Fußball

Kompany: "Extrem stolz auf ihn" Boatengs mögliche Rückkehr spaltet den FC Bayern

Ende September war Boateng zu Gast bei einem Bayern-Spiel.

Ende September war Boateng zu Gast bei einem Bayern-Spiel.

(Foto: IMAGO/kolbert-press)

Startet Jérôme Boateng direkt in die zweite Fußball-Karriere? Der Weltmeister von 2014 will Trainer werden. Dafür setzt er auf seinen alten Kumpel Vincent Kompany und seinen Ex-Klub FC Bayern. Weil er aber auch der Körperverletzung schuldig gesprochen ist, protestieren viele Fans.

"Kein Platz für Charakterschweine im Verein" - Fans des FC Bayern haben bereits 2023 auf Bannern deutlich gemacht, was sie von einer Rückkehr von Jérôme Boateng zum Verein halten würden. Nichts, denn: "Misogyne Gewalt ist keine Privatsache. Steht zu unseren proklamierten Werten!". Nun könnte es beim Bundesliga-Spitzenspiel gegen Borussia Dortmund (Samstag, 18.30 Uhr/Sky und im ntv.de-Liveticker) zu ähnlichen Bekundungen kommen. Denn wieder einmal steht Boateng, der von 2011 bis 2021 für den deutschen Fußball-Rekordmeister spielte und zweimal die Champions League gewann, vor einer Rückkehr nach München.

Angedacht ist eine Hospitanz. Soweit nichts Ungewöhnliches. Boateng hat seine Karriere vor einem Monat beendet und angekündigt, Trainer werden zu wollen. Die B-Lizenz hat er bereits absolviert, die A-Lizenz und der Fußball-Lehrer stehen auf seinem Programm. Dafür sind praktische Erfahrungen unerlässlich, erst recht bei einem Topklub wie dem FC Bayern. "So bald wie möglich" wolle er als Assistenztrainer starten, sagte er der "Welt am Sonntag". Und da kommt sein alter Freund und Wegbegleiter Vincent Kompany ins Spiel: "Er ist ein tolles Beispiel dafür, wie es ein ehemaliger Spieler zu einem großartigen Trainer gebracht hat", sagte Boateng.

"Ich habe schon mit ihm gesprochen. Ich kann bei Bayern hospitieren und darauf freue ich mich sehr. Wir müssen nur noch den richtigen Zeitpunkt finden", sagte Boateng nun der "Bild". Spätestens Anfang des kommenden Jahres solle es so weit sein. Ende September war er beim Spiel der Bayern gegen Werder Bremen zu Gast im Stadion und ließ sich auch im Innenraum blicken.

Mit Kompany spielte Boateng beim Hamburger SV und bei Manchester City zusammen. "Wir haben eine gemeinsame Vergangenheit und sind gute Freunde", sagte der Belgier in einer Pressekonferenz angesprochen auf die Pläne Boatengs. "Ein paar Wochen zu uns kommen? Seine Erfahrung als Top-Verteidiger teilen? Natürlich! Ich würde immer dazu einladen, hundertprozentig. Das ist sehr wertvoll."

Schuldig, aber nicht vorbestraft

Vielen Fans gefällt das gar nicht. Denn Boateng wäre nicht irgendein angehender Trainer. Die Kritiker haben nicht vergessen, dass Boateng in den vergangenen Jahren mehrfach mit Vorwürfen und Gerichtsverfahren abseits seiner Karriere als Fußballer im Fokus stand. Es ging um häusliche und psychische Gewalt und Machtmissbrauch. Boateng war wegen Körperverletzung gegen seine frühere Lebensgefährtin und Mutter seiner Kinder vom Landgericht München schuldig gesprochen worden. Das Urteil wurde im September 2024 rechtskräftig, die Staatsanwaltschaft hatte die Revision zurückgezogen. Boateng musste 100.000 Euro an gemeinnützige Organisationen zahlen. Zusätzlich droht ihm eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 5000 Euro, sollte er gegen die Auflage verstoßen. Als vorbestraft gilt er allerdings nicht, weil das Gericht ihn lediglich verwarnte.

