
Jupp Kapellmann und "Mister Pitt".
(Foto: imago images/Sven Simon)
Saison 1980/81: Einer der streitbarsten Bundesligaspieler aller Zeiten war der Weltmeister von 1974, Jupp Kapellmann. Spielerisch herausragend nervte er jedoch auf und abseits des grünen Rasens seine Kollegen. Besonders skurril: Sein steter Begleiter war ein Stoffbär - bis es eines Tages seinen Mitspielern zu bunt wurde!
Als Deutschland 1974 Weltmeister wurde, stand Jupp Kapellmann im Kader des siegreichen Teams. Nun, sechs Jahre später, endete seine Bundesliga-Karriere in der Saison 1980/81 beim TSV 1860 München. Und auch hier blieb einer der streitbarsten Spieler der Liga-Historie seiner Linie treu. Als Kapitän sprach der junge Arztstudent mannschaftsintern wie immer Probleme an - doch die Frage war: Konnten ihn seine Teamkameraden überhaupt noch verstehen? Denn Kapellmann sagte Sätze wie diesen: "Die Konzentration ist abhängig von der celebralen Durchblutung, und wenn ich keine Kondition habe, lässt auch die nach!"
Oder auch sehr schön: "Einigen von uns fehlt das periphere Sehen. Wenn ich sehe, dass einer steil geht, muss ich mich von meiner ursächlicheren Aufgabe lösen und mannschaftsintegriert agieren." Nun ja. Manch Bundesligaspieler wird sich bei diesen Sätzen wohl eher gedankenverloren mit der Hand durch die Haare gefahren sein.
"Sind gegen den Jupp hart zur Sache gegangen"
Als Kapellmann 1973 von Köln nach München zu den Bayern wechselte, war er mit 800.000 Mark der teuerste Spielertransfer der Bundesliga. Doch die Vorfreude bei seinen neuen Mannschaftskameraden hielt sich in Grenzen. Bereits im letzten Spiel vor dem Transfer bekam Kapellmann richtig was auf die Socken. Sein zukünftiger Coach Udo Lattek zeigte sich etwas erstaunt: "Es stimmt, meine Spieler sind besonders gegen den Jupp hart zur Sache gegangen." Kapellmann selbst blieb jedoch gelassen: "Ich komme ja nicht nach München, um mich mit den anderen Spielern zu verbrüdern, sondern um gemeinsam mit ihnen Erfolg zu haben."
Das Problem mit seinen neuen Teamkameraden stammte noch aus der Vorjahresspielzeit. Am 12. April 1972 hatte Kapellmann Wolfgang Sühnholz in Köln beim DFB-Pokal-Rückspiel, das wegen seiner ruppig geführten Spielweise auch als "Schlacht von Köln" bekannt ist, die Karriere des Bayern-Stürmers durch eine sehr harte Attacke beendet. Das hatten die anderen Spieler Kapellmann nicht verziehen. Im München angekommen, prügelte sich Kapellmann erst einmal mit seinen Mannschaftskollegen Wunder und Torstensson.
Aber auch in Köln hinterließ der angehende Arzt verbrannte Erde. Seinen ehemaligen Mannschaftskameraden Simmet bezeichnete Kapellmann als "Pantoffelhelden" und riet, man müsse denselben wohl einmal über die "Funktion des Kleinhirns" aufklären. Die FC-Spieler reagierten so verärgert, dass sie den Vorstand baten, Kapellmann schriftlich Hausverbot für das Klubhaus "Zum Geißbock" zu erteilen.
Auch bei anderen Bundesligaprofis stieß der Münchner nicht überall auf Gegenliebe. Franz Gerber wäre am liebsten Arzt geworden, daraus wurde aber nichts. Eine Vorstellung trieb ihm jedoch noch Jahre später die Tränen in die Augen: "Stellen Sie sich mal vor: Ich und der Kapellmann, wir Erzfeinde an einem Operationstisch. Das würde der Patient auf gar keinen Fall überleben!"
