IOC schweigt zu Kritik Taiwans Team fürchtet Chinas Propaganda

Sieht gut aus, wirkt aber auf viele bedrohlich.

Sieht gut aus, wirkt aber auf viele bedrohlich.

(Foto: imago images/VCG)

Der chinesische Staatschef Xi Jinping betrachtet Taiwan als "abtrünnige Provinz". Dass der demokratische Inselstaat bei den Olympischen Winterspielen ein eigenes Team stellt, sorgt für Unruhe. Auf beiden Seiten.

Lin Sin-Rong freut sich auf ihre ersten Olympischen Spiele. "Ich kann in Asien das Neujahrsfest verbringen und zum Wettkampf antreten", schrieb die Rodlerin aus Taiwan auf Facebook, "bitte feuert uns an!" Aber das "ganz besondere" Erlebnis ist auch ein heikles für die 23-Jährige und ihre drei Teamkollegen. Denn die kleine Mannschaft vom Inselstaat wird in Peking zum politischen Spielball.

Eigentlich sollte das Mini-Team nicht an der Eröffnungsfeier am heutigen Freitag im "Vogelnest" teilnehmen. Offiziell wegen Reiseproblemen und strengen Corona-Maßnahmen, in erster Linie aber wohl aus Angst, von den chinesischen Organisatoren vereinnahmt zu werden. Denn seit Staatspräsident Xi Jinping immer vehementer die Wiedervereinigung mit dem demokratischen Inselstaat propagiert, wächst der Druck auf Taiwan - diplomatisch, wirtschaftlich, aber auch militärisch.

Lin Sin-Rong beim Weltcup in Oberhof im Januar.

Lin Sin-Rong beim Weltcup in Oberhof im Januar.

(Foto: imago images/foto2press)

Das Internationale Olympische Komitee (IOC) beharrte aber auf einer Teilnahme von "Chinesisch-Taipeh" an den Feierlichkeiten, die Teamleitung stimmte doch noch zu und erntete daheim heftige Kritik. Das sei "gleichbedeutend damit, Chinas Menschenrechtsverletzungen gutzuheißen", erklärten mehrere Menschenrechtsorganisationen in Taiwan, das IOC folge "Chinas Gebot". Auf einer Demonstration in Taipeh in der vergangenen Woche hatten Aktivisten die olympischen Ringe mit Handschellen an ihren Armen befestigt.

Flagge und Hymne dürfen nicht genutzt werden

Die Regierung in Taiwan fürchtet, dass China unter Xi die aus seiner Sicht "abtrünnige Provinz" gewaltsam zurückholen werde. Es sei "offensichtlich, dass China Taiwan irgendwann angreifen möchte", sagte Außenminister Josef Wu dem ZDF. Darauf müsse man vorbereitet sein. Nach Angaben des taiwanesischen Verteidigungsministeriums drangen am 23. Januar 39 chinesische Kampfflugzeuge in die Luftverteidigungszone der Insel ein.

Besonders genau schauen und hören die Taiwaner hin, wenn Lin und ihre drei Teamkollegen ins Olympiastadion einlaufen. Das IOC führt die Athleten von der Insel seit 1981 unter "Chinesisch-Taipeh", ihre Flagge und ihre Hymne dürfen sie nicht verwenden. Auf einer Pressekonferenz in Peking nannte ein chinesischer Sprecher die Insel aber "China Taipeh", was Beobachter prompt als sprachliche Vereinnahmung werteten.

Der Aufschrei in Taiwan ließ nicht lange auf sich warten. Die Organisatoren sollten sich an die Olympische Charta halten und "die Veranstaltung nicht mit politischen Faktoren stören, um unsere Seite zu unterdrücken und herabzusetzen", sagte ein Regierungssprecher. Die Tageszeitung Liberty Times mutmaßte, Taiwan werde bei der Eröffnungsfeier zusammen mit Hongkong und Macau - und damit als chinesisches Territorium - angekündigt.

Bei den Sommerspielen im vergangenen Jahr in Tokio hatte China erbost reagiert, als die Athleten von der Insel bei der Eröffnungsfeier als "Taiwan" bezeichnet und im japanischen Alphabet unter "Ta" und nicht unter "Chi" eingelaufen waren. Die nächste Eskalation ist programmiert.

Quelle: ntv.de, tsi/sid

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