Musik

Und ewig lockt die Chilischote Red Hot Chili Peppers senden "Unlimited Love"

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Melden sich zurück - mit Kawumm: Red Hot Chili Peppers.

(Foto: Warner Music)

Sechs Jahre nach ihrem bis dato letzten Studioalbum melden sich die Red Hot Chili Peppers mit einer neuen Platte zurück. Rick Rubin nimmt an den Studioreglern Platz - auch John Frusciante ist wieder an Bord. Klingt nach Bestbesetzung? "Unlimited Love" löst das vollends ein.

Mit Blick auf die Gemengelage im Alternative Rock mutet das Timing fast etwas tragisch an. Die Musikwelt betrauert den tragischen Tod von Taylor Hawkins, da kommen die Red Hot Chili Peppers mit ihrem neuen Album um die Ecke. Möglicherweise ist das hier jedoch genau das Richtige in diesem Moment, da der Verlust des Foo-Fighters-Drummers immer noch nicht so ganz realisiert scheint: "Unlimited Love", der Titel, grenzenlose Liebe also, wobei Abschied und Verlust Themen sind, die auch die Chili Peppers allzu gut kennen. 1988 starb Gitarrist und Gründungsmitglied Hillel Slovak, erst vor zwei Jahren sein zwischenzeitlicher Ersatzmann, Jack Sherman.

Der Posten des Gitarristen ist so etwas wie die Schaltstelle, die Schlüsselfigur der kalifornischen Dauerbrenner. Zuletzt fiel Josh Klinghoffer diese Rolle zu. John Frusciante hatte die Band 2009 zum zweiten Mal verlassen, sein Kumpel Klinghoffer stieg vom Backup-Gitarristen zum Mainman an den Saiten auf. Mit "I'm With You" (2011) und "The Getaway" (2016) entstanden zwei Alben unter seiner Mitwirkung, so ganz astrein schien das jedoch nie. Man konnte sich des Gefühls nicht erwehren, dass Klinghoffer lediglich die Rolle des Interims zugefallen war, so lange jedenfalls, bis sich möglicherweise Frusciante wieder zurückmelden würde.

Kurz vor Weihnachten 2019 bewahrheite sich diese Vorahnung: Via Instagram verabschiedeten sich die Red Hot Chili Peppers von Josh Klinghoffer - und empfingen den verlorenen Bruder ein weiteres Mal. Mit John Frusciante kehrte nicht nur einer der talentiertesten und eigenwilligsten Gitarristen der letzten drei Dekaden in den Schoß der Band zurück, sondern mit ihm auch die Hoffnung, noch einmal jenes Großfeuer zu entfachen, das Ende des 20., Anfang des 21. Jahrhunderts unter seiner Ägide in den Playlisten dieser Welt züngelte. Eine hochfliegende Epoche, da Alben wie "Californication" (1999) und "By The Way" (2002), mit ihnen Singles vom Schlage "Scar Tissue" oder "Otherside", den Ruf der Kalifornier Surf-Funk-Punks als Klassikerkombinat, als hyperaktive Hit-Hydra zementierten.

In Songs eingefangenes Sonnenlicht

Man durfte also gespannt sein, ob das Ganze erneut mehr als die Summe seiner Teile sein würde, auch unter dem Aspekt, dass nicht nur Frusciante wieder an Bord war, sondern mit Mastermind Rick Rubin an den Studioreglern auch jener Mann, der schon die "Blood Sugar Sex Magick"-Ära der Band von Beginn der 90er-Jahre an prägte. Als sich Anfang Februar mit "Black Summer" der erste Vorbote des neuen Albums manifestierte, schien das alles Sinn zu machen, standen diese knapp vier Minuten doch für alles, was man sich von den Chili Peppers - und sie wohl auch von sich selbst - erhofft, erwünscht, erträumt hatte: Grooviger Midtempo-Funk an der Schwelle zum Indiepop, melancholisch wie ein letzter Sommertag, dabei doch so upflifting wie ein kaltes Bier in der sanften Dünung des Atlantiks, goldglänzend verziert von einem dieser wegfliegenden Gitarrensoli, wie sie nur Frusciante aus der Saite hervorzaubert.

Nun macht eine Single noch keinen Sommer, um mal im Bild zu bleiben, aber auch das, was nun via "Unlimited Love" auf Albumlänge folgt, schillert wie in Songs eingefangenes Sonnenlicht. "Here Ever After" als zweiter Song erinnert an Manchester, irgendwann zwischen 1979 und 1982, tänzelt auf der Verbindungslinie zwischen Joy Division und New Order. "Aquatic Mouth Dance" klingt so wie sein Songtitel, abgehangener Spacko-Funk im klassischen RHCP-Duktus, mit smoothem Chorus und urbanen Bläsern. "The Great Apes", "It's Only Natural" und "She's A Lover" mäandern zwischen Beck, Nile Rodgers und Prince, mit John Frusciantes superb gesetzten Riffsprenkeln.

Es duftet nach grenzenloser Liebe, nach "Unlimited Love", was so nach außen dringt über die Entstehung dieser Platte. Zu viert wurde massiv gejammt, improvisiert, aus Versatzstücken, Grooves und Sounddetails entstanden die Songs, im Studio schließlich, bei Rick Rubin in Malibu, wurde live eingespielt. Kein Metronom, keine klinische Genauigkeit, jene so usus gewordene Perfektion, sollte den natürlichen Swing der Band an den Boden pinnen. Was genau Rick Rubin dabei macht, ist seit Dekaden nicht so ganz klar. Ausstrahlung und Vibe, das offene Ohr in bestimmten Momenten, der Mann für den richtigen Flow, all das und mehr fällt ihm wohl zu. Dass Rubin sich mit Anthony Kiedis nach Hawaii zurückzog, um in Ruhe an den Vocals zu arbeiten, dürfte ein zusätzlicher Wertfaktor dieser Platte sein. Drummer Chad Smith und Basser Flea, bürgerlich Michael Balzary, sind eh eine Bank.

Nicht weniger als ein Volltreffer

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Und kaum, dass man sich versieht, ist man auch schon in der zweiten Hälfte des Albums, das mit insgesamt 17 Songs traditionell opulent bestückt ist. Es könnte mal ein bisschen knallen, denkt man so bei sich, als es auch schon abgeht. "These Are The Ways" ist fulminanter Grunge-Punk, wuchtig gespielt, mit viel Dynamik in Quiet-Loud-Quiet-Koordinaten. "Whatchu Thinkin’" im Anschluss veredelt Frusciante zunächst mit kleinen Riffs, bevor die Band ihre Kräfte bündelt, im Chorus mächtig Druck macht, getoppt vom wohl schönsten Solo Frusciantes, als würde der Geist von Jimi Hendrix seine Knöchel knacken lassen. Mit "White Braids & Pillow Chair" wird es dann nochmal soft, bevor "The Heavy Wing" mit seinem fantastischen Chorusbreak noch ein fettes Ausrufezeichen setzt und "Tangelo" als Rausschmeißer an das epochale "Road Trippin'" gemahnt.

Fazit: "Unlimited Love" ist nicht weniger als ein Volltreffer, ein hochinspirierter Ritt durch die Stile und Sounds, dabei prototypisch Red Hot Chili Peppers, dass es nur so kracht, gleichzeitig vom Bock auf ihr Ding, der puren Freude am Groove, der grenzenlosen Liebe zur Musik durchwoben. Kurzum: Möglicherweise genau die Platte, die man genau jetzt braucht.

Quelle: ntv.de

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