"Ich als Arzt und er als Notfall"
Aber Kapellmann suchte den Streit auch immer wieder selbst. Als er ab 1979 für den Stadtrivalen 1860 München spielte, sagte er über Paul Breitner: "Was soll ich mit einem Mann anfangen, dessen Frau einen Tag nach dem Lokalderby, bei dem ich ihm als Spielführer der gegnerischen Mannschaft die Hand gegeben habe, sagt: Mein Mann hat schon vielen Deppen die Hand gegeben, gestern auch wieder einem? Für mich persönlich gibt es mit Paul Breitner in Zukunft nur einen möglichen Berührungspunkt: Ich als Arzt und er als Notfall!"
Zu den Bayern brachte Kapellmann auch seinen treuen Begleiter, den Stoffbären "Mister Pitt", mit. Mit ihm sprach der Profi gerne mitten in der Kabine vor seinen Mannschaftskollegen auf Französisch. Das nervte diese so sehr, dass sie den Stoffbären eines Tages unter die Räder des Mannschaftsbusses legten - doch Kapellmann fand "Mister Pitt" gerade noch rechtzeitig, bevor das Gefährt anrollte. Kappelmanns Hund Noel zerfetzte das Kuscheltier schließlich aus Eifersucht und befreite den Fußballprofi endlich von der "nachpubertären Erscheinung" (O-Ton Kappellmann).
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An der Tabellenspitze waren in dieser Spielzeit die Hamburger dem Gewinn der zweiten Deutschen Meisterschaft innerhalb von drei Jahren sehr nahe. Am 25. Spieltag führten sie gegen die Bayern bereits mit 2:0. Felix Magath und Horst Hrubesch hatten die Treffer für den Tabellenersten gegen den zweitplatzierten Titelverteidiger aus München erzielt. Doch ab der 66. Minute kippte zuerst das Spiel und dann die gesamte Saison. Die Bayern beendeten durch die Tore von Karl-Heinz Rummenigge in der 67. Minute und Paul Breitner in der 89. Minute die Titelträume des HSV.
"Verstehe nicht, wie er sich verletzen konnte"
Bei einem Sieg wären die Hamburger mit einem Vorsprung von fünf Punkten den Bayern enteilt gewesen. Nun musste man mit ansehen, wie der Meister der Vorsaison die Schwäche der Hamburger gnadenlos ausnutzte und am 28. Spieltag die Tabellenführung übernahm. Die Bayern holten den Titel am Ende souverän. Mit überragenden 53 Punkten standen sie vier Zähler vor dem HSV und gar sieben vor dem VfB Stuttgart.
Eine Szene erhitzte in dieser Saison die Gemüter der Fans. Beim Spiel zwischen Bayer Leverkusen und Eintracht Frankfurt wurde Bayers Jürgen Gelsdorf zum großen Buhmann. Mit "absoluter Absicht" (Eintracht-Trainer Lothar Buchmann) verletzte der Leverkusener den Frankfurter Cha schwer. Dabei hatte sich der Koreaner schon wie ein "mittelalterlicher Ritter gepanzert": Binden und Bandagen um die Fußgelenke, vorne an den Schienbeinen die starken Schützer und hinten an den Waden und Achillessehnen ein eigens für ihn angefertigter Spezialschutz. Gelsdorf spielte nach der Partie den Unschuldigen: "Ich will nicht abstreiten, dass ich Cha umgeräumt habe. Doch dies geschah keineswegs mit Absicht, und ich verstehe nicht, wie er sich dabei so verletzen konnte."
Frankfurts Nickel hob dagegen die Angelegenheit gleich auf eine höhere Ebene: "Was ist nur mit dem Fußball los, dass solche Typen wie Gelsdorf großgezogen werden?" Eine Woche später im DFB-Pokal beim SV Bramfeld wurde der "Bayer-Treter" mit "Mörder"-Rufen empfangen. Doch es ging auch anders. Eine 20-jährige Anhängerin herzte Gelsdorf, drückte ihm einen Kuss auf die Stirn und sprach altersweise Worte: "Du musst vergessen, Jürgen!" Die Liga konnte das allerdings erst nach und nach.
Quelle: ntv.de