Visionär und Weltenretter Was ist das Geheimnis von Elon Musk?


Elon Musks Lieblingsbuch ist "Per Anhalter durch die Galaxis" von Douglas Adams.ks.
(Foto: Susan Walsh/AP/dpa)
Jeder kennt Elon Musk. Aber nicht alle lieben ihn und noch weniger verstehen ihn. Für die einen ist er der größte Visionär unserer Zeit, Wegbereiter der Elektromobilität, der privaten Raumfahrt, der KI. Für die anderen schlichtweg nur ein Spinner, ein Alien. Die Wahrheit liegt auf dem Mars.
Wie gut kennen Sie Elon Musk? Klar, man weiß: Er ist Tesla-Mitgründer, hatte auch irgendetwas mit Paypal zu tun. Er ist der reichste Mensch der Welt und Eigentümer von Twitter. Er soll auch im Umgang mit anderen Menschen nicht ganz einfach sein. Aber was treibt ihn an? Was hat ihn zu dem Menschen gemacht, der er heute ist? Um diese Fragen beantworten zu können, muss man Musk auf die Pelle rücken, über einen längeren Zeitraum. Ihn sowohl privat als auch beruflich begleiten. Mit ihm sprechen. Einem Mann ist das gelungen: Walter Isaacson.
Der Bestsellerautor, der mit "Steve Jobs" bereits einen Biografie-Meilenstein geschaffen hat, blickte mehr als zwei Jahre hinter die Muskschen Kulissen. Er interviewte Freunde, Familie, Mitarbeiter und Wegbegleiter. Er fragte aber auch bei Entlassenen, Enttäuschten und Kritikern nach. Herausgekommen ist ein monumentales Werk, das versucht, alle Facetten Musks zu beleuchten - und am Ende eben auch zu erklären, wieso Musk so ist, wie er ist.
Südafrika, Kanada, USA
Elon Musk wurde 1971 geboren. Er war ein Schrei-Baby. Seine Kindheit in Südafrika - in den 1980ern ein Ort der Gewalt - war alles andere als schön: In der Schule wurde der schüchterne Junge als Außenseiter gemobbt und verprügelt. Zu Hause besorgte das sein Vater. Psychische und physische Gewalt bestimmten sein frühes Leben, kein Wunder, dass er als Jugendlicher zurückschlägt und andere verprügelt.

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Empathie ist Musk nicht in die Wiege gelegt. Er selbst geht früh davon aus, unter dem Asperger-Syndrom zu leiden. Eine bipolare Störung kommt noch dazu. Als Kind treffen ihn Tritte von Schlägern am Kopf. Ein Schäferhund der Familie, Musks Lieblingshund, beißt ihn in den Rücken. Intensivstation. Sein Leben hätte da schon vorbei gewesen sein können. Die Folgen spürt Musk noch heute. Körperlich und seelisch. Immer wieder blitzen Erinnerungsfetzen an seine Kindheit vor seinem inneren Auge auf, erinnern ihn an all die Gewalt, an den Vater, mit dem er mehrfach gebrochen hat. An den Vater, den er aber auch immer wieder unterstützt. Jahrelang.
Musks Vater hatte einen Dr.-Jekyll-und-Mr.-Hyde-Charakter. Elon hat ihn geerbt, wenn auch in abgeschwächter Form. Vielleicht spielt ihm da seine Inselbegabung in die Hände: Er kann gut mit Zahlen. Mathe und Physik sind sein Ding. Er bringt sich als Kind selbst das Programmieren bei, schreibt kleine Spiele, verdient sich so sein erstes Geld - und verlässt Südafrika. Über Kanada geht es später in die USA. Musk war nie Tellerwäscher, aber Millionär. Bereits mit seiner ersten Firma Zip2 ist ihm das gelungen. Es folgt X.com, das mit Paypal fusioniert. Musks Vision ist ein allumfassender Finanzdienstleister mit Billionen-Bewertung.
Musk wird aus Paypal herausgedrängt, bevor die Firma an Ebay verkauft und an die Börse gebracht wird. Heute ist sie milliardenschwer. Musk investiert seine Millionen in das nächste Projekt: Nachhaltigkeit, Elektromobilität. Er ist einer von fünf Tesla-Mitgründern, und dort ist er Vorstandschef. Nichts geht ohne ihn, nichts geht gegen ihn. 2021 verkauft Tesla erstmals mehr als eine Million E-Fahrzeuge, ist an der Börse mehr als eine Billion Dollar wert. Musk selbst ist mit weit mehr als 300 Milliarden Dollar der reichste Mensch der Welt.
Geld ist nicht wichtig
Aber das treibt ihn nicht um. Geld ist Musk nicht wichtig. Er verkauft zwischenzeitlich alle seine Villen, wohnt bei Freunden. Geld ist für ihn Mittel zum Zweck und der lautet: Die Menschheit zurück ins All zu bringen, sie multiplanetar zu machen. Mit SpaceX und dem Starship soll das gelingen. Der Mars lockt. Und während andere Milliardäre wie Amazons Jeff Bezos oder der Brite Richard Branson Raketen entwickeln lassen und dann selbst für kurze Zeit ins All fliegen, bleibt Musk auf dem Boden. Dieser Milliardärs-Wettstreit geht ihm gegen den Strich: Die Erdbevölkerung soll auf dem Mars eine neue Zivilisation gründen, nicht er ins All fliegen. Das unterscheidet ihn vom Rest der Bezos', Bransons oder auch Pages und Gates'.
Während andere dem Prinzip der Risikominimierung folgen, frönt er dem genauen Gegenteil: Risiken sind dazu da, eingegangen zu werden. Ein Scheitern wird in Kauf genommen, denn daraus lernt man, zieht seine Schlüsse und kann es besser machen. Erst so konnten SpaceX und Tesla zu erfolgreichen Unternehmen werden. Und auch bei Neuralink, The Boring Company und X, dem früheren Twitter, geht Musk nach diesem Prinzip vor. Angst zu scheitern, ist durchaus vorhanden. Aber sie bestimmt nicht Musks Leben.
Kritik und KI
Da nimmt vielmehr seine "Familie" eine wichtige, wenn auch nicht die beherrschende Rolle ein. Und "Familie" heißt: zehn Kinder von vier Frauen, Cousins, Freunde. Als Kind soll Musk gesagt haben, dass er nie wieder allein sein wolle. Seine Familie liefert ihm Kraft. Sie hört zu. Sie gibt Widerworte, kritisiert. Das darf sie, das muss sie. Und Musk? Hört sich alles an, setzt ein unbewegliches Gesicht auf, das immer zeigt, dass er in sich gegangen ist, um nachzudenken. Am Ende verarbeitet er die Kritik, manchmal nimmt er sie an. Manchmal nicht. Manchmal ist er gut drauf, manchmal nicht. Manchmal dreht er durch, twittert in der Nacht sinnloses Zeug. Manchmal ist er die Seriosität in Person. Beispielsweise, wenn es um das Thema Künstliche Intelligenz (KI) geht.
Musk gründete OpenAI, überwarf sich aber mit Sam Altman. Musk war mit Google-Gründer Larry Page befreundet, aber dessen Verständnis von KI ließ sie zu Konkurrenten werden. Musk will eine KI, bei der die Menschheit noch einen Finger mit im Spiel hat. Eine KI, die sich nicht irgendwann gegen die Menschheit richtet. Stattdessen soll sie dem Menschen helfen, den Horizont zu erweitern, Träume wahr werden zu lassen. Musk träumt von einer Welt, in der Blinde wieder sehen können, Gelähmte wieder laufen können. Seine Firma Neuralink ist dran.
Horizonte erweitern … mit "Elon Musk - Die Biografie" gelingt das spielend. Mehr als 23 Stunden ist das Hörbuch lang, aber nie langweilig. Der Stoff, das Leben Musks, zieht in den Bann. Die einzelnen Kapitel sind angenehm kurz und abwechslungsreich. Die ruhige und markante Stimme Christian Baumanns hält die Spannung aufrecht. Als Hörer erfährt man nicht nur, wieso Musk so ist, wie er ist. Man bekommt auch ein Bild davon, weshalb der risikofreudige Unternehmer Twitter von links auf rechts dreht oder weshalb ein Großteil seiner Kinder sich mit nicht allzu alltäglichen Namen herumschlagen muss.
Isaacson hat mit "Elon Musk - Die Biografie" einen der spannendsten Einblicke in das Leben und Wirken eines der größten Visionäre unserer Zeit geschaffen. Und wie es sich gehört, obliegen eben jenem Elon Musk die letzten Worte: "Allen, die ich irgendwie beleidigt habe, möchte ich schlicht sagen: Ich habe Elektrofahrzeuge neu erfunden und werde Leute mit dem Raumschiff auf den Mars schicken. Habt ihr gedacht, ich könnte noch dazu ein gechillter, normaler Typ sein?"
Quelle: ntv.de