Fußball

Böller, Randale, Last-Minute-Tor Chaos-Abend verschafft Eintracht Erlösung

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Jetzt weiß Oliver Glasner auch, wie sich ein Sieg mit Eintracht Frankfurt anfühlt. Der Coach muss bis zum achten Saisonspiel warten für dieses Erlebnis. Es passt, dass das Europa-League-Spiel bei Royal Antwerpen besonders dramatisch und chaotisch verläuft und ein beinahe Aussortierter trifft.

Ein Foul, ein Pfiff, ein Elfmeter. Als Goncalo Paciencia in der Nachspielzeit der Europa-League-Partie zwischen Eintracht Frankfurt und Royal Antwerpen zum Strafstoß anläuft, steht ziemlich viel auf dem Spiel. Für den Stürmer selbst - es wäre nach einer überaus enttäuschenden Leih-Saison beim FC Schalke, nach einer schweren Knieverletzung und nach dem Nimbus als Streichkandidat bei der Eintracht eine Erlösung. Nur 36 Minuten hat er in dieser Saison bislang gespielt. Auch in Antwerpen wird er erst in der 86. Minute eingewechselt. Wenn er trifft, und wenn sein Team die restliche Nachspielzeit übersteht, wäre es zudem der erste Sieg der Frankfurter in dieser Saison. Damit gleichbedeutend: Es wäre der erste Sieg von Trainer Oliver Glasner mit seinem neuen Arbeitgeber - im neunten Spiel.

Paciencia trifft, die Eintracht gewinnt mit 1:0, Erlösung für Glasner, Erlösung für Paciencia, Erlösung für das gesamte Team. "Heute war meine Zeit gekommen", sagte der Torschütze nach der Partie. Er erklärte aber auch: "Ich habe Jesper gefragt, ob er schießen möchte", so der 27-Jährige. Jesper Lindström war derjenige, der von Dinis Almeida im Strafraum zu Fall gebracht worden war und damit den Elfmeter zugesprochen bekommen hatte. "Er hat gesagt, dass ich schießen darf." Glasner gratulierte seinem Stürmer: "Goncalo hatte eine schwere Zeit in der vergangenen Saison, hat jetzt den Charakter, diesen Elfmeter zu schießen. Das zeugt von menschlicher und fußballerischer Qualität."

Schießen, Treffen - und einem chaotischen Spiel damit noch das glückliche Ende bereiten. Denn was in Antwerpen zuvor alles passiert war, hatte mit Fußball teilweise wenig zu tun. Kurz nach Anpfiff der zweiten Halbzeit explodierte ein Böller zwischen den Beinen von Kevin Trapp. Der Frankfurter war von Antwerpen-Anhängern von der Tribüne aus getroffen worden. Ein lauter Knall, Funken sprühten, Rauch stieg auf, der Frankfurter Torhüter erschrak, ging zu Boden und blieb erst einmal liegen. Frankfurts Ärzte kümmern sich um den Nationalspieler, doch Schlimmeres bleibt zum Glück aus. Das hätte auch anders enden können, wie die tragische Geschichte des Ex-Torhüters Georg Koch beweist. Der damalige Rapid-Wien-Keeper hatte im August 2008 im Stadtderby gegen Austria durch einen Böller-Wurf einen massiven Hörverlust, Tinnitus, Gleichgewichtsstörungen und eine posttraumatische Belastungsstörung erlitten. Seine Karriere war auf einen Schlag beendet.

"Hoffe, einige Leute fühlen sich schlecht"

Für Trapp konnte es aber weitergehen, er selbst äußerte sich bislang nicht zu der Szene. Bei Instagram postete er lediglich Jubelbilder des ersten Saisonsiegs. Sein Coach sagte: "Wenn man so etwas in einem Einkaufszentrum macht, wird man abgeführt. Das hat in unserer Gesellschaft nichts verloren." Und Antwerpens Trainer Brian Priske befürchtet, dass sein Team von der UEFA für das Fehlverhalten der Fans sanktioniert wird. Diese hatten schon zu Spielbeginn das Stadion ordentlich verqualmt, als sie rote Bengalos abbrennen ließen. Der Angriff auf Trapp war dann aber der Höhepunkt: "Das gehört sich nicht. Ich hoffe, einige Leute fühlen sich schlecht."

Ein Urteil, das durchaus für beide Fan-Seiten gilt. Denn auf den Straßen Antwerpens spielte sich vor Anpfiff ebenfalls Unschönes ab, da waren Anhänger der Eintracht der Grund für die Aufregung: Hooligans, die laut des belgischen Polizeisprechers Willem Migom ohne Ticket angereist waren, beschädigten eine Fan-Bar des Gegners und griffen auch die Polizei an. Mehrere Hundert Randalierer sollen laut des Radiosenders VRT in die Kneipe eingedrungen sein, die Polizei wurde mit Steinen, Stühlen und Feuerwerkskörpern beworfen. Verletzte habe es nicht gegeben. 100 Männer seien laut des Polizeisprechers in Verwaltungshaft genommen und dann in einen Bus nach Deutschland gesetzt worden, damit sie "keinen zusätzlichen Schaden in der Stadt oder in der Umgebung des Stadions anrichten" können. Von Eintracht Frankfurt gibt es zu den Vorkommnissen bislang keine Stellungnahme.

"Stolz auf die Jungs"

Dort spricht man lieber über den wichtigen sportlichen Erfolg: "Durch diesen Sieg haben wir uns etwas Luft zum Atmen verschafft", urteilte Glasner. Ein Sieg, der nicht unverdient war, aber von "zu vielen unnötigen Fehlern" begleitet wurde, wie der Trainer konstatierte. Es sei ein "hartes Stück Arbeit" gewesen. "So was hat es gebraucht, wirklich geil, geil, geil", sagte Timothy Chandler bei RTL. "Es war am Ende verdient, denn in den ersten 20 Minuten hätten wir auch schon ein, zwei Dinger machen können." Er meinte damit etwa den guten Freistoß von Martin Hinteregger in der dritten Minute, den Antwerpen-Keeper Jean Butez noch gerade so eben nach rechts ablenken konnte. Oder den sehr unglücklich aussenden Sam Lammers, der in der 7. Minute nah vor dem Tor stehend statt des Balls nur ein Stück Antwerpener Luft traf. Die Flanke von rechts von Chandler hätte mehr ergeben können. In der Folge vergab auch Filip Kostic mehrere Chancen zur Führung.

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Konter Royals, unter anderem mit dem Ex-Bremer Johannes Eggestein in der Startelf, brachten aber auch keinen Erfolg. Frankfurt wehrte sich in der Schlussphase dann noch einmal mit mehr Mut gegen das drohende siebte Remis in Folge - mit Erfolg. "Wir haben versucht, das Spiel zu machen, heute haben wir guten Fußball gespielt. Ich bin sehr stolz auf die Jungs", zeigte sich Chandler entsprechend erleichtert und zufrieden.

Der Sieg dürfte dem Team dringend benötigtes Selbstvertrauen schenken. Schon am Sonntag geht es gegen den noch ungeschlagenen Tabellenführer FC Bayern (17:30 Uhr im ntv.de-Liveticker). In der Gruppe D der Europa League ist die Eintracht jetzt Zweiter hinter den zweimal siegreichen Griechen von Olympiakos Piräus, die Fenerbahce Istanbul mit 3:0 abfertigten. Weiter geht es auf der internationalen Bühne dann am 21. Oktober mit dem Spitzenspiel in der Gruppe (21 Uhr im ntv.de-Liveticker).

Quelle: ntv.de

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