Redelings Nachspielzeit

Kuriose Auszeichnung für Borowka Der größte "Treter der Bundesliga"

Thorsten Legat (l.) und Uli Borowka spielten später gemeinsam für Werder Bremen.

Thorsten Legat (l.) und Uli Borowka spielten später gemeinsam für Werder Bremen.

(Foto: imago images/Kicker/Liedel)

Thorsten "Kasalla" Legat tritt endgültig auf die große Fußballbühne - für seine Mutter ist das kein Wunder. In Frankfurt verpasst HSV-Keeper Uli Stein dem Bayern-Stürmer Wegmann einen Fausthieb und in Bremen erhält der beinharte Abwehrrecke Borowka eine einmalige Auszeichnung!

Der VfL Bochum hat eine neue Nachwuchshoffnung: Thorsten Legat. Schon als Kind ist er ein Fußball-Fanatiker, wie seine Mutter einmal erzählte: "Wenn morgens um acht Uhr in unserer Straße eine Blechdose schepperte, wussten alle Bescheid: Der Legat ist unterwegs!" Auch Thorstens damalige Freundin Nicol war hin und weg vom gutgebauten VfL-Profi: "Von dem Tag an, als sie mich in Werne spielen sah, war sie hinter mir her." Und Thorsten wusste schon damals, dass er auf ewig dem runden Leder verfallen sein würde: "Ohne Fußball bräche für mich die Welt zusammen." Über Thorsten Legat wird man in den Folgejahren noch sprechen - genauso wie über seinen späteren Teamkollegen beim SV Werder Bremen: Uli Borowka.

60 Jahre Bundesliga_Kranz.png

Der beinharte Abwehrspieler wurde in der Spielzeit 1987/88 mit einem Preis des Fachmagazins "Kicker" ausgezeichnet, den dieses nur ein einziges Mal verlieh. Unglaubliche 216 Profis wählten Uli Borowka zum größten "Treter der Bundesliga". Eine Auszeichnung, die schnell in Verruf geriet - doch der Bremer nahm sie damals mit Humor. Er fand es nur schade, dass er nichts Vorzeigbares in den Händen halten konnte: "Es gibt doch immer Nadeln und Pokale. Ich bestehe jetzt auf einen eisernen Schuh!" Dass Borowka ziemlich gut wusste, welche Spielweise er an den Tag legte, zeigt ein Zitat aus dieser Zeit: "Mein Talisman ist eine Krawattennadel mit einem Hackebeil. Ein Geschenk meiner Frau, die meint, das würde zu meinem Erscheinungsbild auf dem Fußballplatz passen."

Uli Steins Faustschlag

Auch der Schalker Olaf Thon erinnert sich noch heute genau an den unbarmherzigen Abwehrrecken Borowka. Bei seinem allerersten Bundesligaspiel auf dem Bökelberg war der beinharte Verteidiger Thons Gegenspieler. Borowka empfing den nervösen Jungspund mit den Worten: "Ich brech' dir gleich beide Beine!" Und damit war alles Wesentliche gesagt. Nur ein einziger Spieler konnte es mit Borowka aufnehmen, wie er selbst gerne erzählt: "Beim Spiel in Leverkusen haut mich Ulf Kirsten in der ersten Minute mit Karacho über die Bande. Ich denk, was ist denn jetzt los und sag zu Ulf: 'Sag mal, spinnst du? Ich habe doch noch überhaupt nix gemacht?!' Da schaut der Ulf mich lächelnd an und meint: 'Das ist noch fürs letzte Mal, Uli!'"

Auch die Saison 1987/88 startete spektakulär. Beim Supercup zwischen Bayern München und dem Hamburger SV streckte Keeper Uli Stein den Doppel-Torschützen der Bayern, Jürgen Wegmann, mit einem Faustschlag nieder. Er sah völlig zu Recht die Rote Karte und wurde umgehend vom Hamburger SV entlassen. Die Liga war geschockt. Die Ausfälle von Uli Stein häuften sich. In einem Leserbrief zitierte ein Fußballfan den Tennisstar Boris Becker. Der hatte einmal über John McEnroe gesagt: "Ich schätze ihn als Sportler, als Mensch tut er mir leid." Man ersetze McEnroe durch Stein. Doch für den ehemaligen Nationalkeeper war die Bundesliga-Reise nach diesem Eklat noch nicht zu Ende. In Frankfurt sollte es für Stein anschließend noch einmal hoch hergehen.

Andreas Möller erhält "Lügenfibel"

Ansonsten war es die Saison des SV Werder Bremen - vor allem, weil der Erfolg so unerwartet kam. Eigentlich hatte man sich an der Weser auf ein Jahr des Übergangs eingerichtet. Ohne Völler und Pezzey ging man in die neue Spielzeit, und die Zeitungen titelten: "Aus ›Rehhagels Rentnerband‹ wird ›Rehhagels Rasselbande‹." Der Trainer selbst sagte: "Ich baue das Werder-Team der 1990er Jahre." Und dieser Umbau gelang schnell. Mit Karl-Heinz Riedle holte man vom Absteiger Blau-Weiß 90 Berlin einen hervorragenden Ersatz für Rudi Völler, und in den eigenen Reihen reiften Gunnar Sauer und Rune Bratseth zu souveränen Abwehrstrategen heran.

ANZEIGE
60 Jahre Bundesliga: Das Jubiläumsalbum
1
25,00 €
Zum Angebot bei amazon.de

Dazu kam der aus Mönchengladbach gewechselte Mann mit der besonderen Auszeichnung: Uli Borowka. So kassierte Bremen nur 22 Gegentreffer in der kompletten Saison. Auch dank des großartigen Teamgeistes, den Trainer Otto Rehhagel fast poetisch besang, sollte es am Ende mit der deutschen Meisterschaft klappen: "Bei uns ist es der Zusammenhalt, der uns so stark macht. Mir nutzen Stars nichts, ich brauche elf Leute. Bei einem Geigenvirtuosen mag das gehen. Aber eine Mannschaft ist wie ein Chor. Wenn da einer einen Kloß in der Kehle hat, kommen schiefe Töne raus."

Und dann begann mit Andreas Möller auch noch eine neue Ära im deutschen Profifußball. Spieler wurden ab dieser Spielzeit extra für die Medien geschult. Ende November bekam Möller von seinem Rechtsanwalt ein Fax mit dem Titel: "Vorschläge für Antworten gegenüber der Öffentlichkeit"! Es waren typische Standardfloskeln, die man von nun an immer wieder und überall hören sollte: "Ich spiele seit meinem … Lebensjahr für Eintracht Frankfurt. Ich bin Frankfurter und Eintrachtler. Ich fühle mich Eintracht Frankfurt und seinen Anhängern sehr eng verbunden."

Thema Geld: "Entscheidend ist für mich die sportliche Fürsorge durch meinen Verein. Geld ist für mich nebensächlich." Und auf Nachfragen zu einem möglichen Wechsel, z. B. zu Bayern München, sollte Möller antworten: "Ich verhandele nicht mit Bayern München. Ich will in Frankfurt bleiben." Wie die Realität um den Jungstar Möller tatsächlich aussah, zeigte sich in seinem späteren Werdegang. Dieses Papier wurde Jahre danach von seinem Mitspieler Axel Kruse als "Lügenfibel" bezeichnet.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen