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Hitler billigte Film persönlich "Die Feuerzangenbowle" läuft noch immer

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"Sie sind etwas albern": Heinz Rühmann in "Die Feuerzangenbowle".

"Sie sind etwas albern": Heinz Rühmann in "Die Feuerzangenbowle".

(Foto: picture alliance/United Archives)

"Ist der Film zum Lachen?", soll Adolf Hitler gefragt haben. Als das bejaht wurde, hatte der Diktator nichts dagegen, "Die Feuerzangenbowle" zu zeigen, während sich an der Front das Blatt gegen Nazi-Deutschland wendete. Obwohl historisch belastet, ist der Heinz-Rühmann-Streifen heute Kult.

Deutscher Humor aus dem letzten Jahrhundert. Ort: Klassenzimmer. "Sie heißen?", "Johann Pfeiffer!", "Mit einem F oder mit zwei?", "Mit drei, Herr Professor!", "Mit drei F?" - viele wissen bei diesem Dialog gleich, woher er stammt: natürlich aus der "Feuerzangenbowle". Vor bald 80 Jahren kam das Werk ins Kino, an Heiligabend läuft es in der ARD wieder im Fernsehen

Vor allem Ältere wissen, wie es an der Stelle mit den drei "F" weitergeht. Heinz Rühmann alias Gymnasiast Hans Pfeiffer sagt: "Eins vor dem Ei, zwei hinter dem Ei!" Und Erich Ponto als Lehrer Professor Crey (genannt "Schnauz") sagt knapp: "Sie sind etwas albern."

Der wohl berühmteste Heinz-Rühmann-Film erlangte im Nachkriegsdeutschland Kultstatus. Wie kaum ein anderer deutscher Film prägte er sich nachhaltig ins kollektive Gedächtnis. Viele Millionen in Ost und West sahen ihn wieder und wieder bei den Wiederholungen im TV. An deutschen Unis gab und gibt es Vorführungen in der Vorweihnachtszeit.

Versteckte braune Ideologie

Ganz so unpolitisch wie der Film erscheint, ist er Historikern zufolge nicht. Braune Ideologie ist in der Schulkomödie aber eher versteckt, etwa wenn der schneidige Lehrer Dr. Brett junge Menschen mit Bäumen vergleicht ("Disziplin muss das Band sein, das sie bindet, zu schönem geraden Wachstum") oder wenn es im Unterricht etwas rassenideologisch um die Völkerwanderung geht.

Januar 1944: In Europa tobt der von Deutschland entfesselte Zweite Weltkrieg aufs Schlimmste. An der Ostfront holt die Rote Armee zum großen Gegenschlag aus. Hitlers Ende hat längst begonnen. Nach einer Bombennacht in Berlin findet am 28. Januar um 10.45 Uhr im Tauentzienpalast an der Ecke Nürnberger Straße die Erstaufführung des Films statt, der im Frühling 1943 gedreht worden ist. Einige der Darsteller der Oberprimaner erleben diesen Tag schon nicht mehr, weil sie zwischen Dreharbeiten und Premiere an der Front getötet wurden.

Rühmann selbst hat sich in den Wochen zuvor für den Film ins Zeug gelegt. Im Funktionärsapparat, vor allem aus dem Erziehungsministerium, hatte es Widerstände gegen die Pennälerkomödie gegeben, die angeblich die Lehrerschaft verunglimpfe. Adolf Hitler persönlich soll die Freigabe des Films angeordnet haben, nachdem Rühmann mit einer Filmrolle unter dem Arm im Hauptquartier "Wolfsschanze" nach Ostpreußen gereist war.

Demnach fragte Hitler, der sich in jener Zeit keine Spielfilme mehr ansah, seinen Reichsmarschall Hermann Göring nur: "Ist der Film zum Lachen?" Als Göring dies bejahte, soll Hitlers kurze Antwort gelautet haben: "Dann ist dieser Film sofort für das deutsche Volk freizugeben."

Der "gottbegnadete" Heinz Rühmann

Das Originalplakat zu "Die Feuerzangenbowle".

Das Originalplakat zu "Die Feuerzangenbowle".

(Foto: picture alliance / akg-images)

Rühmann war ein großer Star in den 40ern. Sein Name stand auf der legendären "Gottbegnadeten-Liste" der Nazis, auf der die Künstler verzeichnet waren, die vom Kriegsdienst befreit bleiben sollten. Er galt als weitgehend unpolitisch, was ihm später manchmal den Vorwurf des Opportunismus einbrachte. Seine Karriere ging im Nachkriegsdeutschland weiter. In Rühmann, der 1994 im Alter von 92 Jahren starb, konnten sich weite Teile des Publikums wiedererkennen.

"Die Feuerzangenbowle" beruht auf einem 1933 in vielen Fortsetzungen erschienenen Zeitungsroman von Heinrich Spoerl. Beim Treffen alter Freunde kann der Schriftsteller Dr. Johannes Pfeiffer bei den Schul-Anekdoten nicht mitreden, weil er einen Privatlehrer hatte. Um die Jugend nachzuholen, mal was Irrsinniges zu tun, albern und ohne Sorgen, macht er sich als Schüler zurecht und besucht das Gymnasium im beschaulichen Babenberg. Mit tollkühnen Streichen treibt er die schrullige Lehrerschaft in den Wahnsinn - und findet nebenbei die Frau fürs Leben: die Tochter des Schuldirektors. Am Ende kommt jedoch heraus, dass die ganze Binnenhandlung nur ausgedacht ist - nur die Rahmenhandlung des Herrenabends mit Feuerzangenbowle ist am Ende wahr.

"Die Feuerzangenbowle" ist somit der vielleicht schizophrenste Film der Nazi-Zeit, in der stets die leuchtende Zukunft der Deutschen propagiert wurde. In der durchaus melancholischen Komödie wird nämlich die Wilhelminische Epoche (1890 bis 1914) zur guten alten Zeit stilisiert. Zugleich werden (Jugend-)Erinnerungen zu einem rettenden Paradies verklärt. Die kann einem zwar niemand nehmen - man kann sie aber auch im Nachhinein nicht wirklich erzeugen.

Quelle: ntv.de, Gregor Tholl, dpa

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