
"Bibi" könnte im April zur deutschen Nationalspielerin werden.
(Foto: IMAGO/Ricardo Larreina Amador)
Ihr Name ist die Überraschung bei der Kader-Bekanntgabe von Horst Hrubesch. Bibiane Schulze Solano ist erstmals für das DFB-Team nominiert. Die 25-Jährige spielt in Spanien, Pardon, im Baskenland. Bis dahin ist es ein Weg voller Komplikationen.
Wirbel um ihre Person ist Bibiane Schulze Solano gewöhnt. Und das, obwohl ihr Name selbst Fans des Fußballs der Frauen weitgehend unbekannt ist. Bislang waren die Berichte über sie aber nicht so positiv wie jetzt. In dieser Woche überraschte Interims-Bundestrainer Horst Hrubesch mit ihrer Nominierung für das DFB-Team. Die 25-Jährige ist erstmals mit dabei, wenn es in der EM-Qualifikation gegen Österreich (5. April, 20.30 Uhr/ARD) und Island (9. April, 18.10 Uhr/ZDF, beide auch im ntv.de-Liveticker) geht.
Der Name der Abwehrspielerin taucht in der Kaderliste auf, steht zwischen US-Legionärin und Vize-Europameisterin Felicitas Rauch sowie der Frankfurterin Pia-Sophie Wolter. Bei deren Klub begann auch Schulze Solano ihre Karriere - mit mäßigem Erfolg. Über sieben Kurzeinsätze in der Bundesliga kam sie nicht hinaus, lief meist für das zweite Team des Klubs (damals noch 1. FFC Frankfurt) auf. Ehe es dann erstmals große Schlagzeilen über die Frau, auf deren Trikot nur "Bibi" steht, gab.
Ihr Wechsel zu Athletic Bilbao nämlich sorgte für Aufmerksamkeit. Wer für den Vorzeigeklub der autonomen spanischen Region spielen will, muss ganz strenge Vorschriften erfüllen. Im Baskenland geboren - oder zumindest im Klub oder in der Region fußballerisch ausgebildet worden sein. Da begannen für Schulze Solano im Jahr 2019 die Probleme. Zwar ist ihre Mutter Baskin, doch sie hat einen deutschen Vater und war 1998 in Bad Soden am Taunus geboren worden, wo sie auch aufgewachsen ist. Ausgebildet wurde sie daher auch nicht im Baskenland, sondern eben beim 1. FFC Frankfurt. Unter anderem vom heutigen Eintracht-Cheftrainer Niko Arnautis. Er hatte sie in der U17-Bundesliga und dem B-Team betreut und sagte: "Ich habe sie damals nicht gern gehen lassen."
Misstrauensantrag gegen Klubführung angestrebt
Im Baskenland wiederum wollte man sie am liebsten gar nicht erst ankommen lassen. Ein Drama entspann sich um ihre Person. "Wir werden alles in unserer Macht Stehende tun, damit dieser Bruch mit unserer Philosophie durch die derzeitigen Manager des Klubs nicht ohne vorherige Debatte mit den Gesellschaftern durchgeführt werden kann", hieß es in einem Statement der Kritiker. Intern war gar von einem drohenden Misstrauensantrag gegen die Klubführung die Rede. Ganz schön viel Ärger um eine Spielerin, die für das zweite Team vorgesehen war.
"Ich hätte nie gedacht, dass mir meine Herkunft in meiner Spielerkarriere Probleme machen würde", sagte Schulze Solano damals. Sie wäre nicht die Erste, die aufgrund der Vereinsstatuten nicht beim Klub hätte angestellt werden dürfen. Manche Männer wurden zuvor gar nicht erst verpflichtet.
Doch Familie Schulze Solano lies nichts unversucht. Fußball liegt der Familie am Herzen. Ihr eineinhalb Jahre jüngerer Bruder Adrian ist ebenfalls Fußballer, er war von der Jugend an beim FSV Frankfurt aktiv, ehe er 2021 in die USA ging. Sie legte beim Klub ihre baskische Taufurkunde vor. Auf der Habenseite war auch ihr Urgroßvater und drei seiner Brüder, die in den 1920er-Jahren für Athletic Bilbao gespielt hatten. Zudem belegten Fotos aus ihrer Kindheit, dass sie schon immer Fan des achtmaligen spanischen Meisters ist. Es gibt ein Bild von ihr, auf dem die kleine "Bibi" ein handgemaltes, rot-weiß-gestreiftes Transparent in die Kamera hält, auf dem steht: "Athletic Txapeldu" ("Athletic Meister").
All das überzeugte die Hardcore-Basken schließlich. Vereinspräsident Aitor Elizegi sagte nach den Querelen: "Ihre Kenntnisse, ihr Wille, für diese Mannschaft zu spielen, ihr Respekt gegenüber dem Verein und ihr Verständnis für die Vereinsphilosophie passen."
Auch von Spanien nominiert
Fünf Jahre später passt auch ihr Spielerinnenprofil - und zwar zum DFB-Team. Schulze Solano sei "eine interessante Abwehrspielerin, die schon länger bei uns auf dem Zettel steht", sagte Hrubesch nach der Kader-Bekanntgabe. "Meine Überzeugung ist, dass sie - genauso wie unsere Rückkehrerinnen - unser Team mit ihrer individuellen Qualität verstärken kann." Dabei kann sie sich auch in Bilbao zunächst nicht groß auszeichnen. In der Saison 2021/22 wird sie an den FC Valencia verliehen, erst im Anschluss wird die Defensivspezialistin Stammspielerin im A-Team von Athletic. Sie hat sich festgespielt beim Klub, der ihr anfangs so feindlich gegenübersteht, so sehr, dass ihr Vertrag bis 2025 verlängert wird.
Sie kehrt als Stammspielerin - und rückt damit in den Fokus des Nationalteams. Des spanischen. Zweimal wird sie im vergangenen Jahr für La Roja nominiert, hat die Möglichkeit im Februar nur wenige Monate vor der Weltmeisterschaft mit dem Team zum Cup of Nations nach Australien zu reisen. Doch sie muss verletzt absagen. Weltmeisterinnen werden die Spanierinnen dann ohne Schulze Solano.
Eine Verletzung sorgt auch dafür, dass sie erst im November in die laufende Saison einsteigen kann. In den sieben Partien, die sie seitdem auf dem Platz stehen konnte, gewinnt Athletic sechs. Das Team ist Sechster der Liga, nur vier Punkte hinter Atlético Madrid. Im Pokal scheiterte Bilbao im Halbfinale am schier übermächtigen FC Barcelona.
Hrubesch betont Linksfüßigkeit
Mit ihren Leistungen macht sie auch den DFB auf sich aufmerksam. "Sie bringt alles mit: Sie hat eine gute Körpergröße, sie spielt körperbetont und hat ein gutes Passspiel - was jetzt nicht verwundert in Spanien", lobte Hrubesch. "Wir haben sie dann beobachten lassen. Und sie ist eine Spielerin, die auch vor der Abwehr spielen kann und links oder rechts, aber vor allen Dingen zentral. Dazu kommt, dass sie ein Linksfuß ist."
Bei den ersten Partien der EM-Qualifikation muss der Interims-Bundestrainer, der nach den Olympischen Spielen von Christian Wück abgelöst wird, neben Kapitänin Alexandra Popp unter anderem auch auf Abwehrchefin Marina Hegering verzichten. Eine Möglichkeit für Schulze Solano ins Team zu rücken. Kommt sie bei den Spielen zum Einsatz, wäre Spanien raus. Sie dürfte dann nur noch fürs DFB-Team auflaufen. Hrubesch will sich darauf aber noch nicht festlegen: "Ob wir festspielen lassen oder nicht, das werden wir dann sehen."
Quelle: ntv.de