Hell im Schatten Ed Sheeran bringt die Massen zum Strahlen
05.05.2023, 15:30 Uhr
Veröffentlicht mit "Substract" sein fünftes Studioalbum: Ed Sheeran.
(Foto: Warner Music)
Auf seinem fünften Studioalbum ("Subtract") verarbeitet Ed Sheeran viele dunkle Momente. Schmerz, Verlust und ganz viel Melancholie bestimmen das Klangbild - und dennoch beendet man auch den dritten Durchlauf des Albums mit einem Lächeln im Gesicht.
Wie ein verzweifelter Schiffbrüchiger schlürft Ed Sheeran von tosenden Wellen umgeben in Richtung Strand. Das Szenario im Videoclip zur zweiten Single ("Boat") seines neuen Studioalbums "Subtract" könnte dramatischer kaum sein. Der sonst so gutgelaunte Brite mit der knuddeligen Hobbit-Aura hat schwere Zeiten hinter sich.
Im vergangenen Jahr entdeckten Ärzte einen Tumor bei Sheerans Ehefrau Cherry. Dann starb völlig überraschend der beste Freund des Sängers, Unternehmer Jamal Edwards, im Alter von 31 Jahren. Ein paar Monate später muss sich der Rotschopf auch noch mit einer medial ausgeschlachteten Plagiatsklage herumschlagen. Kein Wunder also, dass die Melancholie das Zepter fest in der Hand hält.
Schwermut und Schmerz geben im Frühling 2023 die Richtung vor. Aber all die Millionen Anhänger, die so viel Fröhlichkeit und Lockerheit von ihrem Helden gewohnt sind, brauchen keine Angst zu haben. Ed Sheeran ist nämlich in der Lage selbst im dunkelsten Moment noch zu scheinen wie ein sommerlicher Sonnenstrahl.
Nachhaltige Melodien, liebliche Tristesse

(Foto: picture alliance / empics)
Hören Sie die Musik von Ed Sheeran auf RTL+ Musik.
Musikalisch reduziert, wahlweise von seiner akustischen Gitarre oder dem Piano begleitet, schickt der Sänger nachhaltige Melodien auf die Reise ("Salt Water"). Natürlich geht das Leben immer weiter ("Life Goes On"), auch wenn sich viel Staub ansammelt ("Dusty"). Irgendwie lächelt Ed Sheeran die Zweifel, Sorgen und Nöte einfach weg - so scheint es zumindest, wenn sich wehmütige Songs à la "End Of Youth" oder "Colourblind" watteweich und zart in die Gehörgänge legen.
Zumeist balladesk und soundtechnisch in ein Stillleben eingebettet jauchzt Sheerans Stimme über Akkordfolgen, die man schon tausendfach gehört hat - und dennoch hört man gerne zu, wenn der kommerziell erfolgreichste Songwriter unserer Zeit preisgibt, "was ehrlich und wahrhaft zeigt, wo ich mich in meinem erwachsenen Leben befinde". Neben all der lieblichen Tristesse blitzt es vereinzelt aber dann doch noch auf, das verspielte Fanboy-Dasein des Sängers, der in seiner Jugend neben Coldplay auch für Justin Timberlake schwärmte ("Eyes Closed", "Curtains").
Verarbeitung ist wichtig
"The higher we go – the harder we fall" singt Ed Sheeran im poppigen Filler "Spark". Im aufwühlenden "Sycamore" blickt der 32-jährige Superstar, der schon weit mehr als 150 Millionen Tonträger unter die Leute gebracht hat, noch einmal zurück. Verarbeitung ist wichtig. Schön, dass Frau und Kind wohlauf sind.
Den Schlusspunkt setzt ein Klangausflug in die schottischen Highlands ("The Hills Of Aberfeldy"). Plötzlich erklingt ein Dudelsack in der Ferne. Der erwärmende Klang trägt den Hauptprotagonisten über die Dächer des 2000-Einwohner-Dorfes Aberfeldy. "Subtract" endet, wie es begonnen hat, mit ruhigen und reduzierten Moll-Tupfern, die zeigen, dass ein Ed Sheeran selbst in seiner vielleicht dunkelsten Stunde in der Lage ist, die Massen zum Strahlen zu bringen. Das können wohl nur die wenigsten Musiker von sich behaupten.
Quelle: ntv.de