Zwischen Märchen und "Revenant" "Alpha" kommt auf den Hund
06.09.2018, 09:53 Uhr
Ein Freund, ein guter Freund: Keda (Kodi Smit-McPhee) und "Alpha".
(Foto: Sony Pictures Entertainment Deutschland GmbH)
Das haben sich bestimmt schon einige beim Gassi gehen mit Hasso, Bello oder Waldi gefragt: Wie ist der beste Freund zum Menschen gekommen? Der Film "Alpha" gibt eine Antwort - frei erfunden und trotzdem schön. Nicht nur für Hundenarren.
Wie kam der Hund eigentlich zum Menschen? Das ist bis heute nicht vollständig geklärt, auch wenn einige Basisfakten festzustehen scheinen. Das Ganze passierte wohl vor etwa 20.000 Jahren, während der letzten Eiszeit. Dass der Hund vom Wolf abstammt, der von Menschen gezähmt wurde, gilt als sicher. Umstritten ist dagegen, wo die Domestizierung tatsächlich stattfand. Jüngste Untersuchungen deuten darauf hin, dass dies an zwei Orten völlig unabhängig voneinander geschah: in Europa und in Asien.
Aus einem wilden Tier den besten Freund des Menschen zu machen, war vermutlich kein einfacher und nicht gerade kurzer Prozess. Darauf muss ein fiktionaler Spielfilm, der nicht den Anspruch einer wissenschaftlich fundierten Dokumentation hat, aber natürlich keine Rücksicht nehmen. Und so entwirft Regisseur Albert Hughes in seinem Streifen "Alpha" eine Theorie, bei der Forscher vermutlich die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, die dafür aber umso fantastischer daherkommt.
Ein Unglück wird zum Glücksfall
Keda (Kodi Smit-McPhee) ist der Sohn von Tau (Jóhannes Haukur Jóhannesson), der einen Stamm von Jägern und Sammlern im steinzeitlichen Europa anführt. Darauf, dass der Junge eher sensibel ist, kann der Vater keine Rücksicht nehmen. Für Sentimentalitäten ist in der rauen Welt dieser Epoche schließlich kein Platz, ganz zu schweigen davon, dass Keda später einmal Tau als Stammesführer beerben soll.

Statt ihn zu töten, pflegt Keda einen Wolf gesund.
(Foto: Sony Pictures Entertainment Deutschland GmbH)
Es kommt, wie es offenbar kommen muss. Just in dem Moment, als Keda das erste Mal mit Angehörigen seines Stammes auf die Jagd geht, widerfährt dem unsicheren Heranwachsenden ein Unglück. Er stürzt in eine Schlucht und wird von seinem Vater und den anderen Kriegern, die ihn für tot halten, schwer verletzt zurückgelassen. Doch Keda kommt wieder zu Bewusstsein und versucht auf sich allein gestellt, den Weg zurück in seine Heimatsiedlung zu finden.
Nicht nur seine Verletzungen machen ihm dabei zu schaffen. Er muss auch die überall lauernden Gefahren der Natur abwehren. Als ihn ein Rudel Wölfe angreift, streckt er eines der Tiere mit seiner aus Stein gehauenen Klinge nieder. Doch anstatt es zu töten, entscheidet er sich, es wieder gesund zu pflegen - der Beginn einer Freundschaft, die Kedas Odyssee auf der Suche nach seinem Zuhause von da an prägen soll ...
Anstrich von Authentizität
"Alpha" ist für Albert Hughes, der bisher nur gemeinsam mit seinem Zwillingsbruder Allen Streifen wie das Ghetto-Drama "Menace II Society" oder den Thriller "From Hell" mit Johnny Depp gedreht hat, sein Solo-Spielfilm-Debüt. Dabei bewegt er sich bisweilen durchaus an der Grenze zum Kitsch. Aber eben nur an der Grenze. Obwohl "Alpha" ein Märchen ist, gelingt es dem Regisseur geradezu vorzüglich, ein Abdriften des Films in eine allzu klischeebeladene, heile Disney-Welt zu verhindern.

Die Landschaftsaufnahmen in "Alpha" sind beeindruckend.
(Foto: Sony Pictures Entertainment Deutschland GmbH)
Zum einen gelingt ihm das, indem er dem Streifen mal eben rotzfrech einen künstlichen Anstrich von Authentizität verleiht. So bettet er seine vor 20 Jahrtausenden in Europa angesiedelte Geschichte nicht nur in eben jene paar Fakten ein, die über die Annäherung von Mensch und Hund bekannt sind. Der ganze Film wird auch in einer eigens für ihn entwickelten Sprache erzählt und ist deshalb von vorne bis hinten untertitelt.
Gelungener Spagat
Zum anderen schafft es Hughes, indem er einen gelungen Spagat zwischen Fantasy-Fabel und beinahe realitätsgetreuer Überlebens-Erzählung im Stile von "The Revenant" auf die Leinwand bannt. Smit-McPhee und seine Ensemble-Kollegen strotzen dabei so vor Spielfreude, dass man sie glatt tatsächlich für Steinzeitmenschen halten könnte. Die schauspielerische Leistung des jungen Australiers, der zuletzt unter anderem als "Nightcrawler" in der "X-Men"-Reihe zu sehen war, überzeugt umso mehr, als er schließlich über weite Strecken des Films mit einem "Wolf" interagieren muss.
Hinzu kommen die großartigen Bilder von weiten Landschaften, Wildnis und Natur, die unter der Leitung des österreichischen Kameramanns Martin Gschlacht eingefangen wurden. Allein dafür lohnt es sich schon beinahe, ins Kino zu gehen. Kurzum: "Alpha" ist allemal sehenswert. Und das nicht nur für Hundenarren, sondern sogar für Hundehasser.
"Alpha" läuft ab sofort in den deutschen Kinos.
Quelle: ntv.de