Arzt Schuld an Dopingvergehen? Deutscher Olympiaheld kassiert Mammutstrafe
21.11.2023, 16:29 Uhr
Yannic Seidenberg war über viele Jahre hinweg eine unverzichtbare Säule im DEB-Team.
(Foto: imago images/ActionPictures)
Der frühere Nationalspieler Yannic Seidenberg ist vom Deutschen Sportschiedsgericht für vier Jahre wegen Dopings gesperrt worden. Er kann nun noch vor das Internationale Sportschiedsgericht gehen. Er selbst beteuert seine Unschuld und macht seinen Arzt für die positive Probe verantwortlich.
Der ehemalige Eishockey-Nationalspieler Yannic Seidenberg ist vom Deutschen Sportschiedsgericht wegen eines Doping-Verstoßes für vier Jahre gesperrt worden. Damit folgte das Gericht dem Antrag der Nationalen Anti-Doping-Agentur Deutschland, teilte die Nada mit. Die verhängte Sperre sei unter Anrechnung der vorläufigen Suspendierung rückwirkend ausgesprochen worden und beginne mit dem 14. September 2022.
Alle Wettkampfergebnisse, die im Zeitraum vom 19. Januar bis zum 14. September 2022 erzielt wurden, werden mit allen daraus entstehenden Konsequenzen, einschließlich der Aberkennung von Medaillen, Punkten und Preisen annulliert, hieß es in der Mitteilung. Außerdem müsse der Sportler die Kosten des Verfahrens tragen. Seidenberg hat 173 Länderspiele absolviert und wurde dreimal Deutscher Meister.
Bei Seidenberg war nach Angaben der Nada bei einer Trainingskontrolle Testosteron in der Probe nachgewiesen worden. Zudem habe der Spieler die Substanz DHEA gebraucht, die zu den anabol-androgenen Steroiden auf der Verbotsliste gehöre. Er habe noch die Möglichkeit, gegen die Entscheidung Rechtsmittel vor dem Internationalen Sportschiedsgericht (Cas) einzulegen, hieß es weiter. Das strafrechtliche Ermittlungsverfahren ist weiter anhängig und wird von der Staatsanwaltschaft München I unabhängig von dem sportrechtlichen Verfahren geführt, hieß es bei der Nada. Der Tatvorwurf laute unter anderem auf Verstoß gegen das Anti-Doping-Gesetz.
Bitterer Moment im olympischen Finale
Der Spieler des EHC Red Bull München hatte stets seine Unschuld beteuert und seinen Arzt dafür verantwortlich gemacht. Seidenberg ist seit September 2022 von seinem Klub suspendiert. Seine Nationalmannschaftskarriere hatte der Olympia-Zweite von 2018 im April 2022 beendet. Beim sensationellen Silber-Triumph war er eine der großen Säulen im Team, erlebte im Finale aber auch einen bitteren Moment. Weil er seinen Helm verloren hatte, musste er kurz vor dem Ende für einen kurzen Moment vom Eis. Deutschland spielte für Sekunden in Unterzahl, die russische Mannschaft, die unter neutraler Flagge antreten musste, glich aus - und siegte in der Verlängerung.
"Die Verschreibung von Medikamenten durch den Arzt erfolgte aufgrund einer medizinischen Indikation", erklärte Seidensbergs Anwalt Rainer Cherkeh in einer Stellungnahme zum Urteil. Weil sein Mandant den ihn behandelnden Arzt mit Blick auf mögliche Dopingkontrollen zudem angewiesen habe, ihm keine verbotenen Substanzen zu verschreiben, liege der von Cherkeh im Schiedsverfahren dargelegten Auffassung "mangels Verschuldens" auch kein mit einer Sperre zu sanktionierendes Verhalten vor.
Jurist ist nicht einverstanden
Auf jeden Fall hätte das Schiedsgericht "die Sperre deutlich herabsetzen müssen", so der Jurist aus Hannover. Das Schiedsgericht habe mehrheitlich eine nach der Anti-Doping-Ordnung des Deutschen Eishockey-Bundes mögliche Herabsetzung der Regelsperre abgelehnt, worum es "im Kern" des Verfahrens gegangen sei.
Ein Athlet, der mit Blick auf mögliche Dopingkontrollen der Aussage seines Arztes zur Unbedenklichkeit der verschriebenen Medikamente vertraut und aufgrund einer medizinischen Indikation behandelt wird, handele nach Auffassung des Anwalts nicht absichtlich, "sondern - wenn überhaupt - mit nur leichtem Verschulden". Deshalb hätte allenfalls eine geringe Sperre ausgesprochen werden können.
Quelle: ntv.de, tno/dpa