Ein Bild aus gemeinsamen HSV-Zeiten.

Ein Bild aus gemeinsamen HSV-Zeiten.

(Foto: imago sportfotodienst)

Ein weiteres Verfahren gegen Boateng wurde im März 2025 nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" eingestellt. Angeklagt war er wegen Körperverletzung, Nötigung und Verleumdung an seiner verstorbenen Ex-Freundin Kasia Lenhardt. Die Einstellung wurde laut Staatsanwaltschaft damit begründet, "dass die Geschädigte selbst als Zeugin nicht mehr zur Verfügung steht und die auf Fotos und im Obduktionsbericht der Staatsanwaltschaft Berlin dokumentierten Verletzungen für sich genommen für einen Tatnachweis nicht ausreichen, weil sie keinen Beleg für die Entstehung der Verletzungen darstellen".

Petition gegen Rückkehr

In den sozialen Netzwerken reagieren zahlreiche Fans empört und wütend wegen einer möglichen Rückkehr Boatengs zum FC Bayern. Sie drohen an, dem Klub zu entsagen und ihre Tickets verfallen zu lassen. Zudem positioniert sich eine breite Front an Gegnern mithilfe einer Petition. "Grenzen setzen gegen misogyne Gewalt: Jérôme Boateng darf nicht zurück zum FC Bayern" heißt es dort. "Jeden November lässt der FC Bayern die Allianz Arena in orangenem Licht aufleuchten, als Zeichen gegen Gewalt gegenüber Frauen. Doch was ist eine solche Aktion wert, wenn im gleichen Atemzug einem Gewalttäter gegen Frauen wie Jérôme Boateng der Rote Teppich ausgerollt wird?"

Es müsse angenommen werden, dass die Entscheidung gegen Boateng im Jahr 2023 "wohl rein sportliche Gründe hatte und die eigenen Werte des Vereins scheinbar nur kommerzielle Fassade sind", heißt es dort weiter. Mehr als 2200 Unterschriften hat die Petition bis Freitagvormittag gesammelt.

2023 hatte der damalige Trainer Thomas Tuchel erwogen, Boateng als Aushilfs-Innenverteidiger zurückzuholen. Damals war dieser gerade vertragslos, ehe Boateng zu Olympique Lyon wechselte, für ein halbes Jahr bei US Salernitana spielte und 2024 zum ASK Linz wechselte. Die Kritik der eigenen Fans hatte Tuchel damals seinerseits angeprangert: "Da habe ich wenig Verständnis für. Das ist haarscharf an der Beleidigung. Ein bisschen zu anonym und ein bisschen zu plakativ." Und weiter: "Ich habe gesagt, dass ich als sportlich Verantwortlicher mir wünsche, dass ohne Vorverurteilungen Fußballentscheidungen auch Fußballentscheidungen sein können." Zu dieser Zeit war das Gerichtsverfahren noch nicht abgeschlossen. Die Rückkehr kam dann doch nicht zustande. Boateng trainierte aber mehrere Wochen an der Säbener Straße.

Diesmal wirkt es noch konkreter. "Ich würde jede Bayern-Legende mit guten Absichten für eine Woche einladen, damit diese dann die Erfahrungen teilt. Unsere Jungs wollen noch lernen", hatte Kompany gesagt. Boateng lobte er: "Ich bin extrem stolz auf ihn und glücklich darüber, was er alles erreicht hat." Und sagte: "Natürlich kann er ein Top-Coach sein, wenn er das will. Es ist wie Fußballspielen, du musst hart arbeiten. Man kann immer der Beste werden, aber es braucht Zeit." Eine Zeit, die womöglich beim FC Bayern beginnt. Der Klub hat sich bislang nicht geäußert.

Quelle: ntv.de, ara

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen