Fußball

"Geht mit Werten nicht überein" Gisdol drängte auf Abschied von Lok Moskau

Markus Gisdol ist nicht mehr Trainer in Moskau.

Markus Gisdol ist nicht mehr Trainer in Moskau.

(Foto: picture alliance/dpa/TASS)

Markus Gisdol ist seit Oktober vergangenen Jahres Trainer von Lok Moskau, damals geholt von Ralf Rangnick. Die aktuellen Entwicklungen machen ihm das Arbeiten in Russland jedoch unmöglich, sagt der langjährige Bundesligatrainer - und reist ab. Sandro Schwarz von Konkurrent Dynamo geht einen anderen Weg.

Der langjährige Bundesliga-Trainer Markus Gisdol ist nicht mehr Coach des russischen Erstligisten Lok Moskau. In einer knappen Mitteilung bestätigte der Klub, dass "Markus Gisdol von seinem Amt als Cheftrainer des FC Lokomotive entbunden" wurde. Gegenüber der "Bild"-Zeitung erzählte Gisdol, der erst im Oktober 2021 vom damaligen Klubberater Ralf Rangnick nach Moskau geholt worden war, die Geschichte ausführlicher: "Fußballtrainer ist für mich der schönste Job der Welt. Ich kann meiner Berufung aber nicht in einem Land nachgehen, dessen Staatsführer einen Angriffskrieg mitten in Europa verantwortet", sagte Gisdol, der in Deutschland zuletzt von 2019 bis 2021 beim 1. FC Köln gearbeitet hatte. "Das geht mit meinen Werten nicht überein, deshalb bin ich mit sofortiger Wirkung von meinem Amt als Trainer von Lokomotive Moskau zurückgetreten."

Er könne nicht in Moskau auf dem Trainingsplatz stehen, "die Spieler trainieren, Professionalität einfordern und ein paar Kilometer weiter werden Befehle erteilt, die großes Leid über ein gesamtes Volk bringen. Das ist meine persönliche Entscheidung und hiervon bin ich absolut überzeugt." Gisdol ist inzwischen wieder nach Deutschland zurückgekehrt.

Was mit den anderen deutschen Mitarbeitern von Lokomotive Moskau passiert, ist derzeit noch nicht klar. Mit Torwart-Trainer Sascha Marth, Fitness-Trainer Martin Hämmerle und Co-Trainer Marvin Compper standen drei Deutsche in Gisdols Trainerstab, Christian Möckel und Matthias Wallenwein leiten das Scouting, auch die Stellen des Sportdirektors und des Geschäftsführers sind mit Deutschen besetzt. Klar ist nur, wie es, zumindest kurzfristig, mit Compper weitergeht: Der einmalige deutsche Nationalspieler wird vorerst das Training des derzeit Siebten der ersten russischen Liga leiten.

Mit Sandro Schwarz ist ein weiterer deutscher Trainer bei einem russischen Erstligisten in der Verantwortung. Während Gisdol seinen Job als Reaktion auf den russischen Einmarsch in der Ukraine offenbar hinschmiss, traf Schwarz eine andere Entscheidung. Der ehemalige Mainzer, der erst zusammen mit und später unter Jürgen Klopp in der 2. Bundesliga gespielt hatte, äußerte sich am Wochenende nach dem Spiel seines Klubs Dynamo Moskau zum Rückrundenauftakt bei FK Khimki zu Gerüchten, wonach er vor der Abreise aus Moskau stünde. "In der aktuellen Situation verstehe ich, dass es solche Gerüchte gibt", sagte Schwarz.

"Es geht nicht um mich"

Aktuell über Fußball zu sprechen, sei nicht leicht. Seiner Verantwortung gegenüber seiner Familie, die mittlerweile bei ihm in Moskau wohnt, und seiner Verwandten in Deutschland, sei er sich bewusst. "Ich bin nicht der Mensch, der sich ein Ticket kauft, ins nächste Flugzeug steigt und sich davonmacht. Es geht nicht um mich. Ich fühle mich verantwortlich und werde hier im Klub bleiben", sagte der 43-Jährige.

Schwarz' Co-Trainer Andriy Voronin hatte für sich eine andere Entscheidung getroffen: Der Ukrainer, der mit Schwarz in Mainz zusammengespielt hatte und seit Oktober 2020 dessen Assistent war, war mit seiner Familie aus Russland nach Deutschland geflüchtet. "Wir kamen noch mit einer Linienmaschine vor der kompletten Sperrung aus Moskau raus", berichtete der ehemalige Bundesligaspieler der "Bild"-Zeitung.

Auch wenn er mit seiner Familie nach Deutschland gekommen sei, "in Gedanken und im Herzen" sei er in der Ukraine. Er habe Freunde in seinem Heimatland, von denen er ständig Nachrichten bekomme. "Es ist schwer auszuhalten. Ich möchte einfach helfen. Mit Geld. Womit auch immer", sagt Voronin. "Und ich weiß nicht, ob ich das sagen soll: Aber wenn ich jetzt in der Ukraine wäre, hätte ich wohl auch eine Waffe in der Hand." In den sozialen Netzwerken verbreitete sich seit Sonntagabend ein Video, wie die Fans von Dynamo Moskau Voronin in dessen Abwesenheit feierten. Beim Rückrundenauftakt skandierten die russischen Anhänger immer wieder den Namen ihres ukrainischen Co-Trainers.

Quelle: ntv.de, ter

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