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Harys Olympiasieg vor 60 Jahren Der "Triumphator von Rom" rennt allen davon

Armin Hary ist der Schnellste - nicht nur in Rom 1960.

Armin Hary ist der Schnellste - nicht nur in Rom 1960.

(Foto: picture alliance / dpa)

Zwei Fehlstarts gibt es am Abend des 1. September 1960 bereits, dann behält Sprinter Armin Hary die Nerven, wartet lange - und rennt als erster ins Ziel. Bis heute ist er der einzige deutsche Olympiasieger über die 100 Meter. Doch so richtig beliebt ist er nie, der Mann, der sich nichts gefallen lassen wollte.

Armin Hary grübelte plötzlich. Der Zehn-Sekunden-Mann, der Weltrekordler, der Supersprinter, der Topfavorit - ihm droht an diesem Abend am 1. September 1960 das Aus. "Noch ein Fehlstart und ich wäre weg gewesen", sagte Hary. Auf einmal sind da die Zweifel, doch Hary weiß, was er kann. Und "geht auf Nummer sicher", rennt erst los, "als die anderen schon gestartet sind". Auch so reicht es für Hary. 10,2 Sekunden, Olympiasieger, Gold für Deutschland über 100 Meter, aus dem "Unbekannten vom Dorf" wird der "Triumphator von Rom".

72 Tage zuvor war Hary in Zürich an einem magischen Abend die wichtigste aller Sprintstrecken als erster Mensch überhaupt in 10,0 Sekunden gerannt - Weltrekord, eine Sensation. Doch für ihn selbst war das Spektakel von Rom sein eigentlicher Identitätsstifter, der Olympiasieg sei für ihn "immer das Größte, das Höchste" gewesen.

Armin Hary (2.v.l.) siegte auch noch mit der Staffel.

Armin Hary (2.v.l.) siegte auch noch mit der Staffel.

(Foto: imago/Horstmüller)

Der US-Amerikaner Dave Sime, der am Ende Silber holte, hatte den ersten Fehlstart verursacht, dann katapultierte sich Hary zu schnell aus dem Block - doch der "blonde Blitz" behielt die Nerven. Und holte sich so die Anerkennung, die ihm so lange verwehrt geblieben war. Der damals 23-Jährige kürte sich als bisher einziger Deutscher zum Olympiasieger über 100 Meter, eine Woche später gewann er auch mit der 4x100-Meter-Staffel. "Ich denke nicht täglich daran, dass ich früher mal ein toller Hecht war", sagte er.

Der "zornige junge Sprinter"

Was heute unvorstellbar klingt: Hary war auf dem Höhepunkt seines Schaffens kein gefeierter Star. Der Sohn eines Bergmanns aus Quierschied wurde stets skeptisch beäugt. Er hatte den unbedingten Willen, sich nach oben zu arbeiten - auf seine Weise. Hary war einer, der aneckte, sich wenig sagen ließ, ungestüm, aufsässig, für die Generation nach dem Krieg war er der deutsche James Dean der Aschenbahn.

Bei den konservativen Funktionären wurde er als Rebell abgestempelt, ein Liebling der Presse war er zunächst auch nicht, wurde sogar einmal als der "zornige junge Sprinter" betitelt. "Zu meiner Zeit war der mündige Athlet noch nicht erfunden", sagte Hary: "Ich habe mir nicht viel gefallen lassen." Nach drei kurzen Sommern, dem Doppel-Gold bei der EM 1958 und einem weiteren aberkannten 10,0-Lauf, dem Weltrekord 1960 und dem Olympia-Triumph von Rom, machte Hary 1961 als 24-Jähriger schon Schluss.

Der, der sich nicht viel gefallen lässt, lässt Taten sprechen.

Der, der sich nicht viel gefallen lässt, lässt Taten sprechen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Nach dem x-ten Ärger mit Funktionären wegen eines Interviews und angeblich falscher Spesenabrechnungen und sicher auch wegen der Knieprobleme in Folge eines Autounfalls. "Es war nicht leicht aufzuhören. Aber sie haben es mir leichter gemacht", sagt Hary. Und: "Ich hatte ja alles erreicht."

Heute engagiert sich der Träger des Bundesverdienstkreuzes am Bande für seine AHA-Stiftung zur kommunalen Förderung jugendlicher Sporttalente aus benachteiligten Familien. Wie er damals eines war. Er sitzt am Telefon oder besucht Unternehmen, um Geld zu sammeln. "Ich bin der größte Bettler Deutschlands", sagte Hary einmal. Und er fährt Fahrrad: "Aber viel geht nicht mehr." Damals, vor 60 Jahren in Rom, ging dafür umso mehr.

Quelle: ntv.de, Kristof Stühm, sid

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