Fortuna-Heimspiele bald gratis Kann die "Welt-Sensation" in Düsseldorf gelingen?
26.04.2023, 16:42 Uhr
Bald werden die Fortuna-Fans umsonst ins Stadion ziehen.
(Foto: picture alliance/dpa)
Nichts Geringeres als eine "Fußball-Revolution" plant Zweitligist Fortuna Düsseldorf. Weil der Eintritt bei Heimspielen künftig wegfallen soll, überschlagen sich die Reaktionen. Doch was steckt hinter dem Plan - und kann die Revolution überhaupt gelingen? Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Was hat die Fortuna vor?
Mit dem Konzept "Fortuna für alle" möchte der Zweitligist künftig allen Zuschauerinnen und Zuschauern freien Eintritt zu seinen Heimspielen gewähren. Auch Gästefans sollen nicht mehr bezahlen müssen. Vieles ist noch unklar, aber: Bereits in der kommenden Saison soll das Projekt in einer Pilotphase in mindestens drei Heimspielen umgesetzt werden. In der übernächsten Spielzeit, so die Vision, sollen dann alle Heimspiele "gratis" sein. Aber: "Wann wir letztendlich 17 Spiele freien Eintritt gewähren, hängt davon ab, wie sich die Dinge entwickeln. Wir haben jetzt ein Fundament gelegt", sagte Finanzvorstand Arnd Hovemann. "Wir sind nicht die besseren Menschen oder Wohltäter", betonte Sportvorstand Klaus Allofs: "Wir haben klare Ziele: Wir wollen die Fortuna stärker aufstellen."
Wie will der Verein das finanzieren?
Möglich machen diesen revolutionären Ansatz "strategische Partner, die gemeinsam mit uns der Überzeugung sind, dass der Fußball vor allem den Fans gehört und unseren neuen Weg langfristig begleiten", hieß es in einem Schreiben an Sponsoren. Drei Unternehmen (Hewlett-Packard, Targobank, Provinzial) sowie die Initiative Common Goal stehen hinter dem Projekt und bringen in den kommenden fünf Jahren ein "wirtschaftliches Fundament" in Höhe von rund 45 Millionen Euro ein. Die künftig über den neuen Weg erzielten Sponsoring-Einnahmen sollen nach einem bestimmten Schlüssel verteilt werden.
Wie sieht dieser Schlüssel aus?
Neben Investitionen in den Profikader sollen 20 Prozent in den Nachwuchs und den Frauenfußball fließen. Weitere 20 Prozent sind für die digitale Infrastruktur und die Arena, in der 2024 auch EM-Spiele stattfinden, vorgesehen. Mit zehn Prozent sollen der Breitensport in der Stadt und Nachhaltigkeitsprojekte gefördert werden.
Vor allem soll jedoch die Profiabteilung profitieren. "Wir wollen den Fortuna-Fans wieder Erstliga-Fußball präsentieren. Es ist unser Antrieb, wieder bei den Großen mitspielen zu können", bekräftigte Allofs. Ein "Weiter so" habe es nicht geben können. "Die Schere ging immer weiter auseinander." Also: Die Einnahmen wurden geringer, die Ausgaben größer.
Wie sollen die Tickets verteilt werden?
Über eine digitale Plattform können sich Fans für die Tickets bewerben. Mitglieder erhalten im Vergleich zu Nicht-Mitgliedern laut Fortuna einen zeitlichen Vorsprung, um auf die Karten zuzugreifen - maximal fünf Tickets pro Person sind möglich. Die Verteilung erfolgt demnach nach dem "Verlosungsprinzip". Dauerkarteninhaber besitzen weiter ein Anrecht auf ihren angestammten Platz. Die Verteilung des vorgeschriebenen Kontingents für Auswärtsfans erfolgt weiter über den Gastverein.
Wie sind die Reaktionen?
"Stadion-Revolution", "Welt-Sensation", "Fußball-Feiertag": Die Reaktionen in den Medien und den Sozialen Netzwerken überschlugen sich. Nicht weniger als eine "Fußball-Revolution" sei ihm versprochen worden, als ihm das erste Mal die Pläne vorgestellt wurden, berichtete Düsseldorfs Oberbürgermeister Stephan Keller. Als Alexander Jobst auf einer Pressekonferenz die spektakulären Ticket-Pläne von Fortuna Düsseldorf näher erläuterte, wählte auch der Vorstandschef große Worte. "Wir öffnen den Fußball für alle", kündigte Jobst vollmundig an und sorgte in der Szene damit für einen echten Paukenschlag.
Das Fanbündnis "Unsere Kurve" begrüßte die Pläne - und warnte zugleich. "Wir vertreten seit Jahren die Auffassung, dass Fußball für alle da sein soll. Da geht es natürlich auch um Eintrittspreise. Nach derzeitigem Stand der Faktenlage ist die Idee von Fortuna daher zu begrüßen", sagte Sprecher Thomas Kessen: "Es bleibt allerdings abzuwarten, ob und welchen Einfluss Sponsoren durch das Engagement bekommen. Benefits wie etwa der weiße Buchstabe in der Münchner Arena würden die eigentlich gute Idee stark beschädigen." Schade sei zudem, "dass die Idee bei einem Verein entsteht, dessen Stadion nur selten voll ist". Der Zuschauerschnitt in der laufenden Zweitliga-Saison liegt bei rund 29.000. Zuletzt war die Arena beim Heimspiel gegen den Hamburger SV am 31. März mit 52.200 Besuchern ausverkauft.
Und was sagen die anderen Profiklubs?
Zunächst wollten sich mehrere Vereine aus der Bundesliga und 2. Liga nicht äußern, zahlreiche Klubs ließen eine Anfrage zu dem Thema unbeantwortet. Als "interessant, kreativ und nicht zuletzt auch schlagzeilenträchtig" bezeichnete Geschäftsführer Frank Briel von der TSG Hoffenheim den Ansatz. Man werde den Test "aufmerksam beobachten" und mit "eigenen Ideen, die wir in Sachen Ticketing entwickelt haben, abgleichen".
Der Bundesligist 1. FC Köln hält ein derartiges Projekt derweil im eigenen Stadion nicht für umsetzbar. "Für ein dauerhaft funktionierendes Modell geht es letztlich um die Frage, wie das Profifußball- und Stadionerlebnis finanziert wird. Wir können das nicht ohne die Ticketeinnahmen unserer großartigen Fans", sagte FC-Geschäftsführer Markus Rejek.
Vieles deutet dennoch darauf hin: Hat Fortunas Plan Erfolg, setzt er die anderen 35 Profivereine unter Druck, dem Beispiel des zweimaligen Pokalsiegers zu folgen. "Mein Handy ist explodiert", berichtete Jobst über die ersten Reaktionen auf das Projekt. Näher darauf eingehen wollte er nicht. Die Deutsche Fußball Liga sei in die Pläne von Beginn an involviert gewesen.
Quelle: ntv.de, dbe/sid