"Source Code", ohne Syntax Error Wie aus Bill Gates Bill Gates wurde


In Bill Gates scheint auch heute noch der Nerd durch.
(Foto: Jae C. Hong/AP/dpa)
Er gehört zu den reichsten Menschen der Welt und zu den bekanntesten. Er polarisiert und fasziniert gleichermaßen: Bill Gates. Der Microsoft-Gründer legt mit "Source Code" seine Kindheit und Jugend offen - und lädt damit zu einer Zeitreise ein.
Es ist das Jahr 1971. Für den schmalschultrigen, hyperaktiven Bill verändert sich die Welt. Er sieht zum ersten Mal so etwas wie einen Personalcomputer. Das Teil wiegt 36 Kilogramm, der Arbeitsspeicher umfasst revolutionäre sechs Kilobyte. Aber für den am 28. Oktober 1955 geborenen William Gates ist klar: Dieses Ding wird die Welt verändern und er will dabei kräftig mitmischen.
Bill hat mehrere Hobbys als Kind: Er liest jedes Buch, das er in die Finger bekommt. Er spielt Karten gegen seine geliebte Oma. Er hört Erwachsenen bei deren Gesprächen gerne zu - und er kann sich stundenlang mit sich selbst und seinen Gedanken im Kopf beschäftigen. Neben all dem geht er aber leidenschaftlich gern wandern - und er programmiert. Sein erstes richtiges Programm hat er bereits 1968 geschrieben, mit Basic, "Tic Tac Toe".
"Oberflächlich betrachtet, hätte der Unterschied zwischen Wandern und Programmieren nicht größer sein können. Aber beides fühlte sich an wie ein Abenteuer. Wie das Wandern passte auch das Programmieren zu mir, weil es mir erlaubte, mein eigenes Maß an Erfolg zu definieren und es schien grenzenlos zu sein. Die Logik, die Konzentration und die Ausdauer, die man brauchte, um lange, komplizierte Programme zu schreiben, waren für mich selbstverständlich."
Grenzenlose Möglichkeiten
Es war halt eine andere Zeit: Die 1960/1970er sind es, in denen Bill aufwächst, damals gibt es die Einteilung "hyperaktives Kind" oder "Asperger" noch nicht. Bill hat schlicht und einfach zu viel Energie. Die lässt er aber nicht beim Sport raus, sondern beim Lesen: Bücher sind für ihn überall und er hat die Gabe zu lesen, egal, was um ihn herum auch passiert: Er liest, vertieft sich in den Plot, denkt über das Gelesene nach. Wenn eine Frage aufgeworfen wird, geht er ihr nach. Gibt es ein Problem, löst er es - und wenn es heißt, dass er einen Aufsatz über den Bundesstaat Delaware schreiben muss, dann hat sein Werk am Ende 177 Seiten und einen Holzeinband und der Leser ist so umfangreich informiert, dass er über die mehr als 400-jährige Geschichte Delawares genauso viel weiß, wie über die größte Stadt Wilmington und die wirtschaftliche Entwicklung und die Kultur. Perfektionismus pur.
Solche Kinder muss man einfach machen lassen. Damals ging das problemlos. Wenn man dann noch Lehrerinnen und Lehrer hat, die ein solches wissbegieriges Talent erkennen und fördern und die Eltern auch mal ein Auge zudrücken, dann, steht einer Weltkarriere nichts mehr im Weg. Rückblickend betrachtet zumindest.
"Ich war ein aufmüpfiger Klugscheißer"
"Source Code", erschienen bei Piper und Hörbuch Hamburg ist dieser Blick in die Vergangenheit von Bill Gates. Microsoft-Gründer, Tech-Genie, Milliardär - und Bestsellerautor. Was er anpackt, wird zum Erfolg. Aber wieso? Was ist sein Geheimnis? Wie wurde er zu all dem? "Source Code" versucht, dem auf den Grund zu gehen, mit eindrucksvollen Bildern und in den Bann ziehenden Schilderungen. Als Hörer bekommt man schlichtweg Gänsehaut, wenn der Autor über die Anfänge des PC spricht, über sein erstes Treffen mit Steve Jobs im Frühjahr 1977: "Schon von weitem konnte ich erkennen, dass er eine gewisse Aura ausstrahlte. Ich fragte mich: Wer ist dieser Typ? Das war der Tag, an dem ich Steve Jobs kennenlernte."
Das Charisma eines Steve Jobs hatte Bill Gates nie. Bis heute nicht. Aber Tech-Visionäre sind sie beide. Bill wusste früh, was der PC für die Menschen, die Gesellschaft bedeuten könnte. Hardware funktioniert nicht ohne Software. Der PC kann von Apple kommen, von Commodore oder damals auch von Radioshack: Aber sie alle liefen nur mit einem von Microsoft entwickelten, auf Basic basierenden Betriebssystem. Der Grundstein für das heutige mehr als drei Billionen US-Dollar schwere Unternehmen aus Redmond im US-Bundesstaat Washington wurde in den 1970ern gelegt. Es war eine andere Zeit. Eine bessere?
Für den Hörer (Oliver Siebeck Stimmtimbre schnurrt dabei mal unauffällig, mal gekonnt pointiert) oder Leser von "Source Code" mag das so erscheinen. Bill Gates selbst verklärt in seinen Anfängen nichts. Er spricht über eigene Fehler, über seine Eltern, seine Geschwister, seine engsten Freunde. Er thematisiert Schicksalsschläge, persönlicher wie beruflicher Natur. Er schildert Ereignisse, an denen die Geschichte Microsofts und damit auch seine eigene eine andere Wendung hätten nehmen können. Achtung Spoiler: 7000 Dollar können da schon einen Unterschied machen. Bill Gates ist dabei ehrlich, humorvoll, einsichtig ("Ich war ein aufmüpfiger Klugscheißer"). Vielleicht ist das sein Erfolgsgeheimnis, sein "Source Code".
Quelle: ntv.de