
Kämpft mit den gleichen Problemen wie sein Vorgänger: Nuri Sahin.
(Foto: IMAGO/HMB-Media)
Das 1:5-Debakel in Stuttgart nagt deutlich am Selbstverständnis von Borussia Dortmund. Die harte und ablehnende Reaktion der eigenen Fans nach der katastrophalen "Nicht-Leistung" lässt darüber hinaus tief blicken. Beim BVB geht die Angst um, dass man auch mit dem neuen Trainer die alten Fehler wiederholt.
"Du siehst das nicht kommen", hat BVB-Trainer Nuri Sahin nach dem Debakel von Borussia Dortmund am Sonntagabend beim VfB Stuttgart tatsächlich gesagt - und damit nicht nur bei den Anhängern des diesjährigen Champions-League-Finalisten für Verwunderung gesorgt. Denn wer die Reaktionen und Kommentare der Fans unter der Woche beim am Ende deutlich zu hohen 3:0-CL-Sieg in Brügge aufmerksam verfolgt hat, der konnte ahnen, dass es unter den treuen Anhängern nicht wenige gab, die solch eine Partie und "Nicht-Leistung" (Sahin) wie diese beim 1:5 in Stuttgart für möglich gehalten haben. Anders wohl als die BVB-Verantwortlichen. Wenigstens, wenn man deren Worten nach Spielschluss Glauben schenken darf.
Doch war der öffentlich zur Schau gestellte Selbstbetrug bei der Einschätzung der eigenen Lage tatsächlich echt? Genau das darf bezweifelt werden. Zu eindeutig war vor allem die Reaktion von Sebastian Kehl nach dem Spiel. Nachdem die Mannschaft von den eigenen Fans attackiert und von der Kurve weggeschickt worden war, zeigte sich der Sportdirektor in seinen Worten sehr eindeutig und dazu verständnisvoll für den energischen Gegenwind durch die BVB-Anhänger. Von Relativierungen oder Beschönigungen keine Spur. Stattdessen kündigte Kehl bereits nach dem vierten Spieltag und dieser katastrophalen Leistung beim VfB eine "klare Analyse" an. Das lässt tief blicken.
Offensichtlich sitzt die Angst in Dortmund tief, die Fehler der vergangenen Jahre könnten auch unter dem neuen Trainer Sahin wiederholt werden. Denn auch die Fans beginnen bereits wieder am Nachfolger von Edin Terzic zu zweifeln. Nicht wenige bezeichnen das "Experiment" Sahin schon als gescheitert und sprechen von dem Coach, der erst zum Saisonstart das Ruder als Chef übernommen hat, als "Übergangstrainer". Harter Tobak natürlich, der aber auch zeigt, wie gespalten das Verhältnis und wie groß das Misstrauen eines nicht unbedeutenden Teils der Fans zum eigenen Klub mittlerweile ist. Die vergangenen Jahre haben Spuren hinterlassen. Auf ein festes Fundament des Vertrauens können die BVB-Verantwortlichen so wenigstens nicht mehr zählen.
Wartet eine ungemütliche Spielzeit?
Es reicht ein Spiel wie am gestrigen Abend in Stuttgart, um einen kompletten Stimmungsumschwung zu bewirken. Das immer noch in Spuren vorhandene Selbstverständnis, dass der mehrmalige deutsche Meister zu den absoluten Topmannschaften der Bundesliga zählt, bröckelt immer mehr. Denn die Negativserie gegen die Erfolgsteams der oberen Tabellenhälfte geht offensichtlich auch in dieser Saison nahtlos weiter. Über die Gründe, die dazu führen, dass der BVB in den großen Spielen in der Liga immer wieder versagt, hat man mittlerweile viel und lange nachgedacht. Nun soll wieder analysiert werden. Ob das allerdings wirklich etwas bringt, darf bezweifelt werden.
Vermutlich muss man sich in Dortmund endlich einmal damit abfinden, dass die Zeiten der "Mentalitätsmonster" - wie Klopp früher "seine Jungs" beim BVB häufiger bezeichnete - aktuell vorbei sind. Denn egal, wen man zuletzt auch als Führungsspieler verpflichtete, es sollte einfach nicht sein. Die seltsame Lethargie in den Partien gegen die Topteams in der Bundesliga scheint auch in dieser Serie weiterzugehen. Das Auseinanderfallen der Mannschaft gegen den VfB lässt wenigstens momentan keine anderen Schlüsse zu.
Aber die Saison ist ja noch lang - und am Freitagabend erwartet den BVB und seine Fans mit dem abstiegsgefährdeten VfL Bochum erst einmal eine mentale Verschnaufpause (20.30 Uhr/DAZN und im ntv.de-Liveticker). Doch von einem potenziellen Erfolg gegen den Reviernachbarn sollte man sich nicht täuschen lassen. Auf die Borussia wartet eine Spielzeit, die deutlich ungemütlicher und unbefriedigender werden könnte, als man es sich zum Saisonstart und nach dem Trainerwechsel gedacht und erhofft hat. Die Zündschnur im Klub und bei den eigenen Fans wird immer kürzer. Noch ist es nicht zum ganz großen Knall gekommen in Dortmund. Aber auch das sollte man spätestens nach der fatalen "Nichtleistung" von Stuttgart im Hinterkopf behalten.
Quelle: ntv.de