Hary erlebt Weltkriegs-Trauma Ukraine-Krieg erinnert Olympiasieger an "grauenhafte Nazi-Zeit"
19.03.2022, 18:05 Uhr
Armin Hary krönte sich bei den Olympischen Spielen 1960 in Rom zum Doppel-Sieger.
(Foto: imago images/Horstmüller)
Armin Hary ist einer der schnellsten Menschen, die Deutschland je hervorbringt, und läuft sogar eine Weltrekordzeit. Doch als Kind durchlebt er das Grauen der Nazi-Zeit und des Bombenhagels der Alliierten. Nun fürchtet er "einen dritten Weltkrieg" - denn alte Bilder tauchen in seinem Kopf auf.
Der deutsche 100-Meter-Olympiasieger Armin Hary fühlt sich durch die russische Invasion in die Ukraine an traumatische Erlebnisse aus seiner Kindheit erinnert. Die schrecklichen Bilder vom Zweiten Weltkrieg seien wieder in seinem Kopf, sagte Hary, der am Dienstag 85 Jahre wird, in einem Interview der "Welt am Sonntag".
"Ich bin so erschüttert, so traurig, ich kann kaum mit Worten beschreiben, was ich empfinde, wenn von diesem Krieg berichtet wird", sagte der Doppel-Olympiasieger von Rom 1960. "Kopfschüttelnd sitze ich vor dem Fernseher und wünsche mir die Übermenschlichkeit, um mit einem Knopfdruck die Barbarei sofort beenden zu können. Ich befürchte einen dritten Weltkrieg", ergänzte der gebürtige Saarländer, der mit seiner Ehefrau in Bayern lebt. Hary betonte, dass durch die Erinnerung an die "grauenhafte, furchtbare Nazi-Zeit" Menschen sensibilisiert werden könnten.
"Tote lagen auf den Straßen"
Wenn er sehe, wie die Mütter mit ihren Kindern in der Ukraine flüchteten, sehe er sich mit seiner Mutter vor dem Bombenhagel fliehen. "Ich war sieben Jahre, als unsere Wohnung in Saarbrücken ausgebombt wurde. Der Asphalt brannte, Tote lagen auf den Straßen", berichtete Hary. Seine Mutter, sein drei Jahre jüngerer Bruder und er seien daraufhin in Thüringen für ein halbes Jahr auf einem Bauernhof untergekommen. "Auf dem Weg dorthin lag ich stundenlang unter einem Kohlenzug, weil der Bahnhof bombardiert wurde. Es regnete, die schwarze Brühe lief über mich rüber. Es war so eklig, so widerlich."
Nach der Rückkehr ins Saarland am Ende des Krieges habe er sich zwischen großer Armut und scheinbarer Ausweglosigkeit befunden. Der Sport sei das Einzige gewesen, womit er sich aus der Armut habe befreien können. "Ich war ein hungriges Kind. Hungrig nicht nur im wörtlichen Sinne", sagte der einstige Weltrekordhalter über die 100 Meter.
Quelle: ntv.de, dbe/dpa