Kino

Im Bett mit zwei Frauen, im Clinch mit Japan John Cusack kann "Shanghai" nicht retten

Der US-Agent spielt mit dem Feuer.

Der US-Agent spielt mit dem Feuer.

(Foto: Senator Film Verleih)

Paul Soames landet im Bett von Frau Müller und von Anna. Er prügelt sich mit Tanaka und Anthony. Und er verhindert fast den Angriff auf Pearl Harbor. Aber nur fast. "Shanghai" verheddert sich in zu viel Handlung und zu wenig Spannung. Immerhin ist das schön anzusehen. Eine wunderbare Freundschaft entsteht so aber nicht.

US-Geheimagent Paul Soames (John Cusack) reist 1941 nach Shangai, das bereits teilweise von japanischen Truppen besetzt ist. Er will den Mord an einem Freund und Kollegen aufklären. Dazu sucht er nach der Frau, die zuletzt mit dem Ermordeten zusammen war. Nach ihr fahndet allerdings auch der japanische Agent Tanaka (Ken Watanabe - ). Und der ist nicht zimperlich. So gerät Soames schnell in ein Netz aus Intrigen und Fallstricken. Er lernt Anna (Gong Li - "Die Geisha") kennen, die Frau von Gangsterboss Anthony (Chow Yun-Fat - "Tiger and Dragon"), die ihn mit ihren Verbindungen der gesuchten Frau näher, aber auch in große Gefahr bringt.

Soames beim Tête-á-Tête mit Anna.

Soames beim Tête-á-Tête mit Anna.

(Foto: Senator Film Verleih)

Denn Shanghai steht als eine der letzten chinesischen Städte vor der kompletten Invasion durch Japan. In den französischen und britischen Vierteln wimmelt es vor japanischen Agenten, chinesischen Widerstandkämpfern und europäischen Flüchtlingen, für die Shanghai die letzte Zuflucht vor dem Nationalsozialismus ist. Die Lage spitzt sich zu und Soames muss sich nicht nur entscheiden, was eigentlich seine Aufgabe ist, sondern auch, für wen es sich lohnt, zu kämpfen.

Thriller, Drama, Liebesfilm - und Action

Um eines vorwegzunehmen: "Shanghai" ist großartig ausgestattet. Zwischen Opiumhöhlen, lasterhaften Vergnügen, kolonialer Pracht und verregneten Seitengassen schafft es das exotische Setting, die im Niedergang begriffene Metropole wieder aufleben zu lassen. Die Produzenten haben dafür weder Kosten noch Mühen gescheut. Dass "Shanghai" von Regisseur Mikael Hafström ("Zimmer 1408") trotzdem ein blasser Film bleibt, hat vor allem zwei Ursachen. Einerseits kann sich der Film nicht entscheiden, was er sein will: Agententhriller, historisches Drama oder doch ein Liebesfilm. Und zehn Minuten pure Action sind auch noch drin. Hier wäre die Konzentration auf das Wesentliche schön gewesen, was auch das unentschlossen umhermäandernde Drehbuch verständlicher gemacht hätte.

Mit Tanaka spaßt man nicht.

Mit Tanaka spaßt man nicht.

(Foto: Senator Film Verleih)

Andererseits ist John Cusack nicht Humphrey Bogart. Denn die Anspielungen auf den Klassiker sind beabsichtigt: Es ist Krieg, es wimmelt von Agenten, in einer Anfangssequenz wird ein Widerstandskämpfer erschossen, die Feinde sind allgegenwärtig. Eine schöne, etwas zwielichtige Frau bringt schließlich den Helden aus dem Konzept. Und Flüchtlinge aus aller Welt ringen um Pässe und Passierscheine. Nur wirkt John Cusack zu sehr wie der nette Kerl von nebenan, als dass er in diesem Chaos einen abgebrühten, zynischen Agenten geben könnte - selbst wenn er ganz nebenbei den einen oder anderen Japaner brutal aus dem Weg räumt.

Im Bett von Frau Müller

Zudem geht "Shanghai" alles Geheimnisvolle ab. Gefälschte Pässe zu besorgen ist hier ebenso wenig ein Problem, wie an geheime U-Boot-Unterlagen zu gelangen. Und Soames' Tarnung als US-Journalist mit Nazi-Sympathien ist so wenig überzeugend, wie seine Affäre zu Anna leidenschaftslos ist. Schließlich war er eben noch im Bett von Frau Müller (Franka Potente in einer kleinen Rolle), deren Mann von der deutschen Botschaft ganz zufällig an einem Geheimprojekt arbeitet. So kann sich Soames selbst nicht entscheiden, wonach er eigentlich sucht: dem Mörder seines Freundes oder doch nach einem Beweis für den japanischen Angriff auf die USA - dieser überflüssige Seitenstrang endet schnell im Nirgendwo.

Gangsterboss Anthony droht alles zu verlieren.

Gangsterboss Anthony droht alles zu verlieren.

(Foto: Senator Film Verleih)

Überzeugender (oder dankbarer) sind da die Rollen der asiatischen Schauspieler - allesamt Weltstars. Watanabe braucht eine Szene und fünf Minuten, um Cusack an die Wand zu spielen. Er ist als japanischer Agent zwischen Brutalität und Liebe hin- und hergerissen und spiegelt so die ganze menschliche Tragödie, die der auslöst. Gong Li und Chow Yun Fat wiederum stellen das Geheimnisvolle und Zwielichtige, das das Überleben in Shanghai sichert, gekonnt dar.

So bleibt "Shanghai" ein glänzend aussehender Film, der aber inhaltlich nicht an die Vorbilder des US-amerikanischen Film Noir der 1930er und 40er Jahre heranreicht. Das ist wohl ein Tribut an das moderne, das saubere Hollywood.

Quelle: ntv.de

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