"Polizeiruf 110" im Schnellcheck Eine Wunde, die nie verheilt
04.12.2021, 15:12 Uhr
Kriminalhauptkommissar Adam Raczek (Lucas Gregorowicz) trifft bei seinen Ermittlungen auf seine ehemalige Kollegin Alexandra Luschke (Gisa Flake).
(Foto: rbb/Maor Waisburd)
Nach dem Abschied von Olga Lenski muss der deutsch-polnische Kommissar Adam Raczek sich in Sachen Nachfolgerin noch etwas gedulden. Auf sich allein gestellt ist er im neuesten Fall dennoch nicht, es gibt ein Wiedersehen mit alten Kollegen - Raczek ist nicht der Einzige, der in die Vergangenheit reist.
Was passiert?
Kriminalhauptkommissar Adam Raczek (Lucas Gregorowicz) verschlägt es diesmal zuerst nach Słubice. Beim Entladen eines Lasters wurde eine Leiche im Schutt gefunden. Es handelt sich um die Bauingenieurin Daniela Nowak, die in Cottbus an einem großen Projekt für die Firma von Karl Winkler (Sven-Eric Bechtolf) beteiligt war. Während Raczek im Polizeipräsidium von Cottbus seine ehemalige Kollegin Alexandra Luschke (Gisa Flake) wiedertrifft - und seinen früheren Dienststellenleiter, den bärbeißigen Markus Oelßner (Bernd Hoelscher) - tun sich erste Spuren auf, rätselhaft bleibt der Fall dennoch.

Zvi Spielmann (Dov Glickmann) und seine Tochter Maya (Orit Nahmias) nehmen an dem deutschen Gerichtsverfahren teil.
(Foto: rbb/Maor Waisburd)
Da sind Zvi Spielmann (Dov Glickman) und seine Tochter Maya Spielmann (Orit Nahmias), die aus Israel nach Deutschland gekommen sind, um die Besitzverhältnisse eines alten Hauses zu klären. Spielmann lebte dort mit seinen Eltern, bis sie von den Nazis deportiert und umgebracht wurden. Heute wohnt Elisabeth Behrend (Monika Lennartz) in dem Haus, zusammen mit ihrem Sohn Jakob (Heiko Raulin). Das Gebäude steht im Fokus der Planungen von Winklers Baufirma - errichtet hatte es eint der Vater von Zvi Spielmann. Die Besitzverhältnisse sind heute, bald acht Jahrzehnte nach Kriegsende, immer noch nicht geklärt. Wer also hatte ein Interesse daran, Daniela Nowak aus dem Weg zu räumen?
Worum geht es wirklich?
Den historischen Hintergrund der Geschichte liefert die sogenannte Restitution, von lateinisch restitutio, was soviel wie Wiederherstellung bedeutet. Hier handelt es sich um die Rückgabe von geraubter, enteigneter und zwangsverkaufter Güter an ihre rechtmäßigen Besitzer, insbesondere aus der Zeit des Nationalsozialismus. Das sind zum einen kulturelle Gegenstände, wie Kunstwerke, Schmuck oder Bücher, zum anderen Vermögenswerte, Grundstücke oder, wie im Fall "Hermann", Gebäude und Wohnungen.
Wegzapp-Moment?
Klar spielt Bernd Hoelscher den ollen Oelßner mit gebotener Wucht und Lautstärke, aber so richtig mag man diesen Typus 'tough und tumb' nicht mehr sehen. Könnte die Schublade mit den stereotypen Bullen nicht mal so ein, zwei Dutzend Fälle geschlossen bleiben? Vielleicht machen sie nach solch einer Pause ja sogar wieder Spaß, diese notorischen Motzköpfe.
Wow-Faktor?
Dov Glickman spielen zu sehen, ist ein Genuss, wenngleich auch thematisch ein schwer auszuhaltender. Imposant sein Auftreten, dabei unglaublich intensiv, wie er den Dekaden alten Schmerz, diese nie verheilte Wunde, sichtbar macht. Glickman, 1949 in Tel Aviv geboren, kommt Glickman vom Theater, war Mitglied der Haifa Theater Company. Von 1978 bis 1998 gehörte er zum Cast von Israels TV-Satire-Dauerbrenner "Zehu Ze!", spielte bereits an der Seite von Heiner Lauterbach ("Mörderischer Besuch", 2010) und Richard Gere ("Norman", 2016). 2018 und 2019 hatte der großartige Glickman ein Engagement am Stuttgarter Schauspielhaus, seit 2018 ist er in der israelischen Serie "Stockholm" zu sehen.
Wie war's?
7 von 10 Punkten - ein geschichtlich schwerer Stoff, der von Glickman beeindruckend geschultert wird, als Krimi jedoch nur bedingt funktioniert.
Quelle: ntv.de