Bitterer Ausfall fürs Topspiel VfB Stuttgart ärgert sich sehr, Wehrle von Fans "irritiert"
01.04.2024, 09:21 Uhr
Die Fans des VfB protestieren gegen die Vereinspolitik.
(Foto: IMAGO/Sportfoto Rudel)
In einem wilden Spiel hat der VfB Stuttgart einen sicher geglaubten Sieg verspielt, der gerettete Punkt spendet wenig Trost. Für das Topspiel bei Borussia Dortmund gibt es eine bittere Nachricht. Auf den Tribünen protestieren die Fans gegen den bizarren Streit der Bosse.
In großen Jubel verfiel bei den Spielern des VfB Stuttgart nach Abpfiff keiner, so richtig konnte sich niemand über den geretteten Punkt gegen den 1. FC Heidenheim freuen. "Wenn du zu Hause 2:0 führst, darfst du so ein Spiel auch nicht mehr aus der Hand geben", sagte Nationalspieler Maximilian Mittelstädt nach dem wilden 3:3 (1:0) im Stuttgarter Jubiläumsspiel enttäuscht bei DAZN. Mit einem Sieg hätte das Überraschungsteam den Einzug in den Europapokal feiern dürfen.
Danach sah es im 1000. Heimspiel des VfB auch lange aus, ein Jubiläum nach Maß wäre es für die Gastgeber gewesen. Nach den Treffern von Serhou Guirassy (41.) und Angelo Stiller (53.) hatte Stuttgart alles im Griff. "Wir führen 2:0, am Ende können wir uns mit dem Unentschieden nicht zufriedengeben. Das dürfen wir nicht mehr aus der Hand geben", stimmte auch Torschütze Stiller ein. "Wenn es ganz blöd läuft, gehen wir mit 0:3 in die Halbzeit, so ehrlich müssen wir sein", gestand Heidenheims Jan-Niklas Beste. Die Stuttgarter wären durch einen Sieg bis auf einen Punkt am FC Bayern dran gewesen, auch die Europacup-Qualifikation wäre fix gewesen.
Schwerer Patzer von Nübel
Doch es kam anders, ein Eigentor nach schwerem Patzer von Torhüter Alexander Nübel (62.) und ein Blitz-Doppelpack von Tim Kleindienst (84., 85.) drehten die Partie für die Heidenheimer, den Punkt rettete Deniz Undav (90.+8) in letzter Sekunde. Nikola Dovedan (90.+6) hatte kurz zuvor wegen eines groben Foulspiels noch die Rote Karte gesehen. Nun geht es nächste zum Topspiel zu Borussia Dortmund, mit einem kleinen Dämpfer. Der BVB hatte am Samstag den Klassiker beim FC Bayern 2:0 gewonnen und sich so an den VfB herangerobbt. Nun würde der Abstand auf einen Zähler schrumpfen, sollten die Schwaben am Samstag in Dortmund verlieren. Ein schwerer Verlust ist für den VfB der Ausfall von Kapitän und Abwehrchef Waldemar Anton, der wegen seiner fünften Gelben Karte am kommenden Wochenende pausieren muss.
"Klar hätte die Ausgangslage ein bisschen besser sein können", sagte Nübel. "Trotz allem ist der Druck, glaube ich, mehr auf der anderen Seite. Mega-Spiel. Wir freuen uns drauf." Inmitten von Spekulationen über seine Zukunft gab der Keeper nun Einblicke in sein Planung und bezeichnete einen Verbleib beim VfB als "eine sehr, sehr gute Option". "Das wird analysiert, ich habe noch ein Jahr bei Bayern. Ich fühle mich aber sehr wohl hier. Ich glaube, das wissen alle."
Trainer Sebastian Hoeneß stellte sein Erfolgsteam einmal um, der Ex-Dortmunder Mahmoud Dahoud ersetzte Atakan Karazor und feierte sein Startelfdebüt für den VfB. Das Jubiläumsspiel wurde nach dem fertiggestellten Umbau des EM-Stadions vor über 60.000 Zuschauern ausgetragen, Hoeneß setzte auch auf sein DFB-Quartett Mittelstädt, Undav, Anton und Chris Führich. Er erhoffte sich, dass diese den "Schwung, den sie in die Nationalmannschaft gebracht haben, bei uns mitnehmen", hatte er im Vorfeld gesagt.
Fans protestieren, Rauchwolken steigen auf
Danach sah es zunächst auch aus, nach den Toren von Guirassy und Stiller deutete alles auf einen ungefährdeten Sieg hin. Dann unterlief Nübel sein Patzer, einen Kopfball von Kleindienst ließ er fallen und der Ball kullerte über die Linie zum Anschlusstreffer. Sein Team jedoch reagierte stark und drückte offensiv weiter, der eingewechselte Silas traf den Pfosten (74.), auf der anderen Seite stach Kleindienst eiskalt zu. Undavs Rettung kippte die Stimmung aber nur teilweise.
Auf die Stimmung drückt auch der tobende Machtkampf beim VfB. Die Fans haben daher erneut ihren Unmut gegen die Turbulenzen in der Vereinspolitik zum Ausdruck gebracht. Schwarze Rauchwolken stiegen nach den ersten Spielminuten aus dem Fanblock auf. Viele Anhänger in der Cannstatter Kurve waren zudem dem Aufruf der organisierten Fanszene gefolgt und kamen am Ostersonntag in schwarzer Kleidung ins Stadion. Aufsichtsrat, Investoren, Präsidium: Es reicht!", stand beispielsweise auf einem Banner. Nach einem anfänglichen Stimmungsboykott unterstützen die VfB-Anhänger erst nach zehn Minuten lautstark ihr Team.
"Natürlich war die Woche nicht so angenehm für alle"
Hintergrund ist ein Machtkampf an der Spitze des Bundesliga-Dritten. Zunächst war Präsident Claus Vogt als Aufsichtsratschef der AG abgewählt und damit ein jahrelanges Versprechen an die Mitglieder gebrochen worden, wonach der Präsident des Vereins auch immer Vorsitzender des Kontrollgremiums bleiben sollte. In der Folge gaben die diversen Seiten öffentliche Stellungnahmen zu dem Konflikt heraus. Die organisierte Fanszene des VfB forderte den Rücktritt des Präsidiums. Vogt schloss den Rücktritt als Präsident jedoch aus. Auf den Wechsel an der Spitze des Aufsichtsrats, der nun von Tanja Gönner angeführt wird, hatte der neue VfB-Investor Porsche gedrängt.
"Natürlich war die Woche nicht so angenehm für alle", räumte der Vorstandsvorsitzende Alexander Wehrle ein, der zudem in einem Interview den Rundumschlag von Vogt gekontert hatte. Er kündigte an, dass es am Dienstag bei einer Sitzung mit allen Beteiligten auch um die zukünftige Struktur des Vereins gehen werde. Zu den Protesten der Fans fand Wehrle deutliche Worte: "Es ist das Recht der Fans, zu demonstrieren und den Protest zu zeigen. Wir leben in einem freien Land. Wir haben auch klargemacht, dass die Rechtsform der AG nichts mit 50+1 zu tun hat. [...] Bayern München ist seit 25 Jahren eine AG und Eintracht Frankfurt auch seit über 20 Jahren. Jetzt damit zu kommen, dass die AG gegen das 50+1 verstößt - da bin ich mehr als irritiert."
Quelle: ntv.de, tno/dpa/sid