Trauerarbeit à la Foo Fighters Durch das Dunkel ins Licht
02.06.2023, 19:26 Uhr Artikel anhören
Die Foo Fighters vertrauen ihren Trademarks auch in der dunkelsten Stunde.
(Foto: Promo / Danny Clinch)
Nach dem Tod von Drummer Taylor Hawkins und der Mutter von Dave Grohl rocken sich die Foo Fighters auf ihrem neuen Album "But Here We Are" den Schmerz von der Seele. Neben gewohntem Stadionrock gibt es auch viel Neues zu entdecken.
Wer in den Musikgeschichtsbüchern nach einer Band sucht, die am Ende des Tages alle an einen Tisch bringt, jedes Stadion in einen schweißgebadeten Gute-Laune-Tempel verwandelt und sogar einen Verfechter der "Rock is dead!"-These wie Kiss-Schlabberzunge Gene Simmons aus dem Sessel haut, der stolpert irgendwann zwangsläufig über das Kapitel der Foo Fighters. Die Band um Mastermind Dave Grohl beweist dieser Tage, dass sie auch im Schatten stehend, tief trauernd und abseits kunterbunter Rock'n'Roll-Exzesse Großes leisten kann.
Nach einem Jahr der Nackenschläge, in dem die Band nicht nur Drummer Taylor Hawkins verlor, sondern Dave Grohl auch den Tod seiner Mutter verkraften musste, präsentieren die Foo Fighters das definitiv persönlichste Studioalbum der Bandgeschichte: "But Here We Are". Getragen von Trauer und Schmerz wandelt die Band auf dem langen Weg der Verarbeitung.
Musikalisch begleitet wird sie dabei von einer detailverliebt arrangierten Mixtur aus psychedelischem Tiefgangrock und befreiendem Powerchordkrach, den man so oder so ähnlich auch schon auf den Anfangswerken der Band geliebt und abgefeiert hat. Irgendwo zwischen "Monkey Wrench" und "Everlong" findet der nach vorne preschende Rocker "Under You" seinen Platz. Das rau und schroff vorgetragene "Rescued" schließt sich mit viel Leidenschaft und Energie an. Die Foo Fighters vertrauen ihren Trademarks auch in der dunkelsten Stunde.
Der Kreis der Ruhenden schließt sich
Gemeinsam mit seiner Tochter Violet gedenkt Dave Grohl seiner verstorbenen Mutter ("Show Me How"). In bewundernswertem Einklang blicken Vater und Tochter noch einmal voller Liebe und Dankbarkeit zurück. Atmosphärischer Pop vereint sich mit Shoegaze-lastigen Rock-Grooves. Der Himmel strahlt. Die Erinnerungen an Daves Mutter machen aber auch Platz für Neues. Im zehnminütigen "The Teacher" präsentieren sich die Foo Fighters von ihrer experimentellen Seite. Auf einmal wirft die Band alle gängigen Songstrukturen über Bord. Der neue Kurs führt in eine unbekannte Soundwelt, in der sich aufbrausende Energie, sanfte Entspannung und psychedelische Einschübe in ein komplexes Ganzes verwandeln.
Trotz aller Ausbrüche und Abzweigungen bleiben sich die Foo Fighters aber elementar treu. Das Fundament, auf dem das Quartett die massenkompatible Stadionkunst bettet, bleibt weitgehend unberührt und fest verankert. Zu hören ist eher eine spannende und beachtliche Weiterentwicklung: Hat Dave Grohl schon jemals so lieblich und berührend gesungen wie im zartschmelzenden "The Glass"?
Bevor das Licht ausgeht, schließt sich der Kreis der in Frieden Ruhenden. "Rest - you will be saved now", flüstert Dave Grohl ins Mikrofon, während im Hintergrund eine düster und traurig klingende Gitarre Erinnerungen an Zeiten weckt, in denen der Urheber noch mit einem gewissen Kurt Cobain unterwegs war. "But Here We Are" endet mit einem düsteren Nirvana-Gruß. Die Musik ist so eindringlich, dass das Dunkle und das Gefühl des Schmerzes für kurze Zeit nicht weichen wollen. Irgendwann lösen sich aber auch diese Ketten - und übrig bleibt ein kleines Licht in weiter Ferne. The show must go on. Irgendwie.
Quelle: ntv.de