisst alle im Team an, und alle sind froh, dass endlich ein Zeichen gesetzt wurde." Auch Südafrikas Ausnahmeschwimmer Chad le Clos solidarisierte sich via Twitter mit Horton: "Es ist großartig zu sehen, dass Menschen eine Haltung einnehmen."
Andere Stars wie Adam Peaty aus Großbritannien und Lilly King aus den USA hatten sich schon vor der WM kritisch über Suns Start geäußert. Heidtmann hofft, "dass der Weltverband einsieht, dass der eigentlich nie wieder auf so einer Bühne stehen darf". Den Namen "Sun Yang" nahm er nicht in den Mund. Dem Chinesen, der 2014 von der Fina nach einem positiven Test nur für drei Monate gesperrt worden war, droht im September eine nachträgliche Strafe. Der Internationale Sportgerichtshof Cas rollt den Fall um eine zerstörte Dopingprobe neu auf. Sun soll einen Angestellten angewiesen haben, einen Hammer zu besorgen, um die Probe zu zertrümmern. Wie die "Süddeutsche Zeitung" berichtet, sollen Suns Mutter und ein bereits einmal wegen Dopings gesperrter Arzt beteiligt gewesen sein.
Lebenslange Sperre droht
Die Fina hatte den dreimaligen Olympiasieger dennoch im Januar freigesprochen. Dagegen hatte die Welt-Anti-Doping-Agentur Wada - "unglaublich und inakzeptabel" - vor dem Cas Einspruch eingelegt. "Mich hat es auch geärgert. Ich darf mich damit eigentlich gar nicht beschäftigen, denn das macht einen fertig", sagte Heidtmann. Freiwasser-Weltmeister Florian Wellbrock, der im 800-Meter-Rennen am Dienstag auf Sun trifft, will das Thema deswegen ausblenden. Die Situation sei zwar "sehr schade", aber im Rennen "ist er ein Wettkampfsportler wie jeder andere auch".
Dass die Diskussionen nicht spurlos an ihm vorbeigehen, bewies Sun nach seinem 400-Meter-Sieg am Sonntag, dem vierten in Folge in dieser Disziplin. Der 27-Jährige musste sich im Gespräch mit chinesischen Journalisten abwenden und gegen die Wand lehnen. Nach einem kurzen Schluchzen drehte sich der knapp zwei Meter große Athlet wieder um und wischte sich mit zitternden Fingern eine Träne aus dem Auge. Doch die Sympathie der Konkurrenten gewann Sun damit nicht zurück. Als Wiederholungstäter droht ihm eine lebenslange Sperre. Das Bedauern in der Schwimmszene würde sich in Grenzen halten.
Quelle: ntv.de, ara/sid