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Heraldik als Lebensmittelpunkt Jörg Mantzsch entwirft Wappen

Jörg Mantzsch ist ein bisschen von allem: Wissenschaftler, Historiker, Künstler, Journalist, Publizist, Autor und Dozent. Im Beruf des Heraldikers vereint der 55-Jährige all diese Eigenschaften. Wappen sind das Leben des groß gewachsenen Mannes, der in Raguhn aufgewachsen ist und heute in Magdeburg wohnt. Fast 600 hat er für Gemeinden, Städte, Landkreise und Verwaltungsgemeinschaften in ganz Deutschland erarbeitet und gilt als Koryphäe auf dem Gebiet der Kommunalheraldik. "Wappen sind Symbole, die nicht nur ein dekorativer Schmuck sind, sondern eine unverwechselbare Identität vermitteln", sagt Mantzsch. "Sie schlagen eine Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart."

1992 hat er die Heraldik in den Mittelpunkt seines Lebens gerückt. Für Mantzsch ist die "Hilfswissenschaft der Geschichte" eine Berufung. "Ich verbringe viel Zeit in Archiven, führe lange Diskussionen mit meinen Auftraggebern und muss hin und wieder auch mal mit der Faust auf den Tisch hauen", beschreibt der leidenschaftliche Gemüsegärtner seine Arbeit. Er kennt sich in Wappenkunde, Wappenkunst und Wappenrecht ebenso aus wie in der klar definierten Farbgestaltung. "Nicht jedes Objekt kann zum Wappenbild werden", sagt Mantzsch.

Forellen, die keine sind

Der Entstehungsprozess eines Wappens beginnt im Kopf. Ersten Skizzen folgen digitale Entwürfe am Computer. "Viele glauben, dass ich mit der Baskenmütze an der Staffelei stehe", sagt Mantzsch. Aus mehreren Entwürfen sucht sich der Auftraggeber den Favoriten raus, dessen Richtigkeit und Einmaligkeit von einem Gutachter bewertet wird. Als letzte Instanz genehmigt oder verweigert eine Landesbehörde die Anerkennung. "Meine Wappen sind noch nie gescheitert", sagt er.

Der Weg bis zur Genehmigung ist oft schwierig. "Ich muss geschichtliche Nachhilfe leisten und mit Vorurteilen und Irrtümern aufräumen", sagt Mantzsch. "Wappen sind keine Fantasiegebilde." Dann muss er Gemeinderäten klar machen, dass die Dorfkirche sich nicht für ein Wappen eignet, weil es ihr an Unverwechselbarkeit fehlt. Oder das die vermeintlichen Kleeblätter eigentlich Lindenblätter, die Schwerter nur simple Vorlegemesser aus der Küche und die Forellen gar keine Forellen sind.

Begeisterung und Zugehörigkeitsgefühl

Wird ein Wappenstreit jedoch zum handfesten Parteienzwist, tritt Mantzsch den Rückzug an. Mehr als 20 Mal änderte er das Wappen des Berliner Bezirks Pankow, der als einziger der Hauptstadt keines hat. Vor kurzem hat er den Auftrag zurückgegeben. "Wenn die Wünsche so weit gehen, dass der Entwurf ein schönes Bild wird, aber heraldisch unkorrekt ist, dann verweigere ich mich."

Sein Lieblingswappen ist das von Quedlinburg im Harz. Der Grund: Kaiser Otto I. verlieh der Stadt das Siegelrecht und Mantzsch erstellte aus den historischen Symbolen das Wappen. "Für mich eine große Ehre", schwärmt er. Schmunzeln muss er über Magdeburg, dessen Wappen aufgrund eines negativen Gutachtens offiziell nie genehmigt wurde, sondern nur geduldet ist. "Die Türme sind zu niedrig, die Frau zu groß und dieser Kranz ist einfach undefinierbar."

Für Mantzsch ist es faszinierend, wie sich Menschen für Wappen begeistern und mit ihnen ein gewisses Zugehörigkeitsgefühl verbinden. "Stellen sie sich mal eine Uniform ohne Wappen oder einen Festumzug ohne Flaggen und Standarten vor. Das geht gar nicht", sagt er. "Und da ich ein Stück von mir selbst in den Wappen über Jahrhunderte verewige, habe ich den besten Beruf der Welt."

Quelle: ntv.de, Sabrina Gorges, dpa

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