Das Ringen mit der Männlichkeit Schwache Kerle lügen lieber
03.07.2015, 17:57 Uhr
Pinocchio wuchs beim Lügen die Nase. Auch wenn Männer sich gern größer flunkern: Sie wachsen nicht.
(Foto: Twitter/HouseOfVansLDN)
Die armen Männer. Immerzu müssen sie richtige Kerle sein, bereit, einen Baum zu fällen. Wie sehr den Herren der Schöpfung alte Geschlechterstereotypen tatsächlich zusetzen, zeigt eine neue Studie. Fühlt Mann sich nicht Manns genug, beginnt er zu flunkern.
Männer müssen maskulin sein. Sie müssen stark sein, sich durchsetzen - auch wenn sie mal im Unrecht sind. Und niemals, wirklich niemals dürfen sie weinen. Jedenfalls denken das noch immer viele. Während die Gesellschaft hinsichtlich der Gleichberechtigung voranschreitet, scheinen Männlichkeitsideale unangetastet ihre Gültigkeit zu behalten.
Fühlt sich ein Mann nicht Manns genug, empfindet er das Bedürfnis, dieses scheinbare Defizit zu kompensieren. Das fand ein Forscherteam um die Psychologie-Professorin Sapna Cheryan von der University of Washington heraus. Der Ausgleich kann demnach auf zwei verschiedenen Wegen geschehen: Entweder spielt der Betroffene seine Männlichkeit mit Übertreibung hoch oder aber er leugnet Verhalten, das aufgrund alter Stereotypen als weiblich empfunden wird.
Für die Studie wurden männliche Studenten der Universität Stanford gebeten, ein Messgerät für Händedruck zu benutzen. Die Forscher sagten den Teilnehmern, das Gerät werde ihre Stärke messen. Sie würden herausfinden wollen, inwieweit sich Anstrengung auf den Entscheidungsfindungsprozess auswirkt. Tatsächlich aber ging es ihnen um etwas anderes.
Mit wie vielen Frauen hatten Sie was?
Die Ergebnisse der Teilnehmer ordneten die Forscher vor deren Augen einer fiktiven Übersicht mit männlicher und weiblicher Leistungskurve zu - letztere lag deutlich unter ersterer. Später wurden die Probanden gebeten, einen Fragebogen auszufüllen. Sie mussten Angaben bezüglich ihrer Größe, vergangener Beziehungen, Persönlichkeit und Produkten, die gewöhnlich als männlich oder weiblich gelten, machen
Einer Teilnehmergruppe wurde nach dem Drucktest mitgeteilt, ihr Griff sei suboptimal gewesen. Damit sei ihr Ergebnis leider "nur" mit der Kraft einer Frau zu vergleichen. Im Fragebogen flunkerten sich die gekränkten Herren dann durschnittlich etwa zwei Zentimeter größer, gaben an, in der Vergangenheit mehr Sexualpartnerinnen gehabt zu haben und beschrieben sich selbst als aggressiver und athletischer als die Vergleichsgruppen, deren Händedruck als gut, also "männlich" beziehungsweise durchschnittlich gemessen worden war.
"Diese Forschungsergebnisse zeigen, dass Männer sehr starken Normvorstellungen ausgesetzt sind", zitiert das Portal "Science Daily" Cheryans Co-Autor Benoît Monin von der Stanford University. "Sie arbeiten hart an ihrer Außenwirkung, sobald sie das Gefühl haben, ihre Maskulinität werde infrage gestellt."
Während die jüngsten Forschungsergebnisse noch recht amüsant daher kommen mögen, fügen sie sich noch in einen größeren Kontext. Vergangene Untersuchungen haben bei Männern wesentlich weniger harmloses Kompensationsverhalten identifiziert.
Weniger Geld, weniger Hilfsbereitschaft
Männer mit kindlichen Gesichtszügen sollen laut "Science Daily" öfter zu hoher Durchsetzungskraft, aber auch zu feindseligem Verhalten tendieren. Außerdem heißt es, sie würden mehr Verbrechen begehen als Männer mit schärferen Gesichtszügen. Das Portal zitiert weiterhin eine Studie, wonach Männer, die bei gewissen Männlichkeitstests schlecht abschneiden, eher dazu neigen, sich aggressiv zu verhalten, Frauen zu belästigen und andere Männer klein zu machen.
Arbeitslose Männer tendieren laut "Science Daily" eher zu Gewalt gegen Frauen und Männer, die weniger verdienen als ihre Partnerin, sind seltener bereit dazu, bei der Hausarbeit zu helfen.
"Männer haben in unserer Gesellschaft viel Macht", sagt Cheryan. "Unsere Studie zeigt, dass sie sich in ihren Entscheidungen davon leiten lassen, wie männlich sie sich in dem Moment fühlen."
Quelle: ntv.de, ame