Fußball

Wirbel jetzt auch im Ausland Bayern-Boss Dreesen weist protestierende Fans scharf zurecht

Eine Morddrohung?

Eine Morddrohung?

(Foto: picture alliance / nordphoto GmbH)

Der Fan-Protest gegen den geplanten Einstieg eines Investors bei der DFL hat sich zuletzt verstärkt - sehr zum Missfallen des Bayern-Chefs. In einem Interview teilt er kräftig aus. Unterdessen sorgen die Spielunterbrechungen mittlerweile auch international für Wirbel.

Vorstandschef Jan-Christian Dreesen von Bayern München hat die anhaltenden Fan-Proteste gegen den Investoren-Einstieg in der Bundesliga kritisiert und einer möglichen Neuabstimmung über das Streitthema eine klare Absage erteilt. "Ich habe das Gefühl, dass in einigen Ultra-Szenen Inhalte und die Auseinandersetzung mit Fakten gar keine Rolle mehr spielen. Dass es da auch nicht mehr um den Fußball geht, sondern in erster Linie um Machtdemonstration", sagte Dreesen der "Welt am Sonntag".

Zum Kampf für einen integren Wettbewerb gehöre "eine inhaltliche Auseinandersetzung dazu. Wird dann Kritik geäußert, habe ich damit überhaupt kein Problem. Aber es gehört nicht dazu, mit unlauteren Mitteln das Spiel zu beeinflussen", führte Dreesen angesichts der fortlaufenden Spielunterbrechungen durch die Fans aus. Diese Beeinflussungen, betonte das Mitglied des DFL-Präsidiums, werde "nichts ändern an der grundsätzlichen Einstellung der Mehrheit der 36 Bundesligaklubs".

Dreesen warnt: Bundesliga verliert den Anschluss

Diese hatte sich für den Einstieg eines Investors ausgesprochen. Allerdings haben Klubbosse wie Claus Vogt vom VfB Stuttgart oder Dirk Zingler (Union Berlin) eine Neuabstimmung angeregt. Zumal Kritiker die Rechtmäßigkeit der vorausgegangenen Abstimmung anzweifeln, weil dabei offen geblieben war, ob Hannovers Martin Kind die Weisung seines Vereins umgesetzt hatte, gegen das Vorhaben zu stimmen.

Jan-Christian Dreesen warnt.

Jan-Christian Dreesen warnt.

(Foto: picture alliance / Eibner-Pressefoto)

"Der Vertreter eines Klubs ist dessen legitimierter Vertreter. So, wie die Stimme des legitimierten Vertreters abgegeben wird, so zählt sie", hielt Dreesen dem entgegen: "Dann kann ich nicht einfach diese Stimme und die Stimmabgabe infrage stellen, wenn mir anschließend nicht gefällt, was herauskommt."

Sollte der Deal doch noch scheitern, würde die Bundesliga "den Anschluss an die großen Ligen in Europa verlieren. Es mag Menschen geben, die sagen: 'Das ist uns doch egal!' Aber meine Wahrnehmung ist, dass die große Mehrheit der Fans mehr wettbewerbsfähige deutsche Klubs im internationalen Fußball sehen will."

Der Investorenstreit hatte zum Auftakt des Bundesliga-Wochenendes eine neue Eskalationsstufe erreicht. Das Zweitliga-Spiel zwischen dem Hamburger SV und Hannover 96 wandelte in der zweiten Halbzeit am Rande des Abbruchs.

Martin Kind im Fadenkreuz

Eigentlich sei er "super happy", sagte Hannovers Trainer Stefan Leitl nach dem Spiel. Seine Mannschaft hatte den HSV in einem wilden Zweitligaspiel mit 4:3 bezwungen und darf wieder von der Bundesligarückkehr träumen. Doch einige der eigenen Anhänger hatten Leitl den Abend nachhaltig versaut. "Man hört immer: Fußball gehört den Fans. Aber Fußball gehört auch den Fußballern", sagte Leitl aufgebracht: "Was heute passiert ist, hat in einem Stadion nichts verloren. Das nervt einfach."

Die Fahrradschlösser hingen nicht lange am Tor.

Die Fahrradschlösser hingen nicht lange am Tor.

(Foto: picture alliance / Eibner-Pressefoto)

Im Gästeblock waren drei Plakate mit Porträts in Fadenkreuzen aufgetaucht, darunter der Kopf von Hannovers Geschäftsführer Martin Kind sowie die CEOs der möglichen Investoren CVC und Blackstone. Dazu hatten die Fans auf großen Banner eine Erklärung geliefert. "CVC & Blackstone: Marionetten des Sportswashings Saudi-Arabien. Konsequentes Handeln bei personifizierten Gewaltandrohungen. Spielunterbrechung jetzt!", stand dort geschrieben. Und so geschah es dann: Schiedsrichter Sören Storks unterbrach das Spiel für über eine halbe Stunde.

"Eine klare Morddrohung", kommentierte die "Bild" die Vorfälle, die Nachrichtenagentur SID sprach von "geschmackslosen Protesten" und der "Kicker" nannte die Fadenkreuze einen "widerwärtigen Grenzübertritt". Auf LinkedIn jedoch wies der Sportjurist Stephan Dittl auf die flankierenden Banner hin, die "Bezug auf die Handreichung des DFB zum Drei-Stufen-Plan" und den DFB mit der Forderung "Spielunterbrechung jetzt!" aufs Korn nehmen. "Vor allem", schrieb Dittl, "zeigen die Fans damit aber, dass mit dem Fadenkreuz-Plakat nicht etwa zu Gewalt aufgerufen, sondern eine Spielunterbrechung erzwungen werden soll". Das gelang.

Proteste auch in Dortmund

Das Spiel stand kurz vor dem Abbruch. Die Banner und Doppelhalter verschwanden, Storks setzt das Spiel fort und Hannover gewann durch ein Tor in der Nachspielzeit. Hannover-Boss Kind kündigte Konsequenzen an. "Es wird Reaktionen geben. Ende!", sagte er laut "HAZ". Kind spielt eine zentrale Rolle in der Auseinandersetzung zwischen einem Teil der Fans und der DFL. Der Geschäftsführer der Profiabteilung in Hannover soll entgegen der Anweisung seines Vereins bei der DFL-Mitgliederversammlung im Dezember für den Einstieg eines Investors gestimmt haben. Ohne Kinds Stimme wäre der Deal gescheitert. Seitdem kocht die Fan-Seele. In Hamburg protestierten auch die Heimfans und ketteten Fahrradschlösser in die Tornetze.

Gregor Kobel vertrieb sich die Zeit.

Gregor Kobel vertrieb sich die Zeit.

(Foto: picture alliance / Anadolu)

Beim Spiel zwischen Borussia Dortmund und dem SC Freiburg kam es ebenfalls zu einer Unterbrechung, nachdem Fans Schokotaler und Tennisbälle auf den Platz geworfen hatten. Nationalspieler Niclas Füllkrug äußerte später Verständnis für die Proteste der Fans, kritisierte aber die dadurch verursachten Spielunterbrechungen. "Es ist wichtig, entspannt zu bleiben und das nicht an sich heranzulassen. Kurz regt man sich schon auf. Ich kann natürlich die Fans verstehen, dass sie die Bühne im Stadion für ihre Meinung nutzen wollen. Ob es richtig oder falsch ist, sei dahingestellt", sagte der Dortmunder Angreifer nach dem 3:0 (2:0) seines Teams bei DAZN. "Es ist nicht so geil, wenn du mehrfach unterbrochen wirst. Man wird kalt. Das ist nicht optimal für die Muskulatur."

Im Ausland großes Interesse an Fahrradschlössern

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Mittlerweile erreichen die Proteste auch internationale Aufmerksamkeit. "Die Proteste der Investorengegner im deutschen Fußball eskalierten am Freitag, als Fans Fahrradschlösser an einem Tor anbrachten und Transparente zeigten, auf denen das Gesicht eines Vereinsvorstands im Fadenkreuz zu sehen war", schrieb die Nachrichtenagentur AP. Auf seinem Instagram-Kanal teilte der US-Sender ESPN, der die Bundesliga in den Vereinigten Staaten zeigt, ein Bild des mit einem Tennisball jonglierenden BVB-Keepers Gregor Kobel und erklärte die Proteste in wenigen Worten. Der Beitrag erreichte in den ersten zehn Stunden über 100.000 Likes.

Auch der renommierte britische Guardian berichtete über die Proteste und machte, wie ein Großteil der internationalen Medien, die Fahrradschlössern am Tor im Hamburger Volksparkstadion zum großen Thema. Anders als die in Deutschland dominierende Berichterstattung also, die sich an den Fadenkreuzen orientiert.Für den heutigen Samstag werden weitere Proteste erwartet.

Quelle: ntv.de, sue/dpa/sid